Vertrösten: Unterschied zwischen den Versionen

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Während der Phase der [[Vertrauensbildung]] hat das Kind ausschliesslich [[Grundbedürfnisse des Kindes|Grundbedürfnisse]], das heisst Bedürfnisse, die sofort und bedingungslos befriedigt werden sollten. Es kann in diesem Alter nicht warten, da es noch keine Vorstellung einer Zukunft hat. Spätestens wenn das Kind [[Schreiendes Kleinkind|schreit]], müssen Sie deshalb möglichst immer und sofort reagieren. Es ist keine Frage der Geduld oder des guten Willens, ob ein hungriges Kind warten kann:  es ist dazu schlicht noch nicht fähig. Wenn Sie ihm sagen, es solle doch noch ein wenig warten, kann es das nicht verstehen, es ist mit Ihrer Aufforderung schlicht [[Überforderung des Kindes|überfordert]]. Als Mutter sollten Sie sich deshalb möglichst so einrichten, dass Sie das Kind überall und jederzeit [[stillen]] können (und als Vater können Sie die Mutter darin unterstützen).
Während der Phase der [[Vertrauensbildung]] hat das Kind ausschliesslich [[Grundbedürfnisse des Kindes|Grundbedürfnisse]], das heisst Bedürfnisse, die sofort und bedingungslos befriedigt werden sollten. Es kann in diesem Alter nicht warten, da es noch keine Vorstellung einer Zukunft hat. Spätestens wenn das Kind [[Schreiendes Kleinkind|schreit]], müssen Sie deshalb möglichst immer und sofort reagieren. Es ist keine Frage der Geduld oder des guten Willens, ob ein hungriges Kind warten kann:  es ist dazu schlicht noch nicht fähig. Wenn Sie ihm sagen, es solle doch noch ein wenig warten, kann es das nicht verstehen, es ist mit Ihrer Aufforderung schlicht [[Überforderung des Kindes|überfordert]]. Als Mutter sollten Sie sich deshalb möglichst so einrichten, dass Sie das Kind überall und jederzeit [[stillen]] können (und als Vater können Sie die Mutter darin unterstützen).


Nun bringt es gerade das moderne Leben natürlich mit sich, dass Sie nicht immer und sofort zur Stelle sein können, wenn dem Kind etwas fehlt, weil Sie zum Beispiel auswärts arbeiten müssen oder zuerst noch kochen müssen. Beginnt das Kind deswegen zu [[Schreiendes Kleinkind|schreien]], braucht es zumindest [[Trost]], bedingungslos und sofort, das hilft immer! Vertrösten Sie es nicht etwa mit Süssigkeiten oder Versprechungen für die Zukunft.  Es braucht nichts anderes als Ihre persönliche Zuwendung. Das alltägliche Leben bereitet dem Kleinkind immer wieder manche Unbill, vom verlorenen Schnuller über den zu heissen Brei bis zum liebgewonnenen Grossvater, dessen Besuch zu Ende geht, auf die es häufig mit [[Trauer des Kindes|Trauer]] oder [[Angst]] reagiert. Diese Reaktionen sind fast immer existenziell, das heisst, für das Kind geht in diesem Moment um alles oder nichts. [[Verharmlosen|Verharmlosungen]] ("Das ist doch nicht so schlimm!") helfen dem Kind nichts, sind ganz im Gegenteil ausgesprochen [[kontraproduktiv]]. Das Kind braucht einzig wirklichen Trost, der alles gleich wieder vergessen macht.
Nun bringt es gerade das moderne Leben natürlich mit sich, dass Sie nicht immer und sofort zur Stelle sein können, wenn dem Kind etwas fehlt, weil Sie zum Beispiel auswärts arbeiten müssen oder zuerst noch kochen müssen. Beginnt das Kind deswegen zu [[Schreiendes Kleinkind|schreien]], braucht es zumindest [[Trost]], bedingungslos und sofort, das hilft immer! Vertrösten Sie es nicht etwa mit [[Süssigkeiten]] oder Versprechungen für die Zukunft.  Es braucht nichts anderes als Ihre persönliche Zuwendung. Das alltägliche Leben bereitet dem Kleinkind immer wieder manche Unbill, vom verlorenen Schnuller über den zu heissen Brei bis zum liebgewonnenen Grossvater, dessen Besuch zu Ende geht, auf die es häufig mit [[Trauer des Kindes|Trauer]] oder [[Angst]] reagiert. Diese Reaktionen sind fast immer existenziell, das heisst, für das Kind geht in diesem Moment um alles oder nichts. [[Verharmlosen|Verharmlosungen]] ("Das ist doch nicht so schlimm!") helfen dem Kind nichts, sind ganz im Gegenteil ausgesprochen [[kontraproduktiv]]. Das Kind braucht einzig wirklichen Trost, der alles gleich wieder vergessen macht.


Eine besondere Form der Vertröstung kann [[Spielzeug]] darstellen, wenn damit das Kind vom elterlichen [[Alltag]] ferngehalten werden soll. Kinder [[Lernen des Kindes|lernen]] insbesondere durch [[Nachahmen des Kindes|Nachahmung]], sie wollen deshalb zum Beispiel beim [[Kochen]] dabei sein und [[Mithelfen|"mithelfen"]]. Überlegen Sie sich deshalb immer zuerst, wie Sie das Kind [[miteinbeziehen]] können, indem Sie ihm irgendein Gefäss zum "selber kochen" geben, bevor Sie ihm einfach einen Spielkochherd kaufen und es zum Spielen fortschicken, weil Sie sich sonst gestört fühlen.
Eine besondere Form der Vertröstung kann [[Spielzeug]] darstellen, wenn damit das Kind vom elterlichen [[Alltag]] ferngehalten werden soll. Kinder [[Lernen des Kindes|lernen]] insbesondere durch [[Nachahmen des Kindes|Nachahmung]], sie wollen deshalb zum Beispiel beim [[Kochen]] dabei sein und [[Mithelfen|"mithelfen"]]. Überlegen Sie sich deshalb immer zuerst, wie Sie das Kind [[miteinbeziehen]] können, indem Sie ihm irgendein Gefäss zum "selber kochen" geben, bevor Sie ihm einfach einen Spielkochherd kaufen und es zum Spielen fortschicken, weil Sie sich sonst gestört fühlen.
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===Frustration===
===Frustration===
Vor allem wenn Vertröstungen auch noch mit leeren [[Versprechen|Versprechungen]] oder gar [[Drohen|Drohungen]] verbunden werden, kann das für das Kind frustrierend wirken. Sein Wille schiesst dann gewissermassen ins Leere, statt dass er auf Widerstand stösst und dadurch geformt werden kann. Entsprechend sinkt seine [[Frustrationstoleranz]] und das Kind hat schnell Mühe mit Misserfolgen und schreckt vor Herausforderungen zurück.
Vor allem, wenn Vertröstungen auch noch mit leeren [[Versprechen|Versprechungen]] oder gar [[Drohen|Drohungen]] verbunden werden, kann das für das Kind frustrierend wirken. Sein Wille schiesst dann gewissermassen ins Leere, statt dass er auf Widerstand stösst und dadurch geformt werden kann. Entsprechend sinkt seine [[Frustrationstoleranz]] und das Kind hat schnell Mühe mit Misserfolgen und schreckt vor Herausforderungen zurück.


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===Resignation===
===Resignation===
Im Extremfall kann ewiges Vertröstetwerden zu [[Resignieren|Resignation]] führen. Vertrösten bedeutet immer, die wirklichen Bedürfnisse und Gefühle des Kindes zu ignorieren, oder doch bloss [[halbherzig]] zu [[Beachtung|beachten]]. Ignoriertwerden kann vom Kind durchaus als eine Form der [[Gewalttätige Eltern|Gewalt]] empfunden werden. Das eigentlich Gefährliche an der Resignation ist, dass der Wille nicht etwa einfach verschwindet, sondern er verkümmert gewissermassen im Keller des Bewusstseins und dringt früher oder später unkontrolliert durch, sodass sich aus der an sich gesunden [[Wut]] nur allzu gerne [[Ersatzgefühle]] wie [[Ärger]] oder gar [[Hass]] entwickeln, die entsprechend destruktiv wirken.
Im Extremfall kann ewiges Vertröstet werden zu [[Resignieren|Resignation]] führen. Vertrösten bedeutet immer, die wirklichen Bedürfnisse und Gefühle des Kindes zu ignorieren, oder doch bloss [[halbherzig]] zu [[Beachtung|beachten]]. Ignoriert werden kann vom Kind durchaus als eine Form der [[Gewalttätige Eltern|Gewalt]] empfunden werden. Das eigentlich Gefährliche an der Resignation ist, dass der Wille nicht etwa einfach verschwindet, sondern er verkümmert gewissermassen im Keller des Bewusstseins und dringt früher oder später unkontrolliert durch, sodass sich aus der an sich gesunden [[Wut]] nur allzu gerne [[Ersatzgefühle]] wie [[Ärger]] oder gar [[Hass]] entwickeln, die entsprechend destruktiv wirken.


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===Sucht===
===Sucht===
Unbefriedigte [[Grundbedürfnisse des Kindes]] sind schliesslich der eigentliche Nährboden für späteres, [[Sucht|süchtiges Verhalten]]: Der Mensch sucht nach dem, von dem er weiss, dass er eigentlich einen Anspruch darauf hätte beziehungsweise eben damals als Kleinkind einen Anspruch hatte. Die [[Ersatzbefriedigung]] besteht dann häufig in Form von [[Drogen|Drogenkonsum]]. Drogen, ob legale oder illegale spielt keine Rolle, werden gerne, aber meistens unbewusst, aus dem Bedürfnis nach [[Trost]] eingenommen.
Unbefriedigte [[Grundbedürfnisse des Kindes]] sind schliesslich der eigentliche Nährboden für späteres, [[Sucht|süchtiges Verhalten]]: Der Mensch sucht nach dem, von dem er weiss, dass er eigentlich einen Anspruch darauf hätte beziehungsweise eben damals als Kleinkind einen Anspruch hatte. Die [[Ersatzbefriedigung]] besteht dann häufig in Form von [[Drogen|Drogenkonsum]]. Drogen, ob legale oder illegale spielt keine Rolle, werden gerne, aber meistens unbewusst, aus dem Bedürfnis nach [[Trost]] eingenommen. Süssigkeiten können deshalb niemals den wirklichen [[Trost]] ersetzen.


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