Willensbildung: Unterschied zwischen den Versionen

Zur Navigation springen Zur Suche springen
Zeile 82: Zeile 82:
Der Wille ist vor allem anfangs nicht nur eine enorm starke, sondern meist auch sehr ungestüme Kraft, mit der Kinder oft selbst noch überfordert sind. Umso wichtiger ist es, dass sich Ihr Kind darauf verlassen kann, dass Sie ihm [[Grenzen|Leitplanke]] und [[Widerstand der Eltern|Sparringspartner]] sind. Das setzt eine solide [[Vertrauensbildung|Vertrauensbasis]] voraus. Denn nur wenn das [[Vertrauen des Kindes]] in Sie schon zuvor genügend bestätigt worden ist, wird es nun auch Ihren wohlwollenden [[Widerstand der Eltern|Widerstand]] als solchen [[Respekt des Kindes|respektieren]] können.  
Der Wille ist vor allem anfangs nicht nur eine enorm starke, sondern meist auch sehr ungestüme Kraft, mit der Kinder oft selbst noch überfordert sind. Umso wichtiger ist es, dass sich Ihr Kind darauf verlassen kann, dass Sie ihm [[Grenzen|Leitplanke]] und [[Widerstand der Eltern|Sparringspartner]] sind. Das setzt eine solide [[Vertrauensbildung|Vertrauensbasis]] voraus. Denn nur wenn das [[Vertrauen des Kindes]] in Sie schon zuvor genügend bestätigt worden ist, wird es nun auch Ihren wohlwollenden [[Widerstand der Eltern|Widerstand]] als solchen [[Respekt des Kindes|respektieren]] können.  


Oder anders gesagt: nur wenn Sie zuvor [[Lernen der Eltern|gelernt]] haben, wirklich [[Ja der Eltern|"Ja"]] zu sagen, können Sie dem Kind auch konsequent [[Nein der Eltern|"Nein!"]] sagen, beziehungsweise kann das Kind mit diesem "Nein!" umgehen. Das zeigt sich zum Beispiel mit Medikamenten, die ein Kind nicht einfach so einzunehmen bereit ist, die Sie ihm aber auch nicht einfach in den Mund stopfen dürfen: Wenn das Kind zuvor, das heisst in den beiden ersten Lebensjahren, die Erfahrung machte, dass es nie zum Essen gezwungen wurde, aber umgekehrt immer Essen bekam, wenn es Hunger hatte, wurde sein [[Vertrauen des Kindes|Vertrauen]] in seine Eltern bestätigt. Dieses Vertrauen wird nämlich notwendig sein, wenn das Kind ein Medikament nehmen soll, ohne dass es den Zusammenhang zur Heilung erkennen kann (zumal viele Medikamente bei der Einnahme auch noch eher unangenehm sind): Als Eltern können Sie noch einen Moment warten und dem Kind ruhig erklären, wie das mit den Medikamenten funktioniert (oder das Kind daran erinnern, dass Sie selbst auch schon dies oder jenes genommen haben und danach die Schmerzen wieder weggingen). In aller Regel wird das Kind das Medikament dann ohne weiteres einnehmen.
Oder anders gesagt: nur wenn Sie zuvor [[Lernen der Eltern|gelernt]] haben, wirklich [[Ja der Eltern|„Ja“]] zu sagen, können Sie dem Kind auch konsequent [[Nein der Eltern|„Nein!]] sagen, beziehungsweise kann das Kind mit diesem „Nein!umgehen. Ist dieses Vertrauen hingegen nicht da, werden Sie kaum den Mut aufbringen können, Ihrem Kind gegenüber [[konsequent]] zu bleiben und sich dauernd vor Liebesentzug fürchten. Die Folge davon sind häufig „faule Kompromisse“, die das Problem zwar ein wenig aufschieben, aber nicht lösen!


{{top}}
{{top}}
Zeile 89: Zeile 89:
Mit dem Eintritt in die (Vor)Schule sollte das Kind genügend [[reif]] sein, um fortan weitgehend [[Selbständigkeit|selbständig]] erwachsen zu werden. Von diesem Moment an dürfen Sie sich als Eltern bereits auf eine Art [[Begleiten|Begleitung]] zurückziehen. Ob das Kind diese Reife bereits erreicht hat, können Sie zum Beispiel daran erkennen, ob es mit den Regeln in der [[Schule]] (oder allenfalls im [[Musik]]- oder [[Sport|Sportunterricht]]) klarkommt, also ohne dass Sie als Eltern dauernd dabei sein müssen. Denn nur wenn das Kind bereits genügend [[Selbstvertrauen]] hat, seine Kameraden [[Respekt des Kindes|respektieren]] kann und umgekehrt sich dafür wehren kann, dass auch sein Wille respektiert wird, kann von einer erfolgreichen [[Sozialisation]] gesprochen werden.
Mit dem Eintritt in die (Vor)Schule sollte das Kind genügend [[reif]] sein, um fortan weitgehend [[Selbständigkeit|selbständig]] erwachsen zu werden. Von diesem Moment an dürfen Sie sich als Eltern bereits auf eine Art [[Begleiten|Begleitung]] zurückziehen. Ob das Kind diese Reife bereits erreicht hat, können Sie zum Beispiel daran erkennen, ob es mit den Regeln in der [[Schule]] (oder allenfalls im [[Musik]]- oder [[Sport|Sportunterricht]]) klarkommt, also ohne dass Sie als Eltern dauernd dabei sein müssen. Denn nur wenn das Kind bereits genügend [[Selbstvertrauen]] hat, seine Kameraden [[Respekt des Kindes|respektieren]] kann und umgekehrt sich dafür wehren kann, dass auch sein Wille respektiert wird, kann von einer erfolgreichen [[Sozialisation]] gesprochen werden.


Ein echter Prüfstein, ob die Erziehung in den ersten Jahren erfolgreich war, ist die [[Pubertät]]. Der Wille zur Selbstbestimmung bricht dann in Jugendlichen mehr oder weniger heftig aus. Das verlangt von Ihnen als Eltern in erster Linie, dass Sie [[loslassen]] können, denn wenn Sie Jugendliche in diesem Alter noch zurückhalten wollen, kommt es zwangsläufig zu massiven Konflikten, die Sie schon aus rein körperlichen Gründen in der Regel nicht mehr beherrschen können. Davon abgesehen sollte sich die Auseinandersetzung nun zudem nach ausserhalb der Familie verlagern. Das geht aber nur dann gefahrlos, wenn der Jugendliche schon als Kind erfahren konnte, dass seinem Willen Grenzen gesetzt werden und er seinerseits von den Eltern respektiert wurde. Dann ist der Jugendliche fähig, auch mit seinen Kameraden einen respektvollen Umgang zu kultivieren, auch wenn es mal zum einen oder anderen "[[Hahnenkampf]]" oder "[[Zickenkrieg]]" kommt.  
Ein echter Prüfstein, ob die Erziehung in den ersten Jahren erfolgreich war, ist die [[Pubertät]]. Der Wille zur Selbstbestimmung bricht dann in Jugendlichen mehr oder weniger heftig aus. Das verlangt von Ihnen als Eltern in erster Linie, dass Sie [[loslassen]] können, denn wenn Sie Jugendliche in diesem Alter noch zurückhalten wollen, kommt es zwangsläufig zu massiven Konflikten, die Sie schon aus rein körperlichen Gründen in der Regel nicht mehr beherrschen können. Davon abgesehen sollte sich die Auseinandersetzung nun zudem nach ausserhalb der Familie verlagern. Das geht aber nur dann gefahrlos, wenn der Jugendliche schon als Kind erfahren konnte, dass seinem Willen Grenzen gesetzt werden und er seinerseits von den Eltern respektiert wurde. Dann ist der Jugendliche fähig, auch mit seinen Kameraden einen respektvollen Umgang zu kultivieren, auch wenn es mal zum einen oder anderen [[Hahnenkampf]]oder [[Zickenkrieg]]kommt.  


Wurden dem Kind hingegen in den ersten Jahren nur ungenügend gelehrt mit Grenzen umzugehen, wird es in der Pubertät häufig sehr schnell gefährlich. Denn einerseits lauern die Versuchungen und Gefahren der Erwachsenenwelt und andererseits stossen gerade diese Jugendlichen regelmässig auf Leute mit den gleichen Problemen, sodass [[Gewalttätigkeit]] und [[Missbrauch]] schon fast zwangsläufige Folgen sind.
Wurden dem Kind hingegen in den ersten Jahren nur ungenügend gelehrt mit Grenzen umzugehen, wird es in der Pubertät häufig sehr schnell gefährlich. Denn einerseits lauern die Versuchungen und Gefahren der Erwachsenenwelt und andererseits stossen gerade diese Jugendlichen regelmässig auf Leute mit den gleichen Problemen, sodass [[Gewalttätigkeit]] und [[Missbrauch]] schon fast zwangsläufige Folgen sind.
Zeile 99: Zeile 99:
Das [[Ziel der Erziehung]] ist gemäss diesem Wiki [[Selbständigkeit]] und [[Beziehungsfähigkeit]]. Dazu ist nebst [[Selbstvertrauen]] eben auch ein [[freier Wille]] nötig. Ob und wann das erwachsene Kind dieses Ziel erreicht beziehungsweise überhaupt erreichen will, ist zwar mehr eine Frage seiner eigenen Persönlichkeit oder gehört gar zu seinem, wie auch immer definierten, [[Schicksal]]. Doch als Eltern haben Sie immerhin die einmalige Chance, dem Kind das Fundament dazu zu schaffen. Dieses Fundament muss in den ersten vier, entscheidenden Jahren gelegt werden.  
Das [[Ziel der Erziehung]] ist gemäss diesem Wiki [[Selbständigkeit]] und [[Beziehungsfähigkeit]]. Dazu ist nebst [[Selbstvertrauen]] eben auch ein [[freier Wille]] nötig. Ob und wann das erwachsene Kind dieses Ziel erreicht beziehungsweise überhaupt erreichen will, ist zwar mehr eine Frage seiner eigenen Persönlichkeit oder gehört gar zu seinem, wie auch immer definierten, [[Schicksal]]. Doch als Eltern haben Sie immerhin die einmalige Chance, dem Kind das Fundament dazu zu schaffen. Dieses Fundament muss in den ersten vier, entscheidenden Jahren gelegt werden.  


Die Zeit der [[Berufsbildung]], sei es in einem Lehrbetrieb oder an einer Hochschule, ist häufig auch die Zeit, in der sich Jugendliche und junge Erwachsene "die Hörner abstossen". Konflikte mit Autoritätspersonen, oder zumindest Infragestellungen, sind an der Tagesordnung. Diese Personen sind meistens aber bloss eine Projektionsfläche für Themen, die eigentlich die Eltern [[Phasen der Erziehung|in der ersten Jahren]] hätten lösen sollen, insbesondere eben [[Grenzen]]. Ausdruck des eigenen Willens sind auch [[Streitgespräche]] und [[Diskussionen]] über die Gesellschaft (insbesondere deren Ungerechtigkeit) und ähnliches. Es dürfte dabei eher die Regel als die Ausnahme sein, dass Ihnen die Ansichten Ihrer Kinder über "Gott und die Welt" als abstrus, unsinnig oder zumindest unüberlegt erscheinen. Das mag durchaus auch objektiv betrachtet so sein. Doch sollten Sie diese Mängel eher als eine gewisse Unbeholfenheit im Ausdruck betrachten. Üben Sie sich in [[Toleranz der Eltern|Toleranz]], ähnlich  wie Sie es damals machten, als das Kind zu sprechen begann und nur mit Mühe die richtigen Worte fand, geschweige denn die korrekte Aussprache oder  gar Grammatik. Das Thema wiederholt sich nämlich bei Jugendlichen ganz ähnlich: Primär geht es um die Opposition gegen das Bestehende - wofür die Eltern eher symbolisch stehen! - an sich, als um stringente Ausführungen. Statt also einfach alles gleich als Hirngespinst abzutun, sollten Sie nachfragen und so vom Jugendlichen [[Forderungen der Eltern|fordern]], seine Überlegungen zu begründen und zu überprüfen.
Die Zeit der [[Berufsbildung]], sei es in einem Lehrbetrieb oder an einer Hochschule, ist häufig auch die Zeit, in der sich Jugendliche und junge Erwachsene „die Hörner abstossen“. Konflikte mit Autoritätspersonen, oder zumindest Infragestellungen, sind an der Tagesordnung. Diese Personen sind meistens aber bloss eine Projektionsfläche für Themen, die eigentlich die Eltern [[Phasen der Erziehung|in der ersten Jahren]] hätten lösen sollen, insbesondere eben [[Grenzen]]. Ausdruck des eigenen Willens sind auch [[Streitgespräche]] und [[Diskussionen]] über die Gesellschaft (insbesondere deren Ungerechtigkeit) und ähnliches. Es dürfte dabei eher die Regel als die Ausnahme sein, dass Ihnen die Ansichten Ihrer Kinder über „Gott und die Welt“ als abstrus, unsinnig oder zumindest unüberlegt erscheinen. Das mag durchaus auch objektiv betrachtet so sein. Doch sollten Sie diese Mängel eher als eine gewisse Unbeholfenheit im Ausdruck betrachten. Üben Sie sich in [[Toleranz der Eltern|Toleranz]], ähnlich  wie Sie es damals machten, als das Kind zu sprechen begann und nur mit Mühe die richtigen Worte fand, geschweige denn die korrekte Aussprache oder  gar Grammatik. Das Thema wiederholt sich nämlich bei Jugendlichen ganz ähnlich: Primär geht es um die Opposition gegen das Bestehende - wofür die Eltern eher symbolisch stehen! - an sich, als um stringente Ausführungen. Statt also einfach alles gleich als Hirngespinst abzutun, sollten Sie nachfragen und so vom Jugendlichen [[Forderungen der Eltern|fordern]], seine Überlegungen zu begründen und zu überprüfen.


In dieser Zeit zeigt sich Ihr Erfolg in der Erziehung auch an der [[Ausdauer des Kindes|Ausdauer]] und an der [[Frustrationstoleranz]] bei der Ausbildung.  
In dieser Zeit zeigt sich Ihr Erfolg in der Erziehung auch an der [[Ausdauer des Kindes|Ausdauer]] und an der [[Frustrationstoleranz]] bei der Ausbildung.  
Zeile 110: Zeile 110:
Freier Wille bedeutet, dass ein Mensch Mittel und Wege findet, seine wirklichen Ziele zu erreichen. Ziele, die nicht bloss für den Menschen selbst sinnvoll sind, sondern auch für seine Umwelt von Nutzen sind. Es geht also darum, dass der Mensch sein ganzes [[Potential]] abrufen kann, all seine [[Kreativität]] leben kann, sodass er damit selbst [[Zufriedenheit]] und [[Glück]] findet und auch seine Mitmenschen erfreuen kann. Freier Wille ist denn auch ziemlich genau das Gegenteil von [[Egoismus]], denn er strebt nicht bloss nach kurzfristiger Befriedigung oder Gewinn an Materiellem, sondern dient höheren Zielen der Menschheit. Es geht also um eine innere [[Freiheit]].
Freier Wille bedeutet, dass ein Mensch Mittel und Wege findet, seine wirklichen Ziele zu erreichen. Ziele, die nicht bloss für den Menschen selbst sinnvoll sind, sondern auch für seine Umwelt von Nutzen sind. Es geht also darum, dass der Mensch sein ganzes [[Potential]] abrufen kann, all seine [[Kreativität]] leben kann, sodass er damit selbst [[Zufriedenheit]] und [[Glück]] findet und auch seine Mitmenschen erfreuen kann. Freier Wille ist denn auch ziemlich genau das Gegenteil von [[Egoismus]], denn er strebt nicht bloss nach kurzfristiger Befriedigung oder Gewinn an Materiellem, sondern dient höheren Zielen der Menschheit. Es geht also um eine innere [[Freiheit]].


Zu dieser inneren Freiheit ist grundsätzlich jeder Mensch fähig. Voraussetzung ist aber, dass der Wille in den [[Phasen der Erziehung|ersten, alles entscheidenden Jahren]] des Kindes von den Eltern entsprechend kultiviert wurde, ansonsten es später enorm schwierig wird. Kultiviert wird der Wille in erster Linie dadurch, dass dem Kind [[Grenzen]] gesetzt werden und umgekehrt die [[Grenzen des Kindes]] ebenso respektiert werden. Dafür sind ausschliesslich die [[Verantwortung der Eltern|Eltern zuständig]] (also weder die Schule noch die Nachbarn). Wenn das Kind in den ersten vier Jahren erst einmal gelernt hat, mit diese Kraft konstruktiv umzugehen, wird es seinen ganz individuellen Willen von alleine und [[selbst tun|selbst]] zum Guten weiterentwickeln. Es kann dann bereits in der (Vor)Schule seine Anliegen ausdrücken oder seine eigenen Ideen umsetzen. Gleichzeitig kann es auch Grenzen seiner Umwelt respektieren und ist seinerseits fähig, [[Nein des Kindes|"Nein!"]] zu sagen, das heisst sich zum Beispiel gegen [[Grenzüberschreitungen]] seiner [[Kameradschaft|Kameraden]] zu wehren.
Zu dieser inneren Freiheit ist grundsätzlich jeder Mensch fähig. Voraussetzung ist aber, dass der Wille in den [[Phasen der Erziehung|ersten, alles entscheidenden Jahren]] des Kindes von den Eltern entsprechend kultiviert wurde, ansonsten es später enorm schwierig wird. Kultiviert wird der Wille in erster Linie dadurch, dass dem Kind [[Grenzen]] gesetzt werden und umgekehrt die [[Grenzen des Kindes]] ebenso respektiert werden. Dafür sind ausschliesslich die [[Verantwortung der Eltern|Eltern zuständig]] (also weder die Schule noch die Nachbarn). Wenn das Kind in den ersten vier Jahren erst einmal gelernt hat, mit diese Kraft konstruktiv umzugehen, wird es seinen ganz individuellen Willen von alleine und [[selbst tun|selbst]] zum Guten weiterentwickeln. Es kann dann bereits in der (Vor)Schule seine Anliegen ausdrücken oder seine eigenen Ideen umsetzen. Gleichzeitig kann es auch Grenzen seiner Umwelt respektieren und ist seinerseits fähig, [[Nein des Kindes|„Nein!]] zu sagen, das heisst sich zum Beispiel gegen [[Grenzüberschreitungen]] seiner [[Kameradschaft|Kameraden]] zu wehren.


{{top}}
{{top}}

Navigationsmenü