Verantwortung der Eltern

Aus 2 x 2 der Erziehung
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ARTIKEL IM AUFBAU / IN ÜBERARBEITUNG!




Die Erziehung von Kindern ist eine grosse Aufgabe und vielleicht sogar die wichtigste Aufgabe eines Menschen überhaupt. Trotzdem sollten Sie sich als Eltern im Klaren sein, wo die Grenzen Ihrer Aufgabe und Verantwortung liegen, ansonsten Sie sich womöglich nur allzu schnell selbst überfordern - und dafür umgekehrt genau das vernachlässigen, was Sie eigentlich unbedingt hätten tun sollen und auch ohne weiteres hätten tun können.

Das Ziel der Erziehung sollte die Selbständigkeit und Beziehungsfähigkeit des Kindes sein. Die Grundlage dafür, dass das Kind dieses Ziel auch erreichen kann, legen in erster Linie Sie als Eltern in den ersten vier Jahren des Kindes. Danach, das heisst, wenn das Kind genügend reif ist, nimmt Ihre Verantwortung rapide ab und Sie können sich mehr und mehr auf eine Art Begleitung beschränken. Zuvor müssen Sie aber gelernt haben, erstens dem Kind zu vertrauen und ihm zweitens, wenn es ab etwa dem dritten Lebensjahr beginnt seinen Willen zu entwickeln, konsequent Grenzen zu setzen.

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Vertrauensbildung (bis etwa 2 Jahre)

Menschenkinder sind bei ihrer Geburt auf Gedeih und Verderb ihren Eltern ausgeliefert, das heisst, sie könnten ohne sie, oder zumindest ohne Elternersatz, nicht überleben. Schon das allein erklärt die grosse Verantwortung, die Sie als Eltern zu übernehmen haben. Allerdings sollte es Ihr Ziel sein, dass das Kind bis zum Ende der eigentlichen Erziehungsarbeit, also nach etwa vier Jahren, so reif ist, dass es sich bereits weitgehend selbst für sein Tun und Lassen verantwortlich fühlt. Das bedingt, dass Sie dem Kind von Anfang an möglichst viel Verantwortung überlassen, indem Sie es zum Beispiel grundsätzlich immer selbst entscheiden lassen. Am Anfang geht es dabei noch um elementare Dinge, wie Essen und Schlafen: Das Kind soll selbst entscheiden dürfen, wie viel es essen mag und wann es bereit ist schlafen zu gehen. Verantwortung überlassen heisst aber nicht nur, dass Sie das Kind selbst entscheiden lassen, sondern dass Sie es auch die Konsequenzen davon tragen lassen. Wenn das Kind also zum Beispiel absichtlich Spielsachen fort wirft, müssen Sie es auffordern, diese auch selbst wieder zurückzuholen.

In den ersten beiden Jahren der Erziehung tragen Sie als Eltern vor allem die Verantwortung dafür, dass Sie dem Kind, beziehungsweise seinen Grundbedürfnissen und seinen Fähigkeiten, vertrauen. Aus diesem Vertrauen entwickelt das Kind in gleichem Masse Selbstvertrauen. Ermuntern Sie das Kind zum Beispiel den Löffel selbst in die Hand zu nehmen und warten Sie mit Hilfe so lange zu, bis es diese selbst verlangt. Ihre Verantwortung liegt nämlich nicht darin, dass dem Kind kein Missgeschick geschieht, sondern dass Sie an seine Lernfähigkeit glauben. Ein ausgezeichnetes Mittel, dem Kind Verantwortung zu übergben, ist der Rucksack: Sobald das Kind sicher laufen kann, können Sie ihm zum Beispiel die Entscheidung überlassen, was es alles an Spielsachen oder Kuscheltieren mitnimmt - vorausgesetzt, es trägt sie selbst in seinem Rucksack. So kann es nicht bloss selbst bestimmen, sondern auch gleich spüren, wie schwer oder umständlich solcher "Ballast" werden kann, also wortwörtlich Verantwortung tragen.

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Willensbildung (etwa 2 bis 4 Jahre)

Mit der Willensbildung ab etwa dem dritten Lebensjahr beginnt sich Ihre Verantwortung, die in den ersten beiden Jahren ziemlich umfassend war, auf ein einziges, aber entscheidendes Thema zu fokussieren: Sie sind dafür verantwortlich, dem Kind konsequent Grenzen zu setzen. Denn Kinder kommen zunächst ohne Grenzen auf die Welt, sie sind noch eins mit ihrer Umgebung und überhaupt dem Universum, weshalb sie zunächst ja auch grenzenlos ihren Eltern vertrauen. Plötzlich beginnt das Kind aber zu wollen und sagt "Nein!". Wenn das Kind zum Beispiel beim Überqueren der Strassen von einem Tag auf den anderen Ihnen die Hand nicht mehr geben will ist das zunächst ein gutes Zeichen für seine Entwicklung. Entscheidend ist nun aber, wie Sie darauf reagieren. Sie werden es zunächst wohl mit einer Ermunterung und Erklärung zum Thema Gefahren von Autos nochmals probieren - und damit ziemlich sicher erfolglos sein (zumal das Kind in diesem Alter die Gefahr von Autos noch gar nicht erfassen kann). Und während Sie den Willen des Kindes respektieren sollten, sind Sie gleichzeitig für seine Sicherheit verantwortlich. Diese Aufgabe ist auf den ersten Blick nicht einfach, aber lösbar:

Wenn Sie in diesem Moment noch "vernünftig" mit dem Kind sprechen können, also es noch nicht zu toben begonnen hat, können Sie mit ihm eine Vereinbarung suchen, wonach es zum Beispiel ohne Ihnen die Hand zu geben über die Strasse gehen darf, aber immer dicht bei Ihnen sein muss. Vereinbaren heisst, dass Sie die mit dem Kind zusammen eine Abmachung suchen, das Kind also auch Vorschläge machen darf und Sie am Schluss ausdrücklich nachfragen, ob es mit der Vereinbarung einverstanden ist. Damit übergeben Sie dem Kind Verantwortung und es wird sich entsprechend Mühe geben, diese auch zu erfüllen.

Jenachdem wie heftig der Wille im Kind gerade ausgebrochen ist, hat es aber bereits auf Ihr "Nein!" zu schreien und toben begonnen, da es auf Ihren Widerstand mit Wut reagiert. Auch das ist völlig normal und ein Zeichen gesunder Entwicklung. Jetzt gilt es zunächst einmal Ruhe zu bewahren, ansonsten es sehr schnell gefährlich wird (wenn Sie das Kind zum Beispiel festhalten, es sich aber losreissen kann und auf die Strasse rennt). Ihre Verantwortung besteht nun darin, standhaft zu bleiben, also erstens beim Kind bleiben und diesem - wenn nötig - den Weg über die Strasse zu versperren und zweitens ruhig zu warten, bis das Kind aufgehört hat zu toben. Erst wenn es sich vollständig beruhigt hat, können Sie wieder mit ihm sprechen und mit ihm vereinbaren, wie Sie die Strasse nun sicher überqueren.

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Sozialisation bis Pubertät (etwa 4 bis 16 Jahre)

Wenn Sie während den entscheidenden Phasen der Erziehung, also bis etwa zur Sozialisation, gelernt haben, erstens dem Kind zu vertrauen und ihm zweitens konsequent Grenzen zu setzen, haben Sie Ihre Aufgaben bereits weitghend erfüllt, das heisst, Sie sind gewissermassen aus der Verantwortung entlassen und können sich auf eine Art Begleitung beschränken. Denn sobald das Kind in die (Vor)Schule geht und ohne Ihre ständige Aufsicht mit seinen Kameraden spielt, muss es eine Vielzahl von Entscheidungen treffen, für die es auch die Verantwortung zunächst alleine übernehmen muss. Selbstverständlich kann und soll es immer noch Ihre Hilfe beanspruchen dürfen, doch wird das nich mehr so unmittelbar möglich sein.

Als Eltern sind Sie natürlich nach wie vor schon rein rechtlich für Ihre Kinder verantwortlich. Aus Sicht der Erziehung sollte es aber Ihr ständiges Ziel sein, dass Sie diese Verantwortung kontinuierlich dem Kind abgeben. Das Kind wird Ihnen dabei schon dadurch helfen, dass es von sich aus immer alles selbst machen will. Dem sollten Sie grundsätzlich auch immer zustimmen, aber eben nur, wenn Sie auch bereit sind, ihm die Verantwortung für die Konsequenzen zu überlassen. Ein hervorragendes Übungsfeld ist zum Beispiel das Taschengeld: So können Sie nach und nach Erhöhungen vereinbaren und dem Jugendlichen so die Verantwortung für weitere Ausgaben überlassen. In Ihrer Verantwortung liegt dann bloss noch gelegentlich zu besprechen, ob das auch einigermassen klappt. Die Konsequenzen muss dann aber das Kind tragen, also zum Beispiel mal ein halbes Jahr in zu engen Hosen herumlaufen, weil das Kleidergeld "unglücklicherweise" für etwas anderes draufgegangen ist.

Denken Sie einfach daran, dass Ihre Kinder früher oder später, meistens aber schneller als Sie denken, sowieso für alles selbst verantwortlich sind. Es ist deshalb von grossem Vorteil, wenn sie schon möglichst früh üben können, nämlich dann, wenn die Tragweite von Fehlern und Missgeschicken noch nicht so gross ist. Wenn Sie hingegen aus lauter Mitleid immer wieder die Verantwortung übernehmen (und im obigen Beispiel einfach neue Hosen spendieren), nehmen Sie dem Kind die Chance zum Lernen, was sich sehr schnell sehr kontraproduktiv auswirken wird.

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Verantwortung und Gefahren

Unsere hochtechnisierte Umwelt beinhaltet für Kinder mannigfaltige Gefahren, von der Steckdose über Medikamente und den Kochherd bis zum Strassenverkehr. Als Eltern sind Sie da trotz aller Vorsichtsmassnahmen der Industrie gefordert, zumal schon Kleinkinder von Technik wie magisch angezogen werden.

Sobald der Aktionsradius des Kindes durch Krabbeln grösser wird, kommen Sie aber kaum mehr nach, wenn Sie einfach alles verstecken und wegsperren wollen, was dem Kind irgendwie zur Gefahr werden könnte, zumal natürlich auch grössere Hürden schon bald überwunden werden. Ihre Strategie sollte deshalb eine andere sein: Machen Sie das Kind mit den Gefahren vertraut! Zeigen Sie ihm zum Beispiel, von wo an der Ofen heiss wird und überlassen Sie ihm den Lichtschalter zum spielen, der ja absolut keine Gefahr darstellt. Auf diese Weise zeigen Sie dem Kind, dass Sie ihm erstens Verantwortung übertragen und es zweitens in Ihre Tätigkeiten einbeziehen. Gerade auch Zundhölzer sollten Sie unbedingt zusammen mit dem Kind ausprobieren. Wenn Sie diese nämlich einfach verstecken, wird die Versuchung noch grösser sein, es in einem unbeaufsichtigten Moment selbst auszuprobieren. Irgendwann werden Sie dem Kind dann die Verantwortung ganz übergeben können und es wird es als seine Aufgabe betrachten, die Kerzen anzuzünden. Damit hat es dann ganz nebenbei das gegenseitige Helfen als etwas Positives erfahren.

Insbesondere vor Bagatellgefahren sollten Sie Ihr Kind nicht speziell schützen, denn das wäre geradezu kontraproduktiv: Wenn das Kind nie erfahren kann, dass es sich zum Beispiel beim Herumtoben irgendwo anschlagen und weh tun kann, wird es auch nie lernen können, dass es vorsichtiger sein sollte. Zudem will es seinen Bewegungsdrang trotzdem ausleben und Gelegenheiten suchen und finden, bei denen Sie nicht anwesend sind, und vor lauter Übermut, der in ihm aufkommen wird, unnötig grosse Risiken eingehen, die es womöglich nicht mehr meistern kann, weil es zuvor eben nicht lernen konnte, vernünftig mit Risiken umzugehen. Es ist denn auch kein Wunder, dass gerade überbehütete Kinder regelmässig die schlimmeren Unfälle erleiden müssen.

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Verantwortung und Gesellschaft

Erziehung ist sowohl ein Recht als auch eine Pflicht der Eltern, die weder an die Schule noch an Therapieeinrichtungen oder gar an die Polizei delegiert werden können (und auch nicht an dieses Wiki). Unsere westliche Zivilisation bringt es überdies mit sich, dass weder eine Sippe existiert noch von den Nachbarn erwartet werden kann, dass diese für alle, also nicht nur die eigenen, Kinder schauen würden.

Diese stark auf das Individuum fokussierte Lebensform hat unbestrittenermassen einige Vorteile für die Unabhängigkeit der einzelnen Menschen. Gerade für junge Eltern kann es aber zu einer enormen Belastung werden, zumal wenn auch noch die Grosseltern weit weg sind, was in einer hochmobilen Gesellschaft mehr und und mehr zur Regel wird. Werdende Eltern tun deshalb gut daran, bei der Wohnungswahl in erster Linie darauf zu schauen, ob wenigstens die Umgebung kindgerecht ist, Kinderbetreuung in der Nähe gewährleistet ist und auch noch andere Familien in der Nähe sind. So kann immerhin eine teilweise Entlastung in der Betreuung organisiert werden. Verschieben Sie also die Verwirklichung Ihrer "Wohnträume" vorläufig zugunsten der Kinder!

Während die Betreuung der Kinder zumindest teilweise organisiert und somit delegiert werden kann, bleibt die Verantwortung für die Erziehung immer bei den Eltern. Das Vertrauen der Eltern und konsequente Grenzen sind Grundbedürfnisse des Kindes, das heisst, wenn es diese nicht von seinen Eltern erhält, sucht es sie woanders. Damit wird aber nicht nur die Beziehung zu den Eltern aufs Spiel gesetzt, sondern dem Kind eine Verantwortung übertragen, von der es überfordert ist.

Zu guter Letzt müssen Sie noch damit umgehen können, dass unsere westliche Zivilisation nicht nur medizinische Vollversorgung und allgemeinen Wohlstand hervorgebracht hat, sondern gerade für Kinder auch ihre Schattenseiten hat, angefangen bei einer Unmenge an Gefahren durch technische Geräte, insbesondere Autos, über Reizüberflutung durch Werbung bis zu Umweltverschmutzung und Drogenmissbrauch. Sie müssen also Ihre Kinder zumindest in den ersten Jahren auch vor einigen Nebenerscheinungen unserer "schönen, neuen Welt" schützen. Gleichzeitig gilt es zu bedenken, dass die Kinder spätestens mit der Sozialisation sowieso in Kontakt mit all den Verführern unserer Gesellschaft kommen. Es ist denn eine Gratwanderung, wenn Sie die Kinder zum Beispiel möglichst naturnah erziehen wollen und sie trotzdem auf die Realität der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Anforderungen vorbereiten wollen: Sie können zwar möglichst biologische Lebensmittel verwenden, aber Sie können nicht verhindern, dass die Kinder von der Werbung für industriell hergestellte Lebensmitteln angezogen werden.

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Verantwortung und Schicksal

Die Verantwortung der Eltern für ihre Kinder ist also gross, vor allem in den ersten, entscheidenden Jahren. Das heisst aber noch nicht, dass Sie für alles verantwortlich sind, was dem Kind widerfährt. Denn Kind hat eine eigene Persönlichkeit und somit auch ein eigenes, wie auch immer definiertes, Schicksal (und je nach Glaubenseinstellung auch eine eigene Seele). Zur Persönlichkeit gehört insbesondere ein eigenständiger Wille. Das heisst, das Kind kann eigene Entscheidungen treffen, die Sie weder beeinflussen noch verhindern können.

Ihre Verantwortung kann deshalb nur so weit gehen, als Sie dem Kind ermöglichen, Selbstvertrauen zu entwickeln und seinen noch rohen Willen zu einem freien Willen zu kultivieren. Was es schliesslich damit macht, wird es schon sehr früh selbst entscheiden und damit auch selbst verantwortlich sein. Diese Loslösung beginnt nicht etwa erst mit der Pubertät, sondern bereits in den ersten Jahren. Sie tun deshalb gut daran, wenn Sie sich schon bald nach der Geburt mit dem Gedanken des ständigen Loslassens auseinandersetzen.

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Weiterführende Themen

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Übergeordnetes Thema

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Fragen und Feedback

Das "Zweimalzwei der Erziehung" ist zum Teil noch im Aufbau. Allfällige Fragen oder Feedback sind willkommen: Email


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