Vereinbaren: Unterschied zwischen den Versionen

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#REDIRECT [[Vereinbarungen]]
 
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Wenn das Kind beginnt seinen [[Willensbildung|Willen zu entwickeln]], in der Regel etwa im dritten Lebensjahr, braucht es nicht mehr nur das [[Ja der Eltern|"Ja"]] seiner Eltern, sondern auch das [[Nein der Eltern|"Nein!"]], also [[Grenzen]]. Das beste Mittel dazu sind [[Regeln]], die gemeinsam zwischen den Eltern und dem Kind vereinbart werden, Vereinbarungen eben (im Gegensatz zu Abmachungen, die einseitig von den Eltern aufgestellt werden).
 
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In der Phase der [[Vertrauensbildung]] genügt es, wenn Sie die [[Regeln]] von sich aus einfach [[abmachen]], also ohne dass das Kind mit Ihnen verhandelt. Denn das Kind [[Vertrauen des Kindes|vertraut]] Ihnen ja noch vollkommen und wird grundsätzlich alles akzeptieren, was von Ihnen kommt. Sie müssen sich bloss vergewissern, dass das Kind die Abmachung verstanden und somit akzeptiert hat (und danach auch die Einhaltung kontrollieren). Wenn es also zum Beispiel auf den Spielplatz gehen will, sagen Sie ihm einfach, dass Sie zuerst zusammen einkaufen gehen und danach auf den Spielplatz. Ihr überzeugender Tonfall wird da schon vollkommen genügen. In diesem Alter wäre das Kind zudem [[Überforderung des Kindes|überfordert]], wenn Sie es zum Verhandeln auffordern würden: Es kennt noch keine Absichten, es verlangt bloss, dass seine [[Grundbedürfnisse des Kindes|Grundbedürfnisse]] befriedigt werden.
 
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Vereinbarungen sind also erst möglich, wenn das Kind seinen [[Willensbildung|Willen zu entwickeln]] beginnt und aufgehört hat, Abmachungen einfach stillschweigend zu befolgen. Es hat nun nämlich gemerkt, dass es mit seinem Willen etwas erreichen kann und dass sich da folglich ein gewisser Verhandlungsspielraum auftut. Diese Energie sollten Sie als Eltern unbedingt nutzen und nicht etwa als [[Zwängen|Zwängerei]] abtun. Das Kind lernt seinen Willen gewissermassen zu kultivieren, indem es die Anliegen seiner Umwelt, insbesondere seiner Eltern, mitberücksichtigen muss, statt einfach alles [[Egoismus des Kindes|egoistisch]] durchzusetzen.
 
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===Gegenseitigkeit===
Vereinbarungen unterscheiden sich von Abmachungen dadurch, dass sie durch [[Verhandeln]] zwischen den Eltern und dem Kind getroffen werden: Während die [[Abmachungen|Abmachung]] einseitig von den Eltern dem Kind mitgeteilt wird, ist die Vereinbarung schon mehr eine partnerschaftliche Angelegenheit, wobei Sie als Eltern aufgrund der [[Hierarchie|hierarchischen]] Stellung in der Regel die Führung übernehmen (je nach [[Temperament]] des Kindes kann zum Beispiel die Initiative dazu aber auch schon von ihm aus kommen).
 
Ein ausgedehntes Übungsfeld für Vereinbarungen ist die Schlafordnung: Wann geht das Kind mit wem, mit welchen Ritualen und vor allem natürlich wo schlafen? Gehen Sie dabei zunächst davon aus, dass dem Kind ebenso daran gelegen ist wie Ihnen, dass alle auf ihre Rechnung kommen. Denn dem Kind ist sehr wohl bewusst, dass es auf leistungsfähige, also ausgeschlafene, Eltern angewiesen ist! Es will Sie nicht etwa [[ausnutzen]], es hat lediglich das natürliche Bedürfnis nach [[Nestwärme]], währenddem Sie möglicherweise nur schlecht schlafen können, wenn dauernd ein Kind an Ihrem Rücken klebt und womöglich noch strampelt. Seien Sie bei diesen Verhandlungen offen und sagen Sie dem Kind, weshalb Sie allenfalls Probleme haben und probieren Sie mit ihm Kompromisse aus, indem es zum Beispiel bei Ihnen im Bett einschlafen darf, Sie es danach aber in sein Bett tragen (und es vielleicht gegen Morgen wieder kommen darf). Wenn das Kind Ihren guten Willen spürt, kann es schon erstaunlich [[kooperativ]] sein und Sie werden staunen, wie einfach das Ganze plötzlich wird, wenn es mitbestimmen darf!
 
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=== Kooperationsbereitschaft===
Wenn Sie bereit sind, mit dem Kind Vereinbarungen zu suchen, bestätigen Sie Ihr Vertrauen in seine [[Kooperationsbereitschaft]]. Sie [[Zutrauen|trauen ihm zu]], dass es nicht nur seinen eigenen Willen [[durchsetzen]] will, sondern auch fähig ist, die Anliegen seiner Umwelt zu berücksichtigen. Schon allein dadurch wird es sich besondere Mühe geben, die Vereinbarung auch wirklich zu erfüllen. Es geht also um einen [[Partnerschaftliche Erziehung|partnerschaftlichen Ansatz]], wobei trotzdem die [[Hierarchie]] bestehen bleibt: Die [[Verantwortung der Eltern|Verantwortung]] behalten Sie. Besprechen Sie also im obigen Beispiel mit dem Kind immer wieder, wie es für das Kind mit dem Schlafen ging und teilen Sie ihm auch Ihr Wohlbehagen (oder Unbehagen) mit, sodass Sie nach und nach zu einer gemeinsamen Lösung kommen. Sie zeigen dem Kind damit, dass Sie es als vollwertigen Menschen [[annehmen]] und stärken damit die [[Beziehung zwischen den Eltern und dem Kind|Beziehung]].
 
Immer wenn Sie meinen, dass die [[Bedürfnisse]] des Kindes mit den Ihrigen kollidiert, sollten Sie daran denken, dass es immer eine Lösung zum Aushandeln gibt. Seien Sie auch dann mutig, wenn Sie sich selbst noch keine Lösung vorstellen können und vertrauen Sie auf die [[Phantasie]] Ihres Kindes. Sie werden unter Umständen ganz neue Einsichten erhalten zu dem, was möglich ist und was nicht!
 
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=== Verantwortung===
Kinder können in diesem Alter bloss ihren Willen äussern: "Ich will in Deinem Bett schlafen!". Dieser Wille ist zunächst einmal absolut, das heisst, das Kind kann sich im Moment, in dem es seinen Willen äussert, noch keinen Kompromiss vorstellen. Das ist auch gut so: Wenn man etwa erreichen will, darf man nicht mit Kompromissen, Relativierungen, Bittstellen und Differenzierungen beginnen. Wenn Sie in diesem Moment auf [[Konfrontation]] gehen, das heisst, ebenso kategorisch mit [[Nein der Eltern|"Nein!"]] reagieren, wird sich das Kind [[Ablehnen|abgelehnt]] fühlen, denn es hat ja bloss sein Grundbedürfnis nach Nähe zu seinen Eltern geäussert. Zudem werden Sie es vermutlich nur unter Anwendung von [[Gewalttätige Eltern|Gewalt]] von Ihrem Schlafzimmer abhalten können, sodass die Situation sehr schnell eskalieren wird.
 
Es liegt deshalb in Ihrer Verantwortung, das Kind zu einem [[Kompromisse|Kompromiss]] zu bewegen. Erklären Sie ihm zuerst einmal, wo Ihr Problem liegt ("Du strampelst mir in den Bauch, sodass ich nicht schlafen kann.") und warten Sie ab, ob es eine Idee hat, wie das anders ginge (indem Sie es zum Beispiel immer wieder in eine entferntere Ecke des Betts schieben dürfen). Kinder haben sehr viel Phantasie, wenn es darum geht, Probleme zu lösen, und mancher Vorschlag ist vielleicht beim zweiten Hinsehen gar nicht so "dumm".
 
Es liegt aber immer noch an Ihnen, letztlich zu prüfen, was für beide auch wirklich möglich ist und dann die Vereinbarung so zu formulieren, dass sie vom Kind verstanden wird. Unser Umständen müssen Sie auch die Konsequenzen besprechen, wenn es nicht klappen sollte.
 
Schließlich liegt es auch in Ihrer Verantwortung zu definieren, worüber überhaupt verhandelt werden kann. Als Leitlinie kann dabei die Unterscheidung zwischen [[Grundbedürfnisse des Kindes|Grundbedürfnisse]] und [[Wünschen]] dienen: Während Sie die Grundbedürfnisse des Kindes immer sehr ernst nehmen sollten und entsprechend nach einer gemeinsamen Lösung sollten, dürfen, aus sollen Sie bei den Wünschen auch klar [[Nein der Eltern|"Nein!"]] sagen. Dann müssen Sie natürlich auch auf eine entsprechende [[Trotzreaktion]] vorbereitet sein.
 
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===Konsequenzen===
Nebst dem gemeinsamen Aushandeln ist der zweite wichtige Punkt die Einigung auf [[Konsequent|Konsequenzen]] (wobei Sie als Eltern zumindest zu Beginn noch die Führung übernehmen werden müssen). In erster Linie geht es darum abzumachen, dass Sie die Einhaltungen der Vereinbarung kontrollieren. Wenn Sie mit dem Kind zum Beispiel vereinbaren, dass es noch eine Stunde mit der Eisenbahn spielen darf, diese am Schluss aber auch wieder verräumen muss, liegt es zunächst an Ihnen, nach einer Stunde an die Vereinbarung zu mahnen (denn Sie sind [[Vorbild]] und müssen sich deshalb unbedingt auch an die Vereinbarung halten, das heisst also Ihr Recht auf Ordnung einfordern!). Weigert sich das Kind die Eisenbahn zu verräumen, erinnern Sie es zunächst an die Vereinbarung und Sie werden staunen, dass es in den allermeisten Fällen schon jetzt ein Einsehen hat, das heisst die [[Verantwortung des Kindes|Verantwortung]] für die Vereinbarung ebenfalls übernimmt.
 
Erst in zweiter Linie geht es darum abzumachen, was geschieht, wenn sich das Kind nicht an die Vereinbarung hält (wenn die Vereinbarung besonders hohe Ansprüche an das Kind stellt, können Sie natürlich auch abmachen, dass das Kind allenfalls belohnt wird). Konsequenzen sollten aber nicht eigentliche Strafen beinhalten, da diese in der Regel kontraproduktiv sind. Vielmehr geht es darum, dass ein plausibler Zusammenhang zwischen der Nichteinhaltung der Vereinbarung und der Konsequenz daraus besteht. Sollte sich das Kind also weigern die Eisenbahn zu verräumen, müssen Sie auf die vereinbarte Konsequenz zurückkommen. Eine solche könnte zum Beispiel sein, dass das Kind solange auf das nächste Spiel warten muss, bis es die Eisenbahn verräumt hat. In diesem Fall müssen Sie aber auch unbedingt auf der Durchsetzung beharren, da das Kind sonst nicht lernen konnte, Grenzen zu respektieren! Noch schlimmer, da völlig [[kontraproduktiv]], wären [[Strafen]] oder gar bloss [[Androhen|angedrohte]] Strafen: Wenn Sie dem Kind zum Beispiel damit gedroht haben, dass es ohne Abendessen ins Bett muss, besteht zwischen dem Nichtverräumen und dem Hungern nicht der geringste Zusammenhang! Und wenn es dann noch bloss bei der Drohung bleibt, verlieren Sie das Vertrauen des Kindes in Ihre Verlässlichkeit vollends. Das Kind hat dann gelernt, dass es sich erstens nicht auf das verlassen kann, was die Eltern sagen und zweitens, dass es sowieso machen kann, was ihm gerade beliebt.
 
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===Vorbildfunktion===
Selbstverständlich müssen natürlich auch Sie sich an die Vereinbarungen halten. Das verlangt schon Ihre [[Vorbildfunktion]]. Und wenn ausnahmsweise einmal Sie patzen, müssen Sie das natürlich von sich aus dem Kind sagen. Abgesehen davon, dass es dabei um Offenheit und Ehrlichkeit geht, tut es Kindern ausgesprochen gut, wenn sie sehen, dass auch ihre Eltern ab und zu [[Fehler der Eltern|Fehlern]] machen. Das nimmt ihnen ein wenig die Angst vor der [[Übermacht]].
 
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Mit dem Eintritt in die (Vor)Schule, also mit der [[Sozialisation]], nimmt die Bedeutung von Vereinbarungen nochmals eine andere Dimension an: Als Eltern sind Sie jetzt nämlich geradezu darauf angewiesen, dass Sie sich darauf verlassen können, dass Ihr Kind sich auch an das hält, was Sie mit ihm vereinbart haben. Denn vom Moment an, da es sich allein auf den Schulweg macht, müssen Sie die Kontrolle aufgeben und dem Kind umso mehr [[Vertrauen der Eltern|vertrauen]], können, dass es sich zum Beispiel an die Verkehrsregeln hält. Mit zunehmenden Alter tut sich ein riesiges Feld auf für Vereinbarungen:
* [[Schulweg]]
* [[Hausaufgaben]]
* [[Taschengeld]]
* [[Freizeit|Freizeitbeschäftigung]]
* [[Ausgang]]
Je mehr Übung das Kind mit entsprechenden Vereinbarungen bekommt, desto [[Selbständigkeit|selbständiger]] wird es. Damit geht auch mehr und mehr [[Verantwortung]] von Ihnen auf das Kind über, bis Sie irgendwann spüren, dass der Jugendliche sich für sein Leben selbst verantwortlich fühlt.
 
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{{Themen}}
* [[Regeln]]
* [[Abmachungen]]
* [[Willensbildung]]
* [[Verlässlichkeit]]
* [[Konsequent|Konsequenzen]]
* [[Hierarchie]]
* [[Verantwortung des Kindes]]
 
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{{VertrauenGrenzen}}
{{top}}
 
{{Aufbau}}

Aktuelle Version vom 26. September 2019, 11:12 Uhr

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