Zwangsbeglücken

Aus 2 x 2 der Erziehung
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ARTIKEL IM AUFBAU / IN ÜBERARBEITUNG!




Die Hilflosigkeit, mit der Menschenkinder zur Welt kommen, treibt Eltern häufig dazu sich zu sorgen, was dem Kind gerade noch fehlen könnte und es deshalb schon mal vorsorglich mit allerlei gut gemeinten Dingen zu versorgen. Dabei geht vergessen, dass schon Kleinkinder selbst am besten wissen, was sie brauchen und sich zudem durchaus selbst bemerkbar machen, wenn ihnen etwas fehlt. Von den Eltern ist deshalb in erster Linie eine gewisse Aufmerksamkeit für die Grundbedürfnisse des Kindes gefordert. Das heisst, Sie müssen ein Gespür entwickeln, um Ihr Kind mehr und mehr besser verstehen zu können. Das gilt vor allem für die Zeit, während der das Kind noch nicht sprechen kann und sich in erster Linie durch seine Mimik oder Gestik mitteilt.

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Beispiele und mögliche Folgen

Gerade in den ersten Jahren, in denen sich das Kind noch kaum gegen seine Zwangsbegeglückung wehren kann, kommen Eltern häufig in Versuchung, ihm gegen seinen Willen Gutes tun zu wollen (in alphabetischer Reihenfolge):

  • Einschlafen: Jedes Kind kann schlafen, jedenfalls wenn Sie es selbst bestimmen lassen, wann es genügend müde ist und auch bereits ist loszulassen. Wenn Eltern hingegen meinen, sie wüssten besser, wann der richtige Zeitpunkt ist, wird sich das Kind mit grösster Wahrscheinlichkeit dagegen wehren, was durchaus als vernünftig zu betrachten ist. Denn nur das Kind selbst weiss, wann es erstens müde ist und zweitens auch bereit ist schlafen zu gehen!
  • Essen und Trinken: Es sollte eigentlich selbstverständlich sein, dass Kinder so viel, aber eben auch nur so viel, essen und trinken dürfen, wie sie mögen. Sie tun einem Kind nicht den geringsten Gefallen, wenn Sie versuchen, es zu mehr zu motivieren, als es von sich aus mag. Im schlimmsten Fall können Sie damit sogar Essstörungen provozieren. Kinder haben noch ein ausgezeichnetes Gespür dafür, wieviel sie brauchen und es kann durchaus auch einmal vorkommen, dass sie zum Beispiel eine ganze Mahlzeit auslassen, ohne deswegen gleich krank sein zu müssen. Wenn es hingegen darum geht Neues auszuprobieren, können Sie natürlich versuchen, dem Kind etwas schmackhaft zu machen.
  • Hochheben und Halten: Kinder brauchen immer wieder die Nähe ihrer Eltern und wollen entsprechend viel gehalten und getragen werden - aber eben nur dann, wenn sie es selbst wollen! Warten Sie also, bis das Kind danach verlangt und lassen Sie es selbst bewegen, so viel es mag (angenommen natürlich wenn wirkliche Gefahren drohen). Wenn Sie das Kind immer wieder fangen und packen, womöglich noch von hinten, erschrecken sie es und behindern dadurch womöglich seinen natürlichen Bewegungsablauf (selbstverständlich gilt das nicht für den Fall, wo Sie mit ihm zum Spass Fangen spielen).
  • Helfen und Nachhelfen: Kinder wollen möglichst alles selbst tun, so ungelenk sie noch sein mögen. Fragen Sie deshalb immer zuerst, ob Sie helfen sollen. Das gewöhnen Sie sich übrigens am besten gleich ganz von Anfang an, also selbst dann, wenn Sie noch kaum eine Antwort erwarten können. Das Kind spürt so, dass Sie es respektieren und Sie lernen, zunächst einmal seinen Fähigkeiten zu vertrauen. Wird Kindern hingegen zu viel abgenommen, drohen sie irgendwann ihren angeborenen Glauben an die eigenen Kräfte zu verlieren und können entsprechend wenig Selbstvertrauen aufbauen.
  • Liebkosungen: Besonders heikel wird es, wenn das Kind mit Küsschen und ähnlichem "beglückt" wird, die es eigentlich gar nicht mag. Das grenzt bereits an eigentlichen Missbrauch. "Oma hat noch ein Küsschen zugut!" ist zum Beispiel eine Aufforderung, die Sie besser bleiben lassen, wenn das Kind später fähig sein soll, sich gegen sexuelle Übergriffe wehren zu können! Das gleich gilt, wenn auch in etwas geringerem Ausmass, für erzwungene Begrüssungsrituale ("Sag noch allen schön Tschüss"). Solche Anstandsregeln sollten gerade in den ersten Jahren des Kindes auf ihren Sinn überprüft werden, ansonsten sie vom Kind bestenfalls mechanisch abgespult werden, im schlimmsten Fall macht es sich das Kind aber bereits zur Gewohnheit, Berührungen, die es, aus welchen Gründen auch immer, eigentlich gar nicht mag, stillschweigend zu dulden.
  • Überfluss: Der in der westlichen Zivilisation üblicherweise vorherrschende allgemeine Überfluss bringt leider gerade für Kinder ungehemmte Probleme mit sich. Denn Kinder können noch weniger als Erwachsene damit umgehen. So sehr sich ein Kind zum Beispiel über ein Plüschtier freuen kann, so sehr schwindet diese Freude, wenn es mit Plüschtieren überhäuft wird, bloss weil diese überall zu Spottpreisen angeboten oder gar verschenkt werden.
  • Warme Kleider: Kleinkinder können anfangs ihre Körpertemperatur zwar tatsächlich noch nicht selbst regulieren, weshalb Sie natürlich für genügend Wärme sorgen müssen. Doch schon bald wird sich Ihr Kind zum Beispiel gegen zu viele oder zu warme Kleider wehren. Lassen Sie das Kind selbst entscheiden, wie viel es anziehen möchte, selbst dann, wenn Sie zum Beispiel beabsichtigen nach draussen in die Kälte zu gehen. Denn das Kind lebt noch voll und ganz im Hier und Jetzt, kann also noch nicht abschätzen, dass es kurze Zeit später frieren wird. Sie müssen es diese Erfahrung schon mindestens einmal selbst machen lassen, dann wird es Ihnen beim nächsten Mal einfacher glauben können!

Zwangsbeglückung wirkt also regelmässig kontraproduktiv aus. Wenn Eltern meinen, sie wüssten besser, was für ihr Kind gut ist als dieses selbst, können sie damit das von Natur aus vorhandene Gespür massiv beeinträchtigen, sodass es später häufig selbst mehr kaum weiss, was ihm eigentlich gut tut. Im schlimmsten Fall entwickelt es resignatives Verhalten.

Je nach seiner Persönlichkeit wird sich das Kind aber schon früh gegen die Zwangsbeglückung wehren, insbesondere wenn ihm unverlangt geholfen oder nachgeholfen wird. Der Protest des Kindes ist ein Zeichen seines ungebrochenen Lebenswillen und sollte von den Eltern als Hinweis verstanden werden, ihr eigenes Verhalten zu überdenken.

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