Doppelbotschaften

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Eine Doppelbotschaft entsteht, wenn Eltern dem Kind verbal das eine sagen und nonverbal etwas anderes. Da Kinder von Natur aus ein sehr feines Gespür dafür haben, ob das, was Sie sagen, auch mit dem übereinstimmt, was Sie zum Beispiel mit Ihrer Stimme, Mimik oder Gestik ausdrücken, werden sie dadurch zumindest verwirrt, denn sie wissen nicht mehr, auf was sie sich nun verlassen sollen. Doppelbotschaften werden in aller Regel zwar unbewusst ausgesendet, sind also von eigentlichen Lügen zu unterscheiden, haben aber trotzdem eine ähnliche Wirkung.

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Formen und Ursachen

Eltern, die zweideutig kommunizieren, bringen dieses Verhalten in aller Regel schon aus ihrer eigenen Kindheit mit und sind sich der Problematik auch selten bewusst, zumal es weitgehend gesellschaftlichen Konventionen entspricht und meistens erst zum Beispiel im Rahmen einer Paartherapie als Thema auftaucht. Gründe dafür können zum Beispiel sein:

  • Anstand: Anstandsregeln dienen sehr häufig dazu, die tatsächliche Meinung oder die wirklichen Gefühle zu verbergen und dafür eine Art höfliche Fassade aufzusetzen. Was im Geschäftsleben noch einigermassen funktionieren mag, wird in Beziehungen sehr schnell problematisch. Anstandsregeln machen denn auch zumindest in den ersten, alles entscheidenden Phasen der Erziehung kaum Sinn und sollten, wenn schon als nötig erachtet, zumindest auf ihren Sinn überprüft werden.
  • Angst vor Liebesverlust: Viele Menschen fürchten, ihr Gegenüber vor den Kopf zu stossen, wenn sie die Wahrheit sagen, sodass sie dann vermeintlich nicht mehr geliebt werden. Dabei geht vergessen, dass man sich nur in Beziehungen die Wahrheit sagen kann, in denen ein intaktes Vertrauensverhältnis besteht. Dann aber wird eine Beziehung gestärkt, wenn man offen und ehrlich miteinander umgehen kann. Geht umgekehrt eine Beziehung in Brüche, weil Sie die Wahrheit sagen, war die Beziehung vermutlich nicht allzu tragfähig.
  • Angst vor Blösse: Häufig haben Menschen Angst davor, ihre wirklichen Gefühle oder Gedanken zu offenbaren, weil sie sich dafür schämen. Nehmen Sie sich doch Ihre Kinder zum Vorbild: sie sind immer offen und ehrlich - und werden von Ihnen "trotzdem" geliebt (oder vielleicht sogar gerade darum). Es gibt also keinen Grund, sich zu schämen!
  • Manipulation: Gerne werden Absichten nicht offen gezeigt, weil sie - tatsächlich oder auch bloss vermeintlich - unlauter sind. Wenn Sie zum Beispiel das Kind zum lächeln bringen wollen, weil gerade ein Photo ansteht, und dazu ein Lächeln Ihrerseits aufsetzen, versuchen Sie zu manipulieren. Kinder spüren sehr genau, ob Ihr Lächeln echt ist oder nicht. Die eine Botschaft lautet dann "Meine Mutter freut sich" (das aufgesetzte Lächeln) und die andere "Meine Mutter will etwas von mir" (die tatsächliche Absicht). Im besten Fall protestiert das Kind, im schlechtesten Fall aber resigniert es oder übernimmt irgendwann das manipulative Verhalten.
  • Schummeln: Schliesslich wird auch gern geschummelt, wenn es darum geht, etwas leichter zum Ziel zu kommen. Die Absicht dahinter mag unproblematisch sein, trotzdem entsteht ein Widerspruch zwischen dem Gesagten und dem Beabsichtigten. So ist die Versuchung gross, dem Kind zum Beispiel damit zu drohen, dass der Onkel sehr traurig würde, wenn er zum Abschied keinen Kuss bekäme. Diese Drohung mag zwar funktionieren, doch sollten Sie sich schon Gedanken darüber machen, weshalb ein Kind zu einer Liebkosung verleitet werden soll, zu der er es freiwillig nicht bereit wäre.

Die Ursachen für Doppelbotschaften scheinen eher harmloser Natur zu sein, zumal kaum je eine schlechte Absicht dahintersteckt, doch sind die Folgen in der Kommunikation, gerade mit Kindern, sehr problematisch.

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Mögliche Folgen

Kinder vertrauen ihren Eltern von Natur aus vollkommen, sie glauben zunächst einmal alles, was Sie ihnen sagen. Sie haben aber auch ein sehr feines, beziehungsweise ein noch intaktes, Gespür. Weicht nun das Gehörte von dem ab, was sie spüren, entsteht ein Widerspruch, mit sie noch nicht umgehen können (und mit dem im übrigen auch Erwachsene Mühe haben!).

  • Verwirrung: Die häufigste Folge ist, dass das Kind verwirrt wird. Kann das Kind noch nicht sprechen, sehen Sie diese Verwirrung an seiner Mimik und Gestik. Das fordert Ihre Aufmerksamkeit und sollte Ihnen Anlass sein zu überdenken, was Sie gerade gesagt haben und sich allenfalls zu korrigieren.
  • Missverständnisse: Da Kinder beide Botschaften wahrnehmen, tendenziell aber der nonverbalen (weil ehrlicheren!) den Vorzug geben, sind Missverständnisse in der Kommunikation vorprogrammiert, was wiederum das Vertrauen beeinträchtigt. Vertrauen aber ist die Grundlage jeder Beziehung, auch der Erziehung. Wenn das Kind schon zu zweifeln beginnt, ob es seinen eigenen Eltern wirklich vertrauen kann, wird es entsprechend wenig Selbstvertrauen aufbauen können.
  • Protest: Je nach Temperament kann ein Kind auch mit Protest reagieren. Häufig passiert das, wenn es immer wieder bloss vertröstet wird, statt wirklichen Trost erhält. Wenn es zum Beispiel wütend ist, weil Sie nicht mit ihm spielen wollten, Sie den Zeitmangel jedoch bloss vorgeschoben haben, weil Sie eigentlich schlicht keine Lust zum spielen hatten, wird es das irgendwann durchschauen und nicht mehr einfach so akzeptieren. Seien Sie also besser offen und ehrlich und sagen Sie, was Sache ist. Damit kann es auf jeden Fall besser umgehen!
  • Resignation: Es gibt aber auch Kinder, die ihre Wut ob der Verwirrung und Missverständnisse nach innen richten und resignieren.

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Vermeidung von Doppelbotschaften

Das grösste Problem von Doppelbotschaften ist, dass man sich ihner kaum je von selbst bewusst wird. In der Regel braucht es schon einen Konflikt, insbesondere unter Partnern, um darauf aufmerksam zu werden. Besteht zwischen den Eltern genügend Vertrauen, kann es hilfreich sein, dass Sie sich gegenseitig darauf aufmerksam machen. Beschränken Sie sich aber zunächst auf Situationen, die Sie zwischen Ihrem Partner und dem Kind beobachten, also nicht solchen zwischen Ihnen und Ihrem Partner, ansonsten es schnell kompliziert und konfliktreich werden kann (gerade Eltern von Kleinkindern haben in der Regel nicht mehr genügend Kapazität um auch noch die eigene Beziehung anzuschauen).

Vor allem in der Phase der Willensbildung fürchten sich viele Eltern, dem Kind auch "Nein!" zu sagen, aus lauter Angst, das Kind könnte ihnen deswegen "böse" sein. Allerdings bewirken sie damit ziemlich genau das Gegenteil. Das Kind braucht jetzt Klarheit, also Ihr eindeutiges "Ja" oder eben Ihr konsequentes "Nein!". Sprechen Sie das "Nein!" laut und deutlich aus, so spüren Sie selbst, ob Sie davon wirklich überzeugt sind und das Kind weiss, woran es ist. Und wenn es darauf zu toben beginnt, müssen Sie lernen, angemessen auf das Toben zu reagieren. Danach ist eine Versöhnung möglich und Sie werden staunen, dass sich Ihre Beziehung zum Kind dadurch verstärkt und nicht etwa gefährdet wird! Klartext zu sprechen ist also das beste Mittel, um Doppelbotschaften möglichst zu vermeiden. Und Sie können es am einfachsten von Ihren Kindern lernen!

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Übergeordnetes Thema

Vertrauensbildung (erstes Phase der Erziehung)

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Das "Zweimalzwei der Erziehung" ist zum Teil noch im Aufbau. Allfällige Fragen oder Feedback sind willkommen: Email

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