Gratwanderung: Unterschied zwischen den Versionen
(23 dazwischenliegende Versionen desselben Benutzers werden nicht angezeigt) | |||
Zeile 1: | Zeile 1: | ||
<metadesc>Erziehung kann eine Gratwanderung zwischen einem "Ja" und einem "Nein!" sein, die viel Aufmerksamkeit verlangt.</metadesc> | |||
{{Definition}} | {{Definition}} | ||
Das {{22}} geht von den zwei an sich klar zu unterscheidenden [[Grundprinzipien der Erziehung|Grundprinzipien]]: [[Selbstvertrauen]] und [[freier Wille]] aus. Oder anders gesagt: es geht um die Frage, ob Sie "[[Ja der Eltern|Ja]]" oder "[[Nein der Eltern|Nein]]" sagen sollen. Das ist dann einfach, wenn Sie sich schon seit der Geburt des Kindes an diese Prinzipien halten. Sie können nämlich grundsätzlich während der ersten Phase, der [[Vertrauensbildung]], immer und bedingungslos "Ja" sagen und müssen erst in der zweiten Phase, der [[Willensbildung]], lernen | Das {{22}} geht von den zwei an sich klar zu unterscheidenden [[Grundprinzipien der Erziehung|Grundprinzipien]]: [[Selbstvertrauen]] und [[freier Wille]] aus. Oder anders gesagt: es geht um die Frage, ob Sie "[[Ja der Eltern|Ja]]" oder "[[Nein der Eltern|Nein]]" sagen sollen. Das ist dann einfach, wenn Sie sich schon seit der Geburt des Kindes an diese Prinzipien halten. Sie können nämlich grundsätzlich während der ersten Phase, der [[Vertrauensbildung]], immer und bedingungslos "Ja" sagen und müssen erst in der zweiten Phase, der [[Willensbildung]], [[Lernen der Eltern|lernen]] auch "Nein!" zu sagen. Trotzdem braucht es in manchen Situationen viel [[Aufmerksamkeit der Eltern|Aufmerksamkeit]], um sich für das eine oder andere zu entscheiden. Und schliesslich gibt es eigentliche Gratwanderungen, bei denen Sie manchmal erst nach dem "Absturz" die Problematik erkennen werden und feststellen müssen, dass Sie mit Ihrem Entscheid falsch lagen. Das macht grundsätzlich nichts, denn erstens können Kinder sehr wohl mit der Unvollkommenheit ihrer Eltern umgehen und zweitens werden sie Ihnen schon bald die nächste Gelegenheit zum [[Lernen der Eltern|lernen]] geben! | ||
{{top}} | {{top}} | ||
Zeile 7: | Zeile 7: | ||
==Beispiele== | ==Beispiele== | ||
Es gibt immer wieder Situationen, in denen Sie so oder anders entscheiden können, so zum Beispiel bei folgenden Themen {{Abc}} | Es gibt immer wieder Situationen, in denen Sie so oder anders entscheiden können, so zum Beispiel bei folgenden Themen {{Abc}} | ||
* [[Aufmerksamkeit der Eltern|Aufmerksamkeit]] und [[ | * [[Anerkennung]] und [[Belohnen|Belohnung]] | ||
* [[Aufmerksamkeit der Eltern|Aufmerksamkeit]] und [[Überbehüten]] | |||
* [[Beachtung|Beachtung]] und [[Ignorieren]] | * [[Beachtung|Beachtung]] und [[Ignorieren]] | ||
* [[Beachtung|Beachtung]] und [[Neugier der Eltern|Neugier]] | * [[Beachtung|Beachtung]] und [[Neugier der Eltern|Neugier]] | ||
* [[Bestätigen|Anerkennung]] und [[Belohnen|Belohnung]] | |||
* [[Entscheiden|Entscheidungsfreiheit des Kindes]] und [[Verantwortung der Eltern]] | * [[Entscheiden|Entscheidungsfreiheit des Kindes]] und [[Verantwortung der Eltern]] | ||
* [[Erklären]] und [[Verwirren]] | * [[Erklären]] und [[Verwirren]] | ||
* [[Ernst nehmen|Ernsthaftigkeit]] und [[Spass]] | * [[Ernst nehmen|Ernsthaftigkeit]] und [[Spass]] | ||
* [[Fördern]] und [[Behindern]] | * [[Fördern]] und [[Behindern]] | ||
* [[ | * [[Fremdbetreuung]] und [[Entlastung der Eltern|Entlastung]] | ||
* [[Geheimnisse]] und [[Tabus]] | |||
* [[Gesellschaftliche Zwänge]] | |||
* [[Gewinnen und Verlieren|Gewinnen lassen]] | |||
* [[Grosszügigkeit]] und (falsches) [[Verwöhnen]] | * [[Grosszügigkeit]] und (falsches) [[Verwöhnen]] | ||
* [[Grundbedürfnisse des Kindes]] und [[Bedürfnisse der Eltern]] | * [[Grundbedürfnisse des Kindes]] und [[Bedürfnisse der Eltern]] | ||
* [[Grundbedürfnisse des Kindes|Grundbedürfnisse]] und [[Wünsche des Kindes]] | * [[Grundbedürfnisse des Kindes|Grundbedürfnisse]] und [[Wünsche des Kindes]] | ||
* [[Gehalten werden|Halten]] und [[Loslassen]] | |||
* [[Herausforderungen]] und [[Gefahren]] | |||
* [[Humor]] und [[Ironie]] | * [[Humor]] und [[Ironie]] | ||
* [[Humor]] und [[Ernst nehmen|Ernsthaftigkeit]] | |||
* [[Konsequent|Konsequent bleiben]] und [[Nachgeben]] | |||
* [[Konsequenzen für das Kind|Konsequenzen]] und [[Strafen]] | |||
* [[Liebkosen]] und [[Grenzüberschreitungen der Eltern|Grenzüberschreitungen]] | |||
* [[Mitlachen]] und [[Auslachen]] | * [[Mitlachen]] und [[Auslachen]] | ||
* [[Regeln]] und [[Ausnahmen]] | * [[Regeln]] und [[Ausnahmen]] | ||
* [[ | * [[Motivation]] und [[Manipulation]] | ||
* [[Sanfter Druck]] | |||
* [[selbst tun|Selbst machen lassen]] und [[Helfen]] | * [[selbst tun|Selbst machen lassen]] und [[Helfen]] | ||
* [[Toleranz der Eltern|Toleranz]] und [[Grenzen]] | * [[Toleranz der Eltern|Toleranz]] und [[Grenzen]] | ||
* [[Toleranz der Eltern|Toleranz]] und [[Bequemlichkeit der Eltern|Bequemlichkeit]] | * [[Toleranz der Eltern|Toleranz]] und [[Bequemlichkeit der Eltern|Bequemlichkeit]] | ||
* [[Trost]] und [[Vertrösten]] | |||
* [[Stillen#Troststillen|Troststillen]] | |||
* [[Überforderung]] und [[Unterforderung]] | * [[Überforderung]] und [[Unterforderung]] | ||
* [[ | * Warnen vor [[Gefahren]] und [[Missgeschicke|Missgeschicken]] und [[Erfahrungen|Erfahren lassen]] | ||
* [[Vertrauen der Eltern|Vertrauen]] und [[Kontrolle]] | * [[Vertrauen der Eltern|Vertrauen]] und [[Kontrolle]] | ||
Zeile 34: | Zeile 48: | ||
Manche Eltern machen sich Sorgen, wenn sie feststellen, dass sie sich in einer bestimmten Situation falsch entschieden oder verhalten haben. Sie können sich aber damit beruhigen, dass die [[Toleranz des Kindes]] sehr gross ist, solange sie spüren, dass Sie es gut meinten, also sich nach bestem Wissen oder Gewissen verhalten haben. Selbst gelegentliche [[Erziehungsfehler]] können Kinder erstaunlich gut verkraften. | Manche Eltern machen sich Sorgen, wenn sie feststellen, dass sie sich in einer bestimmten Situation falsch entschieden oder verhalten haben. Sie können sich aber damit beruhigen, dass die [[Toleranz des Kindes]] sehr gross ist, solange sie spüren, dass Sie es gut meinten, also sich nach bestem Wissen oder Gewissen verhalten haben. Selbst gelegentliche [[Erziehungsfehler]] können Kinder erstaunlich gut verkraften. | ||
Gestehen Sie dem Kind ruhig auch einmal einen Fehler ein. Kinder sind froh, wenn sie erfahren, dass auch ihren Eltern Missgeschicke widerfahren. Allerdings wären sie damit [[Überforderung des Kindes|überfordert]], wenn Sie mit ihnen [[Metaebene|über Ihre eigentliche Erziehungsarbeit]] sprechen | Gestehen Sie dem Kind ruhig auch einmal einen Fehler ein. Kinder sind froh, wenn sie erfahren, dass auch ihren Eltern Missgeschicke widerfahren. Allerdings wären sie damit [[Überforderung des Kindes|überfordert]], wenn Sie mit ihnen [[Metaebene|über Ihre eigentliche Erziehungsarbeit]] sprechen wollten. Wählen Sie also einfache Worte statt psychologisierende Erklärungen ("Ich musste einfach lachen, es war halt so lustig, als der Löffel nicht in Deinen Mund wollte." statt "Ich hätte nicht lachen sollen, da Du die Ironie der Geschichte nicht verstehen konntest und Du Dich dann nicht ernst genommen gefühlt hast."). | ||
{{top}} | {{top}} |
Aktuelle Version vom 24. Mai 2022, 14:19 Uhr
Das "Zweimalzwei der Erziehung" geht von den zwei an sich klar zu unterscheidenden Grundprinzipien: Selbstvertrauen und freier Wille aus. Oder anders gesagt: es geht um die Frage, ob Sie "Ja" oder "Nein" sagen sollen. Das ist dann einfach, wenn Sie sich schon seit der Geburt des Kindes an diese Prinzipien halten. Sie können nämlich grundsätzlich während der ersten Phase, der Vertrauensbildung, immer und bedingungslos "Ja" sagen und müssen erst in der zweiten Phase, der Willensbildung, lernen auch "Nein!" zu sagen. Trotzdem braucht es in manchen Situationen viel Aufmerksamkeit, um sich für das eine oder andere zu entscheiden. Und schliesslich gibt es eigentliche Gratwanderungen, bei denen Sie manchmal erst nach dem "Absturz" die Problematik erkennen werden und feststellen müssen, dass Sie mit Ihrem Entscheid falsch lagen. Das macht grundsätzlich nichts, denn erstens können Kinder sehr wohl mit der Unvollkommenheit ihrer Eltern umgehen und zweitens werden sie Ihnen schon bald die nächste Gelegenheit zum lernen geben!
Beispiele
Es gibt immer wieder Situationen, in denen Sie so oder anders entscheiden können, so zum Beispiel bei folgenden Themen (in alphabetischer Reihenfolge):
- Anerkennung und Belohnung
- Aufmerksamkeit und Überbehüten
- Beachtung und Ignorieren
- Beachtung und Neugier
- Anerkennung und Belohnung
- Entscheidungsfreiheit des Kindes und Verantwortung der Eltern
- Erklären und Verwirren
- Ernsthaftigkeit und Spass
- Fördern und Behindern
- Fremdbetreuung und Entlastung
- Geheimnisse und Tabus
- Gesellschaftliche Zwänge
- Gewinnen lassen
- Grosszügigkeit und (falsches) Verwöhnen
- Grundbedürfnisse des Kindes und Bedürfnisse der Eltern
- Grundbedürfnisse und Wünsche des Kindes
- Halten und Loslassen
- Herausforderungen und Gefahren
- Humor und Ironie
- Humor und Ernsthaftigkeit
- Konsequent bleiben und Nachgeben
- Konsequenzen und Strafen
- Liebkosen und Grenzüberschreitungen
- Mitlachen und Auslachen
- Regeln und Ausnahmen
- Motivation und Manipulation
- Sanfter Druck
- Selbst machen lassen und Helfen
- Toleranz und Grenzen
- Toleranz und Bequemlichkeit
- Trost und Vertrösten
- Troststillen
- Überforderung und Unterforderung
- Warnen vor Gefahren und Missgeschicken und Erfahren lassen
- Vertrauen und Kontrolle
Toleranz des Kindes
Manche Eltern machen sich Sorgen, wenn sie feststellen, dass sie sich in einer bestimmten Situation falsch entschieden oder verhalten haben. Sie können sich aber damit beruhigen, dass die Toleranz des Kindes sehr gross ist, solange sie spüren, dass Sie es gut meinten, also sich nach bestem Wissen oder Gewissen verhalten haben. Selbst gelegentliche Erziehungsfehler können Kinder erstaunlich gut verkraften.
Gestehen Sie dem Kind ruhig auch einmal einen Fehler ein. Kinder sind froh, wenn sie erfahren, dass auch ihren Eltern Missgeschicke widerfahren. Allerdings wären sie damit überfordert, wenn Sie mit ihnen über Ihre eigentliche Erziehungsarbeit sprechen wollten. Wählen Sie also einfache Worte statt psychologisierende Erklärungen ("Ich musste einfach lachen, es war halt so lustig, als der Löffel nicht in Deinen Mund wollte." statt "Ich hätte nicht lachen sollen, da Du die Ironie der Geschichte nicht verstehen konntest und Du Dich dann nicht ernst genommen gefühlt hast.").
Weiterführende Themen
Übergeordnetes Thema
- Vertrauensbildung (erstes Phase der Erziehung)
- Willensbildung (zweite Phase der Erziehung)
Fragen und Feedback
Das "Zweimalzwei der Erziehung" ist zum Teil noch im Aufbau. Allfällige Fragen oder Feedback sind willkommen: Email