Trocken werden

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Ob das Kind mithilfe von Windeln oder dem sogenannten Abhalten lernt, Blase und Darm zuverlässig auf dem Töpfchen oder gar auf der Toilette zu entleeren, und wann es wo weit ist, ist für die Erziehung weniger entscheidend. Wichtig hingegen ist, dass Sie lernen, auf die Signale des Kindes zu achten. Je besser Sie das können, desto mehr wird das Vertrauen des Kindes bestätigt und desto einfacher können Sie es dabei unterstützen, die Entleerung von Blase und Darm - früher oder später - selbständig zu kontrollieren.

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Aufmerksamkeit für die Signale des Kindes

Kleinkinder können ihre Blasen- und Darmentleerung noch nicht selbst kontrollieren. Sie sind deshalb auf die Aufmerksamkeit der Eltern angewiesen. Das gilt nicht nur, wenn Sie die Technik des Abhaltens bevorzugen, sondern gerade auch dann, wenn Sie Windeln verwenden:

Wickeln

In der Regel verwenden Eltern in der westlichen Zivilisation Windeln, um ihre Kinder trocken zu halten. Wickeln mag praktisch und sicher sein, doch sollten Sie als Erstes bedenken, dass es alles andere als natürlich ist, in den eigenen Exkrementen zu liegen: Kein Tier käme jemals auf eine solche Idee! Gesund kann das jedenfalls nicht sein, hygienisch schon gar nicht. Einfache Alternativen gibt es allerdings auch nicht. Es ist deshalb zunächst einmal wichtig, dass Sie die Windeln möglichst immer sofort wechseln, wenn sie voll sind. Damit zeigen Sie dem Kind, dass Sie erstens aufmerksam sind und dass zweitens ein Handlungsbedarf besteht, wenn es seine Blase oder seinen Darm entleeren muss. Zudem gibt ihm das ein Gefühl für Rhythmus. Auf dem Weg zur kontrollierten Entleerung von Blase und Darm sollten Sie sich dann bewusst sein, dass der Verzicht auf Windeln ein Weg zurück zu einem natürlichen Verhalten ist und schon allein deshalb vom Kind selbst angestrebt wird:

  • Zeitpunkt: Für viele Eltern ist die grösste Frage beim Trocken werden, wann es denn so weit sein müsse, dass das Kind keine Windeln mehr braucht. Dabei geht vergessen, dass es eigentlich gar nie so weit hätte kommen sollen, ist es doch alles andere als natürlich in den eigenen Exkrementen zu liegen (siehe weiter unten die Alternative des sogenannten Abhaltens)! So gesehen können Sie jederzeit damit beginnen, allerdings mit einer ganz wichtigen Einschränkung: Lassen Sie das Kind selbst entscheiden! Druck oder gar Zwang können sich höchst kontraproduktiv auswirken. Im Allgemeinen können Sie aber davon ausgehen, dass Kinder etwa in den ersten zwei Jahren lernen, Blase und Darm kontrolliert zu entleeren, wenn sie dabei aufmerksam unterstützt werden.
  • Signale erkennen: Wenn Sie das Kind aufmerksam beobachten, werden Sie schon bald und einfach an seiner Mimik und Gestik erkennen können, wenn es Blase oder Darm entleert (wobei allerdings die meisten Kinder diese Signale wieder verlieren, wenn nicht darauf reagiert wird). Sie können ihm dann Ihre Beobachtung signalisieren und es mit der Zeit jeweils fragen, ob es auf das Töpfchen oder die Toilette will. Lassen Sie es aber immer selbst entscheiden und forcieren Sie nichts. Vertrauen Sie vielmehr, dass jedes Kind den natürlichen Wunsch hat, Blasen- und Darmentleerung früher oder später selbst kontrollieren zu können.
  • Thematisieren: Auch moderne Windeln können unangenehme Düfte nicht gänzlich verhindern. Sprechen Sie volle Windeln an, achten Sie aber darauf, dass Sie dabei nicht etwa das Kind verunglimpfen ("Du stinkst!"), sondern sich auf die stinkenden Windeln beziehen ("Puh, da duftet es schrecklich!"). So wird sich das Kind "trotzdem" geliebt fühlen und dafür je länger, desto mehr die Windeln als abstossend empfinden.
  • Neugier: Die natürliche Neugier des Kindes macht auch vor Exkrementen nicht halt. Lassen Sie es, wenn es will, zumindest einmal untersuchen, was es da produziert hat und beantworten Sie allfällige Fragen möglichst offen und ehrlich. Kinder interessieren sich für alles, was ihre Eltern tun. Das können Sie nutzen, indem Sie ihm Vorbild sind, wenn Sie selbst (oder die älteren Geschwister) auf die Toilette gehen. Machen Sie mit, auch wenn Sie vielleicht gewisse Hemmungen überwinden müssen.
  • Verantwortung übergeben: Ziehen Sie das Kind möglichst bald beim Wickeln mit ein. Anfangs können Sie ihm zum Beispiel das Babyöl zum Halten geben, später können Sie es auffordern, die frische Windel zu holen. Je mehr Verantwortung Sie ihm übergeben, desto mehr wird es sich ermutigt fühlen, den Prozess des Trockenwerden mitzugestalten. Wenn es zum Beispiel plötzlich auf die Idee kommt, dass es keine Windeln mehr braucht, müssen Sie natürlich auch bereit sein, wenn Sie über den Zeitpunkt überrascht sind. Besprechen Sie dann mit ihm die verschiedenen Möglichkeiten (zum Beispiel anfangs nur zu Hause) und treffen Sie mit ihm Abmachungen.
  • Bequeme Kleidung: Je einfacher das Kind die Kleider ausziehen (und später auch wieder anziehen) kann, desto einfacher kann es Verantwortung übernehmen. Lassen Sie es selbst ausprobieren und fragen Sie es zuerst, ob Sie ihm helfen sollen. Je geduldiger Sie dabei sind, desto schneller wird das Kind selbständig. Einfach zugänglich sollte natürlich auch das Töpfchen beziehungsweise der Toiletteneinsatz für Kinder sein (hilfreich ist zum Beispiel ein Schemel, den das Kind auch gleich selbst hinstellen darf).
  • Übergangsphase: Selten gelingt das Trocken werden von einem Tag auf den anderen. Suchen Sie mit dem Kind zusammen einzelne Zeitabschnitte, während denen es keine Windeln trägt. Je mehr das Kind mitbestimmen darf, desto verantwortlicher wird es sich fühlen und sich entsprechend Mühe geben. Mit allfälligen Missgeschicken müssen Sie natürlich umgehen können.
  • Rhythmus und Rituale: Hilfreich ist auch, wenn das Kind Struktur in Form von Rhythmus oder Ritualen erlebt. So können Sie ihm zum Beispiel immer vor dem Einschlafen vorschlagen, ein Büchlein auf dem Töpfchen anzuschauen. Und natürlich gehört auch das Wickeln nach dem Aufstehen zum Morgenritual.
  • Ermunterung und Lob: Kinder brauchen zwar nicht speziell ermuntert zu werden (sie sind es schon von Natur aus), Ihre Freude ob des gelungenen Toilettengangs und Ihr Lob wird sie aber bestätigen, sodass sie sich gerne noch mehr Mühe geben. Belohnungen hingegen sind nicht nötig. Viel wichtiger ist, dass Sie das Kind nicht tadeln, wenn es mal nicht so gut klappt.

Das Abgewöhnen der Windeln ist ein sehr individueller Prozess, bei dem jedes Kind seinen eigenen Weg findet. Lassen Sie sich davon leiten, immer im Bewusstsein, dass es das Natürlichste auf der Welt ist, Blase und Darm auf eine möglichst saubere Art zu entleeren!

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Abhalten

Was in der westlichen Zivilisation in der Regel ungewohnt erscheint, ist in manchen Kulturen immer noch gang und gäbe, nämlich das Kind, sobald es entsprechende Signale aussendet, so zu halten, dass es Blase und Darm direkt entweder in der freien Natur auf den Boden oder in die Toilette entleeren kann. Es ist offensichtlich, dass das in städtisch geprägten Gebieten nicht mehr so einfach ist und gar für Empörung der Öffentlichkeit sorgen könnte. Es wäre aber eigentlich nicht nur die natürlichste, sondern sicher auch die hygienischste und gesündeste Form. Von den Eltern verlangt das allerdings nicht nur sehr viel Aufmerksamkeit, sondern auch einiges an organisatorischem Geschick, ist doch unsere Umwelt normalerweise nicht mehr so, dass sich jederzeit ein Plätzchen dafür finden würde.

Der grosse Vorteil ist, dass Kinder auf diese Weise sehr viel einfacher (und wohl auch früher) trocken werden, wird doch ihr Gespür für den Moment des Loslassens gleich von Anfang trainiert. Und gleichzeitig können die Eltern ihrerseits ein Gespür für die Bedürfnisse des Kindes entwickeln. Beides zusammen ist offensichtlich ein grosser Gewinn für das gegenseitige Vertrauen. Falls Sie von den Vorteilen des Abhaltens überzeugt sind, sollten Sie sich früh genug dazu informieren, denn ganz einfach ist der "Weg zurück zur Natur" nicht und ohne Kompromisse wird es meistens auch nicht gehen. Windelfreies Aufwachsen mag ein ebenso natürliches Bedürfnis des Kindes sein wie an der Brust gestillt oder am Körper getragen zu werden, doch in der Regel ungleich schwieriger zu befriedigen.

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Kontraproduktives Verhalten

Blasen- und Darmentleerung sollten eigentlich eine Wohltat sein. Leider gibt es einige Faktoren, die das Ganze erschweren oder gar zu einer eigentlichen Qual machen können. Gründe dafür sind vor allem falscher Ehrgeiz der Eltern oder eine übertriebene Hygiene:

  • Druck: Der Gang zur Toilette oder aufs Töpfchen hat offensichtlich viel mit Loslassen und somit mit Freiwilligkeit zu tun. Schon allein deshalb wäre Zwang ("Du bleibst jetzt hier sitzen, bis Du etwas hineingemacht hast!") höchst kontraproduktiv. Halten Sie es ähnlich wie mit dem Essen und Trinken und betrachten Sie das "Geschäft" mehr als Lust denn als Pflicht.
  • Vergleichen: Jedes Kind entwickelt sich aufgrund seiner eigenständigen Persönlichkeit individuell. Entwicklungstabellen können lediglich den Durchschnitt abbilden, Ihr Kind ist aber einmalig und nicht durchschnittlich! Verzichten Sie deshalb auf Vergleiche mit anderen Kindern. Vertrauen Sie stattdessen darauf, dass sich Kinder von sich aus ihre Eltern, ihre älteren Geschwister oder Nachbarskinder zum Vorbild nehmen und danach streben, "gross" zu werden. Konzentrieren Sie sich auf Ihr Gespür. So erkennen Sie den für das Kind (!) richtigen Zeitpunkt, denn jedes Kind entwickelt sich individuell, während Erwartungen der Eltern beim Kind leicht den Eindruck erwecken können, dass es nicht so ist, wie es sein sollte, also zu wenig angenommen wird.
  • Übertriebene Hygiene: Auch wenn es Sie ekeln mag, lassen Sie die Kinder ihre Exkremente untersuchen, wenn sie es wollen. Selbstverständlich fordern Sie danach, dass die Hände gewaschen werden und Sie dürfen auch die Nase ob des Gestanks rümpfen. Zu viel Hygiene kann aber zum Beispiel bewirken, dass Kinder ihre Exkremente als derart abstossend empfinden, dass diese gar nicht mehr sein dürfen und womöglich zu sehr zurückbehalten werden.
  • Tabuisierung: Blase und Darm entleeren ist für ein Kind ebenso natürlich wie Essen und Trinken - und das sollte auch so bleiben! Das mag für viele Eltern anfangs ungewohnt oder gar befremdlich sein. Eine Tabuisierung kann sich aber kontraproduktiv auswirken. Unterhalten Sie sich mit Ihrem Kind über alles, was es wissen will.
  • Falsch verstandener Rhythmus: Rhythmus ist für das Kind eine elementare Erfahrung und bestätigt ganz allgemein sein Vertrauen in den Gang des Lebens. Allerdings darf Rhythmus nicht verwechselt werden mit fixen und streng einzuhaltenden Zeiten. Bauen Sie zum Beispiel den Toilettengang in das Ritual des Zubettgehen ein, unterlassen Sie es aber, dafür eine genaue Uhrzeit festzulegen.

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Weiterführende Themen

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Übergeordnetes Thema

Vertrauensbildung (erstes Phase der Erziehung)

Fragen und Feedback

Das "Zweimalzwei der Erziehung" ist zum Teil noch im Aufbau. Allfällige Fragen oder Feedback sind willkommen: Email

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