Verwöhnen: Unterschied zwischen den Versionen

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Verwöhnen bedeutet, dass Eltern für ihr Kind übermässig Gutes tun. Übermässig kann sowohl positiv als auch negativ sein, denn es kann einerseits mehr sein als erwartet oder gefordert (positiv), es kann aber auch schlicht zu viel sein oder gar mit schlechter Absicht (negativ). Der Unterschied ist gerade in der Erziehung besonders wichtig:
Verwöhnen bedeutet, dass Eltern für ihr Kind übermässig Gutes tun. Übermässig kann sowohl positiv als auch negativ sein, denn es kann einerseits mehr sein als erwartet oder gefordert (positiv), es kann aber auch schlicht zu viel sein oder gar mit schlechter Absicht (negativ). Der Unterschied ist gerade in der Erziehung besonders wichtig:
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==Verwöhnen und Selbständigkeit==
==Verwöhnen und Selbständigkeit==
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Wenn Sie dem Kind hingegen in den ersten Jahren Dinge abnehmen, die es selbst könnte, würden Sie es in einem negativen Sinn verwöhnen, was sehr [[kontraproduktiv]] wäre: Das Kind wird nämlich sehr schnell lernen, dass es einfach warten kann, bis Sie ihm zum Beispiel die Jacke ausziehen (und womöglich noch verräumen), den heruntergefallenen Löffel aufhaben, obwohl es das alles schon selbst könnte. Und irgendwann wird das Kind [[resignieren]] und [[Bequemlichkeit des Kindes|bequem]] werden, weil es seine Fähigkeiten, die es eigentlich von Natur aus hätte, nicht einsetzen kann. Wenn Sie hingegen das Kind konsequent alles selbst machen lassen, wozu es Lust hat, kann es sich an seinen [[Erfolg|Erfolgen]] erfreuen und gewinnt an [[Selbstvertrauen]]. Lassen Sie das Kind also zum Beispiel das Butterbrot selbst streichen, wenn es mag - und nehmen Sie anfangs ein paar verschmierte Finger in Kauf!
Wenn Sie dem Kind hingegen in den ersten Jahren Dinge abnehmen, die es selbst könnte, würden Sie es in einem negativen Sinn verwöhnen, was sehr [[kontraproduktiv]] wäre: Das Kind wird nämlich sehr schnell lernen, dass es einfach warten kann, bis Sie ihm zum Beispiel die Jacke ausziehen (und womöglich noch verräumen), den heruntergefallenen Löffel aufhaben, obwohl es das alles schon selbst könnte. Und irgendwann wird das Kind [[resignieren]] und [[Bequemlichkeit des Kindes|bequem]] werden, weil es seine Fähigkeiten, die es eigentlich von Natur aus hätte, nicht einsetzen kann. Wenn Sie hingegen das Kind konsequent alles selbst machen lassen, wozu es Lust hat, kann es sich an seinen [[Erfolg|Erfolgen]] erfreuen und gewinnt an [[Selbstvertrauen]]. Lassen Sie das Kind also zum Beispiel das Butterbrot selbst streichen, wenn es mag - und nehmen Sie anfangs ein paar verschmierte Finger in Kauf!
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==Verwöhnen und Verantwortung==
==Verwöhnen und Verantwortung==
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Lehren Sie dem Kind auch schon möglichst früh, dass es für sein Spielzeug selbst verantwortlich ist. Das beginnt schon damit, dass es zum Beispiel selbst entscheiden darf, ob es das Dreirad mit auf den Spaziergang nehmen darf, dieses aber nicht einfach irgendwo stehen lassen darf, sondern auch wieder zurückfahren muss. Je früher Sie damit beginnen, desto besser. Zum Beispiel können Sie ruhig dem Kind überlassen, wann es einen Schnuller braucht, ihm aber lehren, dass es diesen bei Nichtgebrauch in seiner eigenen Tasche versorgt, ohne dass Sie dauernd wie ein Besenwagen dem Kind hinterherlaufen.
Lehren Sie dem Kind auch schon möglichst früh, dass es für sein Spielzeug selbst verantwortlich ist. Das beginnt schon damit, dass es zum Beispiel selbst entscheiden darf, ob es das Dreirad mit auf den Spaziergang nehmen darf, dieses aber nicht einfach irgendwo stehen lassen darf, sondern auch wieder zurückfahren muss. Je früher Sie damit beginnen, desto besser. Zum Beispiel können Sie ruhig dem Kind überlassen, wann es einen Schnuller braucht, ihm aber lehren, dass es diesen bei Nichtgebrauch in seiner eigenen Tasche versorgt, ohne dass Sie dauernd wie ein Besenwagen dem Kind hinterherlaufen.
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==Verwöhnen und Abhängigkeit==
==Verwöhnen und Abhängigkeit==
Verwöhnen kann aber nicht nur zu Unselbständigkeit führen, sondern gar zu [[Abhängigkeit]]. Wenn Eltern Angst davor haben, ihr Kind [[loslassen|loszulassen]], werden sie bewusst oder unbewusst alles unternehmen, um dem Kind zeigen zu können, dass es ohne ihre [[Helfen|Hilfe]] nicht auskommt. Bieten Sie dem Kind deshalb nur Hilfe an, wenn es danach verlangt. [[Respekt der Eltern|Respektieren]] Sie zunächst die [[Fähigkeiten]] des Kindes, auch wenn diese anfangs noch nicht ganz entwickelt sind und dem Kind noch nicht alles auf Anhieb gelingt. Ein gutes "Übungsfeld" ist die Sprachentwicklung: Die Worte des Kindes mögen anfangs schwer verständlich sein, da das Kind noch nicht alle Silben gleich gut aussprechen kann. [[Ermuntern]] Sie das Kind, indem Sie ihm zum Beispiel das Wort oder den Satz deutlich, aber zustimmend, wiederholen: Sie zeigen ihm damit, dass Sie sich über seine Worte freuen und es verstanden haben. Oder wenn das Kind etwas zu einem Fremden sagt, der gar nichts verstehen kann, ermuntern Sie das Kind, es nochmals zu sagen. Wenn Sie stattdessen dem Fremden einfach in Ihren eigenen Worten sagen, was das Kind wollte, zeigen Sie damit, dass Sie dem Kind nicht zumuten, dass es sich selbst ausdrücken und verständlich machen kann. Das wäre nichts anderes als ein Zeichen von mangelnden [[Vertrauen  des Kindes|Vertrauen]] in Ihr Kind!
Verwöhnen kann aber nicht nur zu Unselbständigkeit führen, sondern gar zu [[Abhängigkeit]]. Wenn Eltern Angst davor haben, ihr Kind [[loslassen|loszulassen]], werden sie bewusst oder unbewusst alles unternehmen, um dem Kind zeigen zu können, dass es ohne ihre [[Helfen|Hilfe]] nicht auskommt. Bieten Sie dem Kind deshalb nur Hilfe an, wenn es danach verlangt. [[Respekt der Eltern|Respektieren]] Sie zunächst die [[Fähigkeiten]] des Kindes, auch wenn diese anfangs noch nicht ganz entwickelt sind und dem Kind noch nicht alles auf Anhieb gelingt. Ein gutes "Übungsfeld" ist die Sprachentwicklung: Die Worte des Kindes mögen anfangs schwer verständlich sein, da das Kind noch nicht alle Silben gleich gut aussprechen kann. [[Ermuntern]] Sie das Kind, indem Sie ihm zum Beispiel das Wort oder den Satz deutlich, aber zustimmend, wiederholen: Sie zeigen ihm damit, dass Sie sich über seine Worte freuen und es verstanden haben. Oder wenn das Kind etwas zu einem Fremden sagt, der gar nichts verstehen kann, ermuntern Sie das Kind, es nochmals zu sagen. Wenn Sie stattdessen dem Fremden einfach in Ihren eigenen Worten sagen, was das Kind wollte, zeigen Sie damit, dass Sie dem Kind nicht zumuten, dass es sich selbst ausdrücken und verständlich machen kann. Das wäre nichts anderes als ein Zeichen von mangelnden [[Vertrauen  des Kindes|Vertrauen]] in Ihr Kind!
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==Verwöhnen und Missbrauch==
==Verwöhnen und Missbrauch==
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==Verwöhnen und Grundbedürfnisse==
==Verwöhnen und Grundbedürfnisse==
In den [[Phasen der Erziehung|beiden ersten Jahren]] hat das Kind noch keine [[Wünschen|Wünsche]], sondern ausschliesslich [[Grundbedürfnisse des Kindes|Grundbedürfnisse]]. Diese sollten Sie als Eltern möglichst immer und sofort befriedigen. Denn damit bestätigen Sie das [[Vertrauen der Eltern|Vertrauen]], das das Kind in Sie hat und es kann seinerseits [[Selbstvertrauen]] entwickeln. In dieser Phase gibt es kein Verwöhnen, jedenfalls nicht im negativen Sinn. Sie dürfen, ja sollen, dem Kind möglichst alles geben, was es verlangt und wonach es Lust hat: Nehmen Sie das Kind also hoch, wenn es gehalten werden will und lassen Sie es so lange schlafen, wie es schläft (die einzige Grenze sind Ihre eigenen Kräfte und [[Bedürfnisse der Eltern|Bedürfnisse]]). Diese Phase endet mit der [[Willensbildung]] (in der Regel etwa im dritten Lebensjahr).
In den [[Phasen der Erziehung|beiden ersten Jahren]] hat das Kind noch keine [[Wünschen|Wünsche]], sondern ausschliesslich [[Grundbedürfnisse des Kindes|Grundbedürfnisse]]. Diese sollten Sie als Eltern möglichst immer und sofort befriedigen. Denn damit bestätigen Sie das [[Vertrauen der Eltern|Vertrauen]], das das Kind in Sie hat und es kann seinerseits [[Selbstvertrauen]] entwickeln. In dieser Phase gibt es kein Verwöhnen, jedenfalls nicht im negativen Sinn. Sie dürfen, ja sollen, dem Kind möglichst alles geben, was es verlangt und wonach es Lust hat: Nehmen Sie das Kind also hoch, wenn es gehalten werden will und lassen Sie es so lange schlafen, wie es schläft (die einzige Grenze sind Ihre eigenen Kräfte und [[Bedürfnisse der Eltern|Bedürfnisse]]). Diese Phase endet mit der [[Willensbildung]] (in der Regel etwa im dritten Lebensjahr).
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==Verwöhnen und Überfluss==
==Verwöhnen und Überfluss==
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* und überhaupt um [[Reizüberflutung]].
* und überhaupt um [[Reizüberflutung]].
Überfluss wirkt auf Kinder lähmend, denn sie verlieren die [[Motivation]], etwas [[selbst tun|selbst zu tun]] und erreichen zu wollen. Im Extremfall hat das Kind nicht einmal mehr Wünsche (oder nur noch völlig masslose), weil es schon alles hat. Gegen Überfluss hilft nur das Mittel der [[Künstliche Verknappung|"künstlichen Verknappung"]]. Das heisst als Eltern müssen Sie eine [[Grenzen|Grenze]] setzen. Bieten Sie zum Beispiel dem Kind erstens nur zu den [[Essrhythmus|regelmässigen Essenzeiten]] Essen an und respektieren Sie zweitens, wenn das Kind keinen Appetit hat. Füllen Sie den Teller auch nur so, dass Sie davon ausgehen können, dass es alles aufessen mag und von sich aus nach mehr verlangen kann. Süssigkeiten sollten Sie zudem in den beiden ersten Jahren ganz vermeiden, da Zucker (auch künstlicher!) in diesem Alter schlicht zu einer [[Reizüberflutung]] führt.
Überfluss wirkt auf Kinder lähmend, denn sie verlieren die [[Motivation]], etwas [[selbst tun|selbst zu tun]] und erreichen zu wollen. Im Extremfall hat das Kind nicht einmal mehr Wünsche (oder nur noch völlig masslose), weil es schon alles hat. Gegen Überfluss hilft nur das Mittel der [[Künstliche Verknappung|"künstlichen Verknappung"]]. Das heisst als Eltern müssen Sie eine [[Grenzen|Grenze]] setzen. Bieten Sie zum Beispiel dem Kind erstens nur zu den [[Essrhythmus|regelmässigen Essenzeiten]] Essen an und respektieren Sie zweitens, wenn das Kind keinen Appetit hat. Füllen Sie den Teller auch nur so, dass Sie davon ausgehen können, dass es alles aufessen mag und von sich aus nach mehr verlangen kann. Süssigkeiten sollten Sie zudem in den beiden ersten Jahren ganz vermeiden, da Zucker (auch künstlicher!) in diesem Alter schlicht zu einer [[Reizüberflutung]] führt.
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==Verwöhnen und Wünsche==
==Verwöhnen und Wünsche==
Wenn das Kind seinen [[Willensbildung|Willen zu entwickeln beginnt]], braucht es [[Grenzen]]. Das ist ziemlich genau das Gegenteil von verwöhnt werden: Das Kind muss spüren, dass es auch noch Bedürfnisse anderer Menschen gibt, die seiner Entfaltung entgegenstehen können. Wenn der Sohn zum Beispiel plötzlich die Blumen aus des Nachbarn Garten auszureissen beginnt, muss Ihre Antwort darauf [[Nein der Eltern|"Nein!"]] lauten. Wenn Sie das hingegen dulden und zum Beispiel einfach noch mehr Blumen zum Ausreissen pflanzen, würden Sie das Kind auf eine ungesunde Art und Weise verwöhnen. Denn Blumen ausreisen mag zwar für ein Kind lustig sein, entspricht aber nicht etwa einem [[Grundbedürfnisse des Kindes|Grundbedürfnis]]!
Wenn das Kind seinen [[Willensbildung|Willen zu entwickeln beginnt]], braucht es [[Grenzen]]. Das ist ziemlich genau das Gegenteil von verwöhnt werden: Das Kind muss spüren, dass es auch noch Bedürfnisse anderer Menschen gibt, die seiner Entfaltung entgegenstehen können. Wenn der Sohn zum Beispiel plötzlich die Blumen aus des Nachbarn Garten auszureissen beginnt, muss Ihre Antwort darauf [[Nein der Eltern|"Nein!"]] lauten. Wenn Sie das hingegen dulden und zum Beispiel einfach noch mehr Blumen zum Ausreissen pflanzen, würden Sie das Kind auf eine ungesunde Art und Weise verwöhnen. Denn Blumen ausreisen mag zwar für ein Kind lustig sein, entspricht aber nicht etwa einem [[Grundbedürfnisse des Kindes|Grundbedürfnis]]!


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Wünsche sollten Sie nicht einfach deshalb erfüllen, weil Sie die finanziellen (oder sonstigen) Mittel dazu haben, sondern weil sie spüren, dass das Kind auch bereit ist, etwas dafür zu tun. Diese [[Anstrengen|Anstrengung]] muss nicht zwingend eine Aktivität sein, sondern kann sich auch in [[Geduld]] oder [[Ausdauer]] ausdrücken. Versuchen Sie also eine gewisse Spannung aufrecht zu halten und beobachten Sie zunächst, wieviel der Wunsch dem Kind wirklich wert ist. Wenn Sie hingegen immer gleich jeden Wunsch erfüllen, wir das Kind [[Bequemlichkeit des Kindes|bequem]] oder muss sich immer noch grössere Wünsche einfallen lassen, um eine [[Grenzen|Grenze]] spüren zu können. Ein solches Verwöhnen wäre also ausgebrochen [[kontraproduktiv]].
Wünsche sollten Sie nicht einfach deshalb erfüllen, weil Sie die finanziellen (oder sonstigen) Mittel dazu haben, sondern weil sie spüren, dass das Kind auch bereit ist, etwas dafür zu tun. Diese [[Anstrengen|Anstrengung]] muss nicht zwingend eine Aktivität sein, sondern kann sich auch in [[Geduld]] oder [[Ausdauer]] ausdrücken. Versuchen Sie also eine gewisse Spannung aufrecht zu halten und beobachten Sie zunächst, wieviel der Wunsch dem Kind wirklich wert ist. Wenn Sie hingegen immer gleich jeden Wunsch erfüllen, wir das Kind [[Bequemlichkeit des Kindes|bequem]] oder muss sich immer noch grössere Wünsche einfallen lassen, um eine [[Grenzen|Grenze]] spüren zu können. Ein solches Verwöhnen wäre also ausgebrochen [[kontraproduktiv]].
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