Trennung

Aus 2 x 2 der Erziehung
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Trennung ist eine Grunderfahrung des Menschen: Mit der Geburt wird das Kind ein erstes Mal von der Mutter getrennt und kann sich mit ihr nie mehr so vereinen, wie es einmal war. Und nur dank dieser Trennung von der Mutter kann das Kind überhaupt weiterleben! Schon allein deshalb können und sollten Sie davon ausgehen, dass das Kind mit Trennungen von Nautr aus umgehen kann. Hingegen müssen viele Eltern zuerst lernen, mit allfälligem Trennungsschmerz des Kindes umzugehen. Das ist vor allem während den beiden ersten Phasen der Erziehung entscheidend, also in der Zeit, in der elterlicher Trost ein Grundbedürfnis des Kindes ist.

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Arten der Trennung

Trennung ist vor allem in der Phase der Vertrauensbildung ein grosses Thema, das Ihr volle Aufmerksamkeit fordert:

Geburt als fundamentale Erfahrung

Während der Schwangerschaft ist das Kind nicht bloss nahe bei der Mutter, sondern geradezu ein Teil von ihr. Mehr Nähe ist nicht mehr - und auch nie mehr - möglich. So gesehen ist die Geburt die radikalste Trennung überhaupt, zumal sie offensichtlich nicht mehr rückgängig zu machen ist, also nur noch mit dem Tod vergleichbar ist. Gleichzeitig ist die Geburt aber auch eine Art Erlösung aus der Enge des Mutterleibs, also eine Befreiung. Trennung hat also immer zwei Seiten und es ist für Ihre Einstellung entscheidend, dass Sie sich dem bewusst sind: auch wenn anfangs der Trennungsschmerz gross ist, winkt immer ein Gewinn! Entscheidend bei der Geburt ist, dass der Zeitpunkt der Geburt, also die Trennung vom wohligen Mutterleib, möglichst vom Kind selbst bestimmt wird (und nicht etwa vom Terminkalender des Spitals) und dass es danach sofort wieder von der Mutter gehalten (statt zum Beispiel eine metallene Babywaage gelegt) wird.

Diese Erfahrung der Geburt ist für das Kind fundamental: Es wurde zwar getrennt, doch sofort getröstet und hat danach erst noch etwas gewonnen, nämlich das Leben (im Mutterleib hätte es ja nicht weiterleben können). Diese Erkenntnis können Sie sich künftig bei jeder Trennung zunutze machen:

  • Lassen Sie, wann immer möglich, das Kind den Zeitpunkt der Trennung selbst bestimmen.
  • Wenn ihm die Trennung weht tut, trösten Sie es.
  • Nachdem es sich erholt hat, können Sie ihm die Vorteile der Trennung zeigen. Unter Umständen müssen Sie damit aber auch etwas warten, bis das Kind dazu bereit ist oder es bemerkt es eh von selbst.

Zwar ist es nicht immer möglich, dass das Kind den Zeitpunkt einer Trennung selbst bestimmen kann, Trost können und sollen Sie ihm aber immer geben. Und selbstverständlich gibt es Trennungen, die ein Kind sein Leben lang schmerzen, wie zum Beispiel der frühe Verlust eines Elternteils. Doch tritt an Stelle auch des grössten Verlusts früher oder später immer etwas Neues oder Anderes, an dem sich der Mensch wird freuen können. Diese Einstellung sollten Sie als Eltern mitbringen, auch wenn sie für kleinere Kinder noch nicht erklärbar ist. Es ermöglicht Ihnen, Ihrem Kind beizustehen, statt bloss mitzuleiden.

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Einschlafen

Wenn das Kind einschläft, muss es die Wachwelt und damit seine Eltern loslassen können. Das kann es umso besser, je mehr Sie ihm vertrauen, indem Sie es selbst bestimmen lassen, wann es genügend müde und bereit zum einschlafen ist. Wichtig ist natürlich, dass Sie in seiner Nähe sind, wenn es wieder aufwacht. So kann es das Aufwachen als etwas Erfreuliches erleben und wird beim nächsten Einschlafen umso leichter wieder loslassen können. Schlafen hat auch viel mit Nähe und Distanz zu tun, das heisst, Sie müssen spüren lernen, wie viel Nähe das Kind braucht, um unbesorgt schlafen zu können. Forcieren Sie nichts, lassen Sie das Kind möglichst selbst bestimmen, wie nahe es bei Ihnen schlafen will. Hilfreich sind auch sogenannte Übergangsobjekte wie Teddybären oder Schmusetuch.

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Nähe und Distanz

Das Thema Nähe und Distanz ist auch immer ein Thema von Trennung und Wiedersehen. Kinder haben anfangs aber noch keine Vorstellung von Zukunft. Das bedeutet, dass für sie eine Trennung grundsätzlich immer endgültig ist. Erst durch die wiederholte Erfahrung, dass sie einen Menschen wiedersehen, werden sie die Regel begreifen können. Sobald das Kind zu krabbeln oder zu laufen beginnt, wird es selbst ausprobieren, wie viel Distanz von seinen Eltern es erträgt. So kann das Kind Trennung auf eine lustvolle Art erfahren, wenn Sie mit ihm zum Beispiel Verstecken spielen, indem Sie sich ein Tuch über den Kopf ziehen, das es wegreissen kann. Beobachten Sie, wie viel das Kind erträgt, um es noch lustig zu empfinden. Und wenn Sie einmal zu lange für das Kind unsichtbar sind, trösten Sie es. Kinder müssen wiederholt erfahren, dass ihnen in ihrem Leid immer und möglichst sofort geholfen wird. So wird ihr Vertrauen in die Eltern und in das Leben überhaupt bestätigt und sie entwickeln entsprechendes Selbstvertrauen.

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Abstillen

Solange das Kind gestillt wird, steht es in einer äusserst innigen Verbindung mit der Mutter. Das Abstillen kann deshalb ein grosser Schritt sein. Sie können ihm den Schritt aber wesentlich erleichtern, wenn Sie auf seine natürliche Kooperationsbereitschaft zählen: Lassen Sie es möglichst immer mit Ihnen zusammen essen und lassen Sie es dabei feste Nahrung probieren, wann immer es Lust dazu hat. Überlassen Sie den Entscheid weitgehend dem Kind, forcieren Sie nichts. Wenn das Kind Essen und Trinken als etwas Lustvolles erfahren darf, will es ganz von alleine das gleiche wie Sie essen und je länger desto weniger an der Brust (oder an der Flasche) gestillt werden. Beim Abstillen kann das Kind erfahren, dass Trennung nicht wie bei der Geburt ein abrupter Vorgang sein muss, sondern auch in vielen kleinen Stufen vor sich gehen kann. Lassen Sie zu, dass es immer wieder mal "klein" sein darf und zum Beispiel nach der vermeintlich längst vergessenen Trinkflasche verlangt.

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Verlorene Plüschtiere, Schnuller, Spielzeuge usw.

Sogenannte Übergangsobjekte wie Plüschtiere oder Schmusetuch können für Kinder einen Ersatz für den Kontakt zur Mutter sein, um sich zu beruhigen oder einzuschlafen. Verliert das Kind das Objekt oder kann es nicht mehr selbst erreichen, wird es das als Trennung von der Mutter empfinden. Verlangt es danach, sollten Sie ihm deshalb möglichst schnell helfen. Beginnen Sie aber schon früh damit, dem Kind mehr und mehr die Verantwortung zu übergeben, selbst danach zu schauen ("Dort liegt, Du kannst es selbst reichen!" oder "Nimm Dein Schmusetuch in Deine Tasche, Du wirst es vielleicht noch brauchen."). Kinder werden dabei viel zu oft unterschätzt!

Auch lieb gewonnenes Spielzeug kann verloren oder kaputt gehen, allerdings ist Spielzeug kein Grundbedürfnis des Kindes! Das heisst, es muss und soll nicht immer gleich ersetzt werden. Ganz im Gegenteil: das Kind kann und soll lernen, dass nicht alles ersetzbar ist. Sie sollten selbst dann, wenn Sie es sich finanziell jederzeit leisten könnten, nicht immer gleich Ersatz beschaffen, ansonsten Sie dem Kind eine gute Gelegenheit nehmen, mit Verlust umzugehen lernen. Was das Kind aber immer braucht, ist Trost! Und zwar nicht in dem Ausmass, wie Sie den Wert des Spielzeugs einstufen, sondern entsprechend seinem Schmerz. Vertrösten Sie es also nicht einfach mit dem Argument, dass es sich ja bloss um ein kleines Plüschtier handelt, sondern trösten Sie es so lange, bis es sich wirklich beruhigt hat.

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Abschied

Abschied nehmen kann vor allem für Kinder in den ersten Jahren schwierig sein, wenn sie noch keine Vorstellung von Zukunft haben und voll und ganz im Hier und Jetzt leben. Denn in dieser Zeit ist Abschied zunächst einmal immer etwas Endgültiges, was schliesslich nichts als vernünftig ist, denn im Grunde wissen ja auch die Eltern nicht wirklich, ob überhaupt jemals ein Wiedersehen möglich wird. Erst wenn das Kind immer wieder erfahren hat, dass es tatsächlich ein Wiedersehen gibt, erkennt es darin eine Regelmässigkeit, auf die es sich verlassen kann. Lassen Sie ihm deshalb genügend Zeit, um loslassen zu können und bleiben Sie aufmerksam für den Moment, an dem es tatsächlich bereit ist. Denn danach dürfen Sie nicht wieder Verbindung schaffen, bloss weil Sie zum Beispiel der Meinung sind, dass da noch das Abschiedsküsschen fehlt! Sonst fühlt sich das Kind hin- und hergerissen und kann schliesslich überhaupt nicht mehr loslassen.

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Fremdbetreuung

Gerade wenn es darum geht, dass das Kind bei den Grosseltern übernachten oder in die KITA gehen soll, kann das eine grosse Trennung bedeuten. Wichtig ist wiederum, dass das Kind den Zeitpunkt möglichst selbst bestimmen kann, dass es genügend Zeit hat und dass Sie schliesslich genügend aufmerksam sind, um sich selbst zu entfernen, ohne das Kind wieder an sich zu binden. Gerade der letzte Punkt ist häufig problematisch, da manche Eltern eine genaue Vorstellung zur Form des Abschieds haben, die häufig nicht mit dem tatsächlichen Erleben des Kindes übereinstimmt. Bedenken Sie, dass Kinder noch weitgehend im Hier und Jetzt leben, das heisst, dass sich das Kind vom Moment an, an dem Sie ihm zum Beispiel sagen, dass es heute in die KITA gehen würde, mit der Trennung auseinandersetzt, auch wenn es bis zum tatsächlichen Abschied dann noch eine Stunde dauert. Ist es dann in der KITA angekommen und hat dort etwas Spannendes entdeckt, hat es Sie mit grösster Wahrscheinlichkeit bereits vergessen. Beharren Sie dann zu diesem Zeitpunkt trotzdem noch auf einem Augenkontakt oder gar einer Umarmung, wird es sich womöglich wieder an Sie gebunden fühlen und der ganze Trennungsprozess muss von vorne beginnen. Das kann dann für alle Beteiligten sehr zermürbend werden und leicht in einen Teufelskreis ausarten! Der Beginn der Fremdbetreuung ist natürlich häufig fremdbestimmt. Sie tun deshalb gut daran, schon vorher mit dem Kind zu üben, sodass der Erfolgsdruck nicht mehr so gross ist, wenn es dann tatsächlich losgehen soll.

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Trennung der Eltern

In diesem Zusammenhang ist auch die Meinung näher anzuschauen, dass unter einer Scheidung der Eltern die Kinder am meisten leiden würden. Denn das müsste an sich nicht sein! Natürlich nehmen Kinder Unstimmigkeiten zwischen Vater und Mutter sofort wahr und reagieren häufig mit Verunsicherung. Und selbstverständlich wollen Kinder ihre Eltern möglichst immer für sich und bei sich zur Verfügung haben. Kinder sind aber auch hervorragend im Kooperieren (wohl weil ihnen bewusst ist, dass sie auf das Wohlwollen der Eltern angewiesen sind). Es ist deshalb wichtig, dass Eltern heftige Streitigkeiten zwar nicht gerade in Gegenwart der Kinder austragen, diese aber ab einem gewissen Zeitpunkt offen darüber informieren, dass sie getrennte Wege gehen wollen und dass das ausschliesslich eine Sache zwischen den Eltern ist und nicht etwa die Kinder daran schuld sind (eine Frage, die bei Kinder sehr schnell auftauchen kann). Dann wird es entscheidend sein, inwiefern Sie gemeinsam mit den Kindern Lösungen suchen, wie sich das neue Zusammenleben organisieren lässt, sodass alle Beteiligten ihre Bedürfnisse so weit als möglich befriedigt sehen. Kinder kommen dabei immer wieder auf überraschend kreative Ideen, die vielleicht auch Ihnen als Eltern helfen können. Oder sie sehen Vorteile in der neuen Situation, die Ihnen gar nie in den Sinn gekommen wären. Und wenn Sie die eine oder andere Idee aufnehmen können, werden sich die Kinder auch nicht mehr als blosse Opfer fühlen, sondern sich freuen, dass sie die Beziehungen mitgestalten können.

Bedenken Sie schliesslich, dass das Familienmodell der westlichen Zivilisation, das im Wesentlichen auf dem Gedanken einer lebenslangen Monogamie beruht, kaum der Natur des Menschen entspricht und dass Kinder in anderen Kulturen auch in Sippen glücklich sein können, wo sie zum Beispiel kaum wissen, wer der leibliche Vater ist, dafür jederzeit von vielen anderen Menschen umsorgt werden. Gerade die mittlerweile übliche Kleinfamilie kann denn für Kinder gewichtige Nachteile mit sich bringen, wenn sich die Eltern trennen und damit das Gefüge in seinen Grundfesten erschüttert wird, während sich bei der gleichen Situation in einer Sippe für das Kind nicht viel ändern würde.

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Tod

Der Tod ist die endgültige Trennung an sich. So wie die Geburt am Anfang allen Lebens steht, steht der Tod an dessen Ende. Von daher ist es denn auch nicht verwunderlich, dass Kinder, denen die Geburt ja noch viel präsenter ist als Erwachsenen, mit dem Thema Tod viel offener und freier umgehen können, als es sich die meisten Eltern vorstellen. Das kindliche Erleben erfasst noch keine Zukunft, weshalb dem Kind ganz generell jede Trennung von einem Menschen wie dessen Tod erscheint: Wenn Sie weg sind, hören Sie für das Kind gewissermassen auf zu existieren! Die Vorstellung, dass ein verschwundener Mensch zurückkommt, bedingt ein Mindestmass an kognitiven Fähigkeiten, die Kinder in den ersten Jahren erst ansatzweise haben.

Wenn also ein dem Kind nahestehender Mensch stirbt, sollten Sie sich als Erstes bewusst sein, dass es mit grösster Wahrscheinlichkeit besser damit wird umgehen können als Sie selbst! Teilen Sie deshalb dem Kind sofort und ohne Umwege mit, dass zum Beispiel die Oma gestorben ist. Versuchen Sie nicht etwa, das Kind zu verschonen, indem Sie Ihre eigenen Emotionen vor ihm verstecken oder etwa mit Floskeln wie "ganz lang in den Ferien" schummeln. Seien Sie auf alles gefasst, was kommt oder eben nicht kommt. Denn jenachdem kann das Kind gar nicht sofort erkennen, was das überhaupt heisst oder es interessiert es im Moment schlicht nicht. Vielleicht versucht es aber auch, Sie zu trösten. Wie auch immer: entscheidend ist, dass Sie so weit als irgend möglich offen und ehrlich bleiben. Beziehen Sie das Kind unbedingt in Ihre Trauer, aber auch in allfällige Abschiedsrituale wie Totenschau oder Beerdigung, mit ein, jedenfalls so weit es dazu bereit ist. Möglicherweise hat das Kind aber auch bloss eine Unmenge Fragen ("Was passiert jetzt mit der Oma?" oder "Warum wird sie vergraben?"). Bedenken Sie, dass es keine unangemessenen Fragen zum Tod gibt, dass der Tod letztlich für uns Erwachsene ebenso rätselhaft bleibt wie für Kinder. Vertrauen Sie dafür der Chance, dass Ihre Kinder, gerade weil sie noch so nahe an der Geburt sind, möglicherweise überraschende Einsichten entwickeln, die für alle tröstlich sein können. Der Tod kann für Kinder sogar etwas völlig Selbstverständliches sein. Umgekehrt kann aber gerade der Verlust eines Elternteils für das Kind traumatisch sein, sind Sie doch zumindest in den ersten Jahren für das Kind grundsätzlich unersetzlich. Inwiefern ein Kind mit dem Tod umgehen und das Erlebte verarbeiten kann, hängt also in erster Linie vom Verhalten der Eltern ab, von Natur aus ist es in jedem Fall dazu fähig!

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Trennungsschmerz und Trost

Trennung kann schmerzvoll sein, genauso wie Wiedersehen Freude macht (jedenfalls meistens). Doch ohne Trennung gibt es kein Wiedersehen. Trennungen und Schmerzen gehören also zum Leben. Kinder können damit bestens umgehen, sofern sie nur ausreichend getröstet werden. Trösten heisst, Ihr Kind in die Arme nehmen, ruhig bleiben, mitfühlen und warten, bis es sich ausgeweint hat. Trost ist ein absolutes Grundbedürfnis und hilft immer! Sie brauchen dem Kind dabei nichts zu erklären (ausser es fragt Sie), sondern bloss mit voller Aufmerksamkeit für es da zu sein.

Trennung kann je nach Persönlichkeit des Kindes auch wütend machen, gerade wenn das Kind von einem Menschen verlassen wird, auf den es angewiesen ist. Auch dann sollten Sie möglichst ruhig bleiben und dem Kind zeigen, dass es mit seinen Gefühlen angenommen wird. Erst wenn es sich wieder beruhigt hat, können Sie mit ihm besprechen, auf was genau es wütend ist und ihm vielleicht erklären, dass der geliebte Vater nicht etwa gestorben ist, weil er es verlassen wollte, sondern weil er verunfallt ist.

Je nach dem Ausmass des Verlusts beziehungsweise des damit verbundenen Schmerzes können Sie auch mit Ritualen arbeiten, unter Umständen auch unter professioneller Anleitung, so wie das ohnehin beim Tod eines Menschen gehandhabt wird. Versuchen Sie aber zuerst zu erspüren, was und wie viel das Kind wirklich braucht und bedenken Sie, dass schon der Zeitverlauf zur Heilung beiträgt.

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Kontraproduktive Reaktionen

Leider können viele Eltern nur schlecht mit dem Trennungsschmerz ihrer Kinder umgehen und entwickeln ausgesprochen kontraproduktive Reaktionen:

  • Vertrösten: Vertrösten wird gerne mit wirklichem Trost verwechselt. Wenn Eltern den Schmerz des Kindes nicht aushalten können, kommen sie leicht in Versuchung, ihm einen Ersatz anzubieten ("Du bekommst dafür..." oder "Du darfst dafür..."). Damit wird ein ganz entscheidender Schritt übersprungen, denn das Kind muss zuerst in seinem Schmerz angenommen werden, muss sich ausweinen und sich wieder beruhigen können, bevor es etwas Neues annehmen kann. Die Folgen davon können zudem ziemlich verheerend sein, wenn die Ersatzbefriedigung zur Grundlage für süchtiges Verhalten wird!
  • Verharmlosen: Das verlorene Stofftier mag für Eltern wertlos sein, ist aber dem Kind vielleicht aus irgendeinem Grund ans Herz gewachsen. Verharmlosen Sie deshalb nichts ("Von denen hast Du ja noch viele!"), nur das Kind selbst weiss, was ihm wie viel wert ist! Trösten Sie es deshalb immer, wenn es weint, der Schmerz ist immer subjektiv!
  • Negieren: Es hilf tauch nichts, wenn Sie versuchen einfach so zu tun, als wäre gar nichts passiert. Kinder können und sollen ihren Schmerz nicht einfach verbergen. Wenn Sie das reale Erleben des Kindes nicht ernst nehmen, wird es zu zweifeln beginnen, da es Ihnen ja zumindest in den ersten Jahren noch vollkommen vertraut!
  • Auslachen: Besonders respektlos ist es, wenn Eltern das Kind in seinem Schmerz auch noch auslachen, womöglich in der Hoffnung, dass es so selbst merken würde, dass doch alles "halb so schlimm" sei. Ein solches Verhalten der Eltern kann sich leicht rächen, da die natürliche Beziehung zwischen den Eltern und dem Kind so schnell beeinträchtigt wird.
  • Rationalisieren: Wenig hilfreich ist auch, dem Kind in seinem Schmerz erklären zu wollen, dass es doch "vernünftig" sein soll und "einfach verstehen" müsse. Solche Erklärungen und Forderungen mindern den Schmerz nicht im geringsten, sie vermitteln dem Kind vielmehr, dass es überhaupt nicht angenommen und schon gar nicht verstanden wird. Es braucht in solchen Situationen einzig Trost, und der kommt ganz ohne Erklärungen aus!
  • "Stossen und Ziehen": Ein besonderes Problem entsteht, wenn Eltern selbst Mühe haben, sich vom Kind zu trennen. Dem Kind wird dann etwa gesagt, es müsse nun in die KITA, danach wird es gefragt, ob es wirklich ohne Mama sein könne. Sobald das Kind spürt, dass seine Eltern auch Mühe mit der Trennung haben, wird es verunsichert, denn es vertraut ihnen ja, auch wenn es in dem Moment an sich durchaus bereit gewesen wäre, sich zu lösen. Sie müssen sich also selbst schon sicher sein, ob Sie das Kind in eine andere Obhut geben können und dann auch bei Ihrer Haltung bleiben. Wenn Sie stattdessen "hin und her" machen, kann das sehr schmerzhaft werden, vergleichbar mit der Situation, wo Sie etwas kleben wollen und dann doch unsicher werden, die beiden Stücke wieder auseinanderreissen und damit wieder von vorne beginnen.

Solche kontraproduktive Reaktionen verstärken den Schmerz des Kindes, sodass leicht ein Teufelskreis entstehen kann. Gehen Sie also mit planbaren Trennungen vorsichtig um und nehmen Sie (häufig unvermeidbare) Trennungsschmerzen des Kindes ernst. Ansonsten ist die Gefahr gross, dass sich das Kind schon bald vor jeder, auch noch so kleinen Trennung fürchtet und sich entsprechend zu wehren versucht, obwohl es eigentlich von Natur aus bestens damit umgehen könnte!

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Übergeordnetes Thema

Willensbildung (zweite Phase der Erziehung)

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