Widerstand der Eltern

Aus 2 x 2 der Erziehung
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Wenn das Kind beginnt seinen Willen zu entwickeln, in der Regel etwa im dritten Lebensjahr, sucht und braucht es Herausforderungen und Grenzen. Als Eltern sind Sie dabei eine Art Sparringspartner, das heisst, Sie müssen lernen, dem Kind und seinem Willen auch Widerstand zu leisten. Das gilt umso mehr als das Leben in der westlichenZivilisation den Menschen im allgemeinen nur noch wenig Anstrengungen abfordert.

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Vertrauensbildung (bis etwa 2 Jahre)

Während der Phase der Vertrauensbildung dürfen - ja sollen - Sie dem Kind grundsätzlich zu allem "Ja" sagen, denn in diesem Alter hat es ausschliesslich Grundbedürfnisse, die möglichst immer und sofort befriedigt werden sollten. Widerstand ist deshalb höchstens in Ausnahmesituationen nötig, wenn zum Beispiel eine wirkliche Gefahr droht und Sie das Kind schützen müssen. Ansonsten geht es einzig darum, dass Sie aufmerksam sind, um die wirklichen Grundbedürfnisse zu erkennen.

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Willensbildung (etwa 2 bis 4 Jahre)

Wenn das Kind beginnt seinen Willen zu entwickeln, in der Regel etwa im dritten Lebensjahr, sucht und braucht es auch Herausforderungen und Grenzen, denn sein Wille geht weiter über seine Grundbedürfnisse hinaus und kann ihm sprichwörtlich Flügel verleihen. Allmachtsphantasien sind denn in diesem Alter keine Seltenheit ("Heute Nacht fliege ich auf den Mond!"). Das ist zunächst ein wunderbares Zeichen seiner gesunden Entwicklung. Das Kind erfährt, dass wo ein Wille ist, auch ein Weg ist.

Herausforderungen

Bieten Sie dem Kind möglichst viele Herausforderungen an, sodass es seinen Willen erfahren und stärken kann, indem Sie zum Beispiel mit ihm kämpfen, Wettrennen machen oder in den Wald gehen, wo es seine Kräfte und seinen Mut an schweren Ästen oder hohen Bäumen messen kann. Kinder in diesem Altern haben einen unglaublichen Hunger nach Neuem und sind so lernfähig wie nie mehr in ihrem Leben! Das sollten Sie als Eltern unbedingt nutzen, indem Sie dem Kind möglichst alles zumuten, wozu es Lust hat, sei es, dass es Feuer machen will, sei es, dass es irgendwelche akrobatischen Kunststücke vollbringen will. Entscheidend ist, dass es seine Fähigkeiten möglichst ausleben kann und spürt, zu was es fähig ist und wo seine Grenzen liegen. Häufig liegen seine Grenzen in der Geschicklichkeit, weil es zum Beispiel das Streichholz noch nicht richtig über die Reibfläche streichen kann. Warten Sie, bis es nach Ihrer Hilfe fragt und zeigen Sie ihm, wie es möglichst selbst lernen kann, wie es funktioniert.

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Grenzen

Der Wille des Kindes kann natürlich nicht nur an natürliche Grenzen stossen, sondern auch mit dem Willen der Eltern oder seiner Umwelt zusammenstossen, wenn diese andere Absichten haben. Wenn es zum Beispiel die Bücherwand im Wohnzimmer hochklettern will und Sie das für zu gefährlich halten oder um Ihre schönen Bildbände fürchten, müssen Sie Widerstand leisten. Dann dürfen Sie nicht einfach nachgeben oder das Kind ignorieren, sondern müssen standhaft bleiben und sich allenfalls auf die Konfrontation einlassen. Für diesen Widerstand gibt es ein einziges "Zauberwort“, das Sie lernen müssen: "Nein!", einmal, aber laut und deutlich ausgesprochen. Gerade am Anfang dürfen, ja müssen, Sie das Kind mit Ihrem "Nein!" auch einmal richtig anschreien. Danach braucht es aber keine weiteren Worte mehr, sondern Sie müssen bloss ruhig abwarten. Entweder stoppt das Kind dann oder es beginnt, vor allem beim ersten Mal, zu toben. Das müssen Sie aushalten können und lernen, angemessen auf das Toben zu reagieren.

Manche Kinder müssen Ihren Widerstand auch körperlich erfahren. So können Sie dem Kind, wenn es zum Beispiel nach Ihnen tritt, einfach einmal Ihre harte Schuhsohle so hinhalten, dass es sich mit dem Schienbein anschlägt. Scheuen Sie sich nicht, denn es geht dabei nicht etwa darum, dass Sie Gewalt anwenden, sondern lediglich darum, dass Sie sich verteidigen und das Kind spüren kann, was es anrichtet! Wenn es vor Schmerz zu schreien beginnt, müssen Sie aber bei ihm bleiben und warten, bis es sich ausgeweint hat. Danach können Sie sich wieder mit ihm versöhnen und, falls nötig, mit ihm besprechen, was gerade passiert ist ("Ich will nicht, dass Du nach mir trittst, weil mir das auch weht tut!"). Meistens ist es gar nicht nötig, dass Sie ihm viel erklären, denn es hat ja gerade selbst den Zusammenhang zwischen seinem Verhalten und Ihrer Reaktion erfahren.

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Vereinbarungen

Den Willen des Kindes sollen Sie nicht etwa unterdrücken, sondern als die wohl wichtigste Kraft des Menschen überhaupt verstehen. Er muss bloss noch gewissermassen kultiviert werden, denn der frisch erwachte Wille des Kindes ist meistens noch roh, kompromisslos und ungestüm. Für diese Kultivierung bieten sich Vereinbarungen an. Wenn das Kind zum Beispiel sein neues Spielzeug mitnehmen will, Sie es aber ihm nicht dauernd nachtragen wollen, können Sie mit ihm vereinbaren, dass es das Spielzeug in seinem eigenen Rucksack mitnehmen darf, diesen aber auch selbst tragen muss. So entsteht für das Kind eine Herausforderung und es muss sich entscheiden, was ihm wie viel wert, wofür es sich lohnt, sich anzustrengen.

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Sozialisation bis Pubertät (etwa 4 bis 16 Jahre)

Wenn Sie während der Phase der Willensbildung gelernt haben, dem Kind auch Widerstand in Form von Herausforderungen und Grenzen zu leisten, werden Sie staunen, wie wenig Konfrontationen Sie noch zu bewältigen haben und wie sehr Sie auf die Kooperationsbereitschaft des Kindes zählen können. Natürlich werden Sie immer noch Meinungsverschiedenheiten haben, doch sollte das Kind nun so reif sein, dass Sie die Diskussionen mehr und mehr auf Augenhöhe führen können.

Natürlich müssen Jugendliche, vor allem während der Pubertät, noch immer gewissermassen ihre Hörner abstossen, doch sollte diese Energie nun mehr gegen aussen denn gegen die eigenen Eltern gerichtet sein. Es geht mehr darum, dass sie sich in der Gruppe behaupten können oder die Gesellschaft als Ganzes verändern wollen. Der Widerstand der Eltern ist dazu nicht mehr nötig. Hören Sie aber gut zu, welche Revolutionen gerade angezettelt werden sollen und fragen Sie nach den Argumenten, auch wenn Sie der Meinung sind, dass es sich bloss um "pubertäre Anwandlungen" handle. Denn was Ihre Kinder immer noch von Ihnen brauchen, ist die Auseinandersetzung, um den eigenen Verstand zu schärfen. Das ist vor allem dann wichtig, wenn einfach einmal etwas behauptet wird: Fragen Sie nach der Begründung und den Überlegungen, die dahinter stecken.

Eigentlicher Widerstand ist in diesem Alter allerdings ziemlich zwecklos, da dieser höchstens noch als Motivation dient, sich erst recht gegen die Eltern aufzulehnen. Und schliesslich werden die Kräfte und Ideen Jugendlicher, sich aus der Umklammerung ihrer Eltern loszureissen, eh langsam aber sicher grösser und geschickter als jene der Eltern! Sie sollten also die entscheidende Erziehungsarbeit schon während den beiden ersten, alles entscheidenden Phasen der Erziehung erledigt haben, sodass der Jugendliche nun genügend reif ist, die Verantwortung für sein Leben zu übernehmen.

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Mangelnder Widerstand und mögliche Folgen

Viele Erziehungsprobleme haben damit zu tun, dass sich Eltern währen der Phase der Vertrauensbildung nicht oder zu wenig konsequent getraut haben, ihrem Kind auch "Nein!" zu sagen. Erschwerend kommt häufig dazu, dass die Probleme erst nach den beiden ersten, aber entscheidenden Phasen der Erziehung erkannt werden, wenn sich das Kind zum Beispiel in der (Vor)Schule soll zurecht finden können. Sie müssen also frühzeitig gelernt haben Widerstand zu leisten, ansonsten Sie schon bald feststellen werden, dass Sie mit dem Willen Ihrer Kinder überfordert sind. Denn Kinder suchen Herausforderungen und Grenzen - und sie finden diese auch! Wenn ihnen dabei nichts entgegengehalten wird, wird es allerdings ziemlich schnell gefährlich. Zunächst einmal für die Kinder selbst, später aber auch für die Eltern:

  • Überforderung der Eltern: Kinder kennen von Geburt aus keine Grenzen, sodass Eltern gerne zum Schluss kommen, dass ihre Kinder sie geradezu aussaugen würden. So kommt denn sehr schnell der Eindruck überfordert zu sein. Machen die Eltern dem Kind dann auch noch Vorwürfe, entsteht schnell ein Teufelskreis.
  • Unnötige Gefahren: Ihr Widerstand ist für das Kind wie eine Art Leitplanke für Autos, er gibt dem Kind Schutz, wenn es zu überborden droht. Fehlt ihm dieser Widerstand, fehlt ihm auch die Begrenzung und somit der Schutz. Denn es braucht Grenzen und wird diese so lange suchen, bis es sie gefunden hat. Es wird deshalb immer grössere Risiken eingehen, bis es zu eigentlichen Unfällen kommt. Oder es wird seine Umgebung derart nerven, dass diese irgendwann die Geduld verliert und dem Kind Schaden zufügt, den Sie nicht mehr verhindern können.
  • Willensschwäche: Der Wille des Kindes braucht Herausforderungen, an denen es sich messen und wachsen kann. Wenn Sie ihm einfach alle Mühsal abnehmen, wird es seinen Willen nicht gebrauchen können. Es wird sich später nicht wirklich für seine Anliegen und Ziele einsetzen können und schnell resignieren. Der Wille ist aber trotzdem noch da, allerdings zu wenig zielgerichtet, sodass das Kind zum Beispiel dauernd irgendetwas anderes möchte und zerstreut wirkt.
  • Protest: Im besten Fall beginnt das Kind zu protestieren, wenn Sie ihm zu viel abnehmen, statt ihm die Herausforderung zuzumuten. Es wehrt sich zum Beispiel, wenn Sie es füttern wollen, weil es selbst ausprobieren will, mit dem Löffel zu essen. Halten Sie sich also möglichst zurück, wenn Sie meinen nachhelfen zu müssen und fragen Sie zumindest, ob Sie ihm helfen sollen. Oder fordern Sie es zuerst auf, es selbst zu probieren. Damit zeigen Sie ihm, dass Sie seinen Fähigkeiten vertrauen.

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Weiterführende Themen

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Übergeordnetes Thema

Willensbildung (zweite Phase der Erziehung)

Fragen und Feedback

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