Sucht

Aus 2 x 2 der Erziehung
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ARTIKEL IM AUFBAU / IN ÜBERARBEITUNG!




Die wesentlichen Voraussetzungen für süchtiges Verhalten werden in den ersten, alles entscheidenden Phasen der Erziehung gelegt. Oder positiv ausgedrückt: Wenn das Kind in den ersten Jahren das erhält, was es wirklich braucht, wird es später kaum nach Ersatzbefriedigung suchen müssen. Und Ersatzbefriedigung ist gewissermassen der Nährboden für süchtiges Verhalten.

Süchtig kann der Mensch nicht nur von Drogen im engeren Sinn (von Alkohol und Nikotin über Medikamente bis hin zu illegalen Substanzen) werden, sondern auch von vermeintlich harmlosen Substanzen wie Zucker und Salz, aber auch von bestimmten Verhaltensweisen wie Glücksspiel, Pornographie, übermässigem Konsum von Unterhaltungselektronik oder Selbstverletzungen, Essen usw. Aus erzieherischer Sicht sind diese Unterscheidungen, abgesehen von allfälligen strafrechtlichen Konsequenzen, unerheblich!

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Ursachen

Die Grundlage für süchtiges Verhalten wird aber regelmässig lange vor dem Beginn des Konsums von Drogen im engeren Sinn gelegt, nämlich in den beiden ersten, alles entscheidenden Phasen der Erziehung. Wenn das Kind nach dieser Zeit genügend reif ist, also ein gesundes Selbstvertrauen hat und Grenzen respektieren kann, ist die Gefahr klein, dass es einen Ersatz in Drogen sucht. Fehlt ihm hingegen dieses Reife, wird es eine Sehnsucht danach entwickeln, die leicht zu süchtigem Verhalten führen kann:

Phase der Vertrauensbildung (bis etwa 2 Jahre)

Währen der Phase der Vertrauensbildung entwickeln Kinder Selbstvertrauen in dem Masse, wie ihre Eltern ihnen beziehungsweise ihren Grundbedürfnissen und Fähigkeiten vertrauen:

  • Unbefriedigte Grundbedürfnisse: Während der Phase der Vertrauensbildung sollten alle Grundbedürfnisse möglichst immer und sofort befriediget werden. Dabei geht es nicht bloss um Nahrung und Kleidung, sondern vor allem um Geborgenheit und Trost. Wenn diese Bedürfnisse nicht ausreichend befriedigt werden, insbesondere das Kind in seinem Kummer nicht wirklich getröstet wird, wird sein von Geburt an vorhandenes Vertrauen in seine Eltern und überhaupt in das Leben nicht bestätigt. Entsprechend kann es nicht genügend Selbstvertrauen entwickeln.
  • Mangelndes Vertrauen in die Fähigkeiten: Desgleichen müssen die Eltern lernen, den Fähigkeiten des Kindes zu vertrauen, ansonsten es sich seinerseits zu wenig zutraut und seine Selbstverwirklichung mit Mitteln ausserhalb seiner selbst sucht.

Diese Sehnsucht nach Trost und Selbstverwirklichung kann äusserst schmerzhaft sein, sodass die Versuchung früher oder später gross wird, den Schmerz mittels Drogen zu betäuben oder die Selbstverwirklichung im Rausch zu suchen. Da das Problem damit nicht gelöst wird, beziehungsweise Illusionen entstehen, entsteht schnell ein Teufelskreis. Ein Kind, das genügend Selbstvertrauen entwickeln konnte, wird in erster Linie auf seinen eigenen Fähigkeiten aufbauen und kommt später nicht so schnell in Versuchung, seine Ziele mit irgendwelchen künstlichen Hilfsmitteln, wie eben Drogen, zu erreichen. Voraussetzung für Selbstvertrauen ist, dass die Eltern die Grundbedürfnisse des Kindes möglichst immer und sofort befriedigen. Ansonsten entwickelt das Kind eine entsprechende Sehnsucht, die es mit dem zu befriedigen versucht, das ihm gerade angeboten wird (das kann zu Beginn "bloss" ein Übermass an Schokolade oder Unterhaltungselektronik sein, später aber eben auch anderes, weit Gefährlicheres). Eine solche Ersatzbefriedigung ist dann die beste Grundlage für späteres Suchtverhalten. Besondere Vorsicht ist deshalb beim Thema Trost geboten: Wenn dem weinenden Kind einfach der Schnuller oder die Aussicht auf ein neues Spielzeug hingehalten wird, statt dass es gehalten wird und ihm Zeit zum ausweinen geschenkt wird, wird es diesen fatalen Mechanismus sehr schnell verinnerlichen. Und der Jugendliche wird sich später, wenn er selbst entscheiden kann, genau gleich verhalten und zum Beispiel den Verlust der Freundin mit Alkohol wegschwemmen, statt sich mit einem guten Freund auszutauschen.

Eltern müssen also zunächst lernen, den Grundbedürfnissen und Fähigkeiten des Kindes zu vertrauen. Denn je grösser das Vertrauen der Eltern in das Kind, desto grösser wiederum dessen Selbstvertrauen. Ein gesundes Selbstvertrauen wird dem Kind ermöglichen, seinen eigenen Fähigkeiten zu vertrauen, um Problem zu lösen, statt "Hilfe" in Drogen zu suchen.

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Phase der Willensbildung (etwa 2 bis 4 Jahre)

Während der Phase der Willensbildung, in der Regel etwa im dritten Lebensjahr, muss dem Kind gelehrt werden, auch mit Grenzen umzugehen. Dazu braucht es Herausforderungen, um Grenzen spüren zu können.

  • Zu wenige Herausforderungen:
  • Mangelndes Gespür für Grenzen: Drogen lindern aber nicht bloss Schmerzen, sondern ermöglichen oft auch das Überschreiten von Grenzen. Dabei geht es sowohl um Grenzen des Bewusstseins, als auch um Hemmungen, gesellschaftliche Vorstellungen und ähnliches. Das allein muss noch nicht problematisch sein. Heikel wird es aber, wenn solche Grenzen unbewusst (oder gar unter Missbrauch von Gewalt) überschritten werden. Deshalb sind in der Erziehung klare Grenzen fundamental wichtig. Diese Grenzen müssen dem Kind ab etwa dem dritten Lebensjahr gesetzt werden, das heisst mit der Willensbildung. Je besser das Kind lernt, Grenzen zu spüren und zu respektieren, desto besser ist es später dafür gewappnet, mit Drogen umzugehen, das heisst diese innerhalb eines vernünftigen Rahmens zu konsumieren. Drogen ermöglichen nicht nur die Illusion von Wohlbefinden, sondern auch die Überschreitung von Grenzen, sei es die Grenze des Bewusstseins, sei es das Mass an Konsumierbaren. Das ist ums mehr ein Problem, als diese Grenzüberschreitungen häufig gar nicht als solche wahrgenommen werden. Das Bewusstsein für Grenzen entwickelt das Kind aber nur dann, wenn ihm solche von den Eltern auch angemessen gesetzt werden. Denn von Natur aus kennt das Kind keine Grenzen. Das Thema Grenzen kommt mit der Willensbildung, in der Regel etwa im dritten Lebensjahr. Wenn das Kind in dieser entscheidenden Phase keine klaren Leitplanken erhält, wird es diese von sich aus suchen und immer weitergehen, bis es eine Grenze spürt. Kinder brauchen in dieser Zeit Herausforderungen um Grenzen zu spüren. Gehen Sie mit ihnen also in den Wald, wo Kinder ihren Mut unter Beweis stellen können oder muten Sie ihnen zu, Ihre schweren Einkäufe zu tragen. Wenn das Kind in dieser Phase positive Grenzerfahrungen macht, kommt es später viel weniger in Versuchung, mit Drogen oder Gewalt zu testen, "wieviel es verträgt".

Wenn diese Basis in den ersten vier Jahren gelegt wurde, brauchen Sie sich als Eltern nicht mehr derart vor dem Drogenkonsum fürchten, dass Sie dem Kind am liebsten gleich den Ausgang verbieten würden. Eine offene Gesprächskultur, die auch kontroverse Ansichten zum Thema Drogen zulässt, genügt dann völlig. Im übrigen ist es für die Erziehung von untergeordneter Bedeutung, ob es sich um legale oder illegale Drogen handelt!

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Sozialisation bis Pubertät (etwa 4 bis 16 Jahre)

Es ist ein grosser Irrtum, dass das Thema Sucht erst mit der Pubertät aktuell wird, denn dann ist es meistens schon viel zu spät. Jugendliche orientieren sich in dieser Phase definitiv - und ihrer natürlichen Entwicklung entsprechend - nicht mehr an den Eltern, sondern an ihrem eigenen Umfeld. Die Voraussetzungen für süchtiges Verhalten werden schon in den ersten Jahren gelegt. Trotzdem muss das Thema Drogen natürlich am Familientisch (und auch in der Schule) besprochen werden. Am besten tun Sie das gleich am konkreten Beispiel, also wenn Sie zum Beispiel ein Bier trinken oder eine Zigarette rauchen. In der Regel fragen Kinder schon aus reiner Neugier und von sich aus, was denn das Gute an all diesen Dingen sei, die nur für Erwachsene gedacht sind. Das beinhaltet nicht nur die Chance zur Aufklärung über Drogen, sondern auch für Sie die Chance Ihren eigenen Konsum allenfalls zu überdenken.

Schliesslich sind Sie unweigerlich Vorbild für Ihre Kinder, und zwar im Positiven wie im Negativen. Dabei müssen Sie sich zudem bewusst sein, dass Kinder auch für verstecktes Verhalten ein sehr feines Gespür haben! Wenn Sie also zum Beispiel heimlich rauchen, ist das eine Doppelbotschaft, die sich kontraproduktiv auswirken kann.

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Prävention und Verantwortung

Als Eltern müssen Sie sich bewusst sein, dass die Grundlagen für süchtiges Verhalten weitgehend in den beiden ersten, alles entscheidenden Phasen der Erziehung gelegt werden. Die Erziehungsfehler mögen in diesem Alter zwar noch harmlos erscheinen (wie zum Beispiel Süssigkeiten anstelle von wirklichem Trost oder das Ablenken mit Unterhaltungselektronik anstelle des Einbezugs des Kindes in den elterlichen Alltag), doch ist es genau diese Art von Ersatzbefriedigung, die den Nährboden für süchtiges Verhalten schaffen.

Wenn das Kind hingegen genügend Selbstvertrauen und ein Gespür für Grenzen entwickeln konnte, dürfen Sie als Eltern weitgehend beruhigt sein. Ihr Kind wird zwar, gerade in der Pubertät, das eine oder andere ausprobieren und auch die Grenzen des Erträglichen suchen, doch wird es genügend reif sein, um selbst beurteilen zu können, was ihm gut tut und was nicht. Selbstverständlich bleibt ein Restrisiko, zumal es suchterregende Substanzen gibt, die schon beim ersten Mal höchst gefährlich sein können. Doch müssen Sie als Eltern irgendwann auch anerkennen, dass Ihr Kind eine eigene Verantwortung für sein Leben hat und Ihr Einfluss nach den beiden ersten, entscheidenden Phasen der Erziehung sowieso rapide abnimmt.

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Exkurs: Kritik an der Politik

Eltern leisten durch ihre Erziehungsarbeit sicherlich den weitaus wichtigsten Teil der Prävention gegen Sucht, doch sind sie und ihre Kinder der Schwemme an verfügbaren (legalen und illegalen) Drogen letztens Endes trotzdem ein Stück weit wehrlos ausgeliefert. Solange es die Politik, nicht zuletzt auf wirtschaftlichen Druck hin, versäumt, den Drogenmarkt wirkungsvoll zu regulieren, werden viel zu viele Jugendliche den Verlockungen erliegen und ein allzu grosser Teil verfällt der Sucht. Die Gesellschaft muss sich die Frage stellen, ob sie bereit ist, all das Leid und die damit verbundenen immensen Kosten in Kauf zu nehmen.

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Fragen und Feedback

Das "Zweimalzwei der Erziehung" ist zum Teil noch im Aufbau. Allfällige Fragen oder Feedback sind willkommen: Email


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