Toleranz der Eltern

Aus 2 x 2 der Erziehung
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Was von Kindern alles zu dulden ist, hängt offensichtlich vor allem vom persönlichen Empfinden ab. Sicher ist, dass Sie als Eltern auch einiges erdulden müssen, das Ihnen vielleicht schwerfällt. Sicher ist aber auch, dass Sie Ihre eigenen Bedürfnisse wahrnehmen dürfen und sollen. Denn das Kind braucht auch Grenzen, für die Sie als Eltern verantwortlich sind.

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Vertrauensbildung (bis etwa 2 Jahre)

In der Phase der Vertrauensbildung geht es vor allem darum, dass die Eltern lernen, das Kind so anzunehmen, wie es ist und ihm zu vertrauen, dass es ausschliesslich Grundbedürfnisse anmeldet, die grundsätzlich immer und sofort zu befriedigen sind:

Wenn das Kind schreit, fehlt ihm etwas, und es macht überhaupt keinen Sinn, das Schreien einfach zu erdulden. Denn erstens kann das Kind nicht einfach auf die Nähe oder das Essen warten oder gar verzichten. Und zweitens ist es sehr viel ausdauernder als die Eltern, wenn es um seine Grundbedürfnisse geht. Grundbedürfnisse des Kindes sollten daher immer und sofort befriedigt werden. Bevor das Kind seinen Willen entwickelt, hat es noch keine Wünsche oder gar Absichten, Sie dürfen es deshalb so verwöhnen, wie Sie nur mögen. Natürlich müssen Sie Ihre eigenen Reserven im Auge behalten, um sich nicht selbst zu überfordern. Doch sollten Sie immer bedenken, dass die Kooperationsbereitschaft des Kindes sehr davon abhängt, inwiefern es in den ersten Jahren das bekam, was es braucht!

Wenn das Kind all seine Möglichkeiten entdeckt, sich zu bewegen und sich auszudrücken, kann es natürlich auch sehr überschwänglich werden. Mit der gewohnten Ruhe, Ordnung und Sauberkeit ist es dann schnell vorbei. Das müssen Sie als Eltern tolerieren können. Allerdings können Sie sehr viel dazu tun, dass sich das Ganze in einem erträglichen Mass abspielt, indem Sie zum Beispiel die Kinder möglichst oft in der freien Natur ausleben lassen. Dadurch werden sie irgendwann von alleine müde, währenddem Kinder, die schon in diesem Alter mit Unterhaltungselektronik "bedient" werden, ihre Energie nicht brauchen können und deshalb geradezu provoziert werden, sich anderweitig auszutoben, sodass sie sehr schnell als Störenfriede wahrgenommen werden.

Toleranz ist von Ihnen auch gefordert, weil das Kind täglich Neues lernt und ihm dabei natürlich nicht alles auf Anhieb gelingen kann. Sie müssen also auch das eine oder andere Missgeschick in Kauf nehmen können und insbesondere Ihre Wohnung entsprechend einrichten.

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Willensbildung (etwa 2 bis 4 Jahre)

Sobald das Kind beginnt, seinen Willen zu entwickeln, in der Regel ab etwa dem dritten Lebensjahr, müssen Sie als Eltern besonders aufmerksam werden, wo Ihre eigenen Grenzen liegen. Denn nun geht es nicht mehr darum, einfach alles zu tolerieren, was dem Kind gerade so einfällt, sondern ihm beziehungsweise seinem Willen auch angemessen Grenzen zu setzen. Dazu gehört auch, dass Sie lernen, mit ihm Regeln zu vereinbaren.

Wenn das Kind zum Beispiel beginnt, im Garten die schönsten Blumen auszureissen, hat das in diesem Alter nicht mehr bloss mit kindlicher Entdeckungslust zu tun: Während Sie dem Kleinkind noch zugestehen sollten, dass es Blüten wortwörtlich nur erfassen kann, wenn es sie zumindest die ersten Male auch in die Hände nehmen darf, dürfen und sollen Sie von nun an fordern, dass es die Blumen nur noch mit den Augen betrachtet. Natürlich gibt es da eine Art Grauzone, die von allen Eltern anders definiert wird. Entscheidend ist, dass Sie nach Ihrem Gespür festlegen, was geht und was nicht - und dann konsequent dabei bleiben. Toleranz darf nicht als Ausrede dienen, aus Bequemlichkeit auf Grenzen zu verzichten.

Wenn das Kind beginnt Forderungen zu stellen, ist der Zeitpunkt reif, mit ihm Regeln zu vereinbaren. Dazu sind Kinder in diesem Alter fähig und auch bereit. Jedenfalls wenn sie schon zuvor erlebt haben, dass ihre Bedürfnisse von den Eltern miteinbezogen wurden. Fordern Sie deshalb im obigen Beispiel vom Kind nicht nur, dass es die Blumen stehen lässt, sondern regeln Sie mit ihm zusammen, was es im Garten darf und was nicht. Wenn das Kind spürt, dass seine Anliegen berücksichtigt werden, wird es sich Mühe geben, mit Ihnen eine Regel zu finden und bereit sein, die Verantwortung zu übernehmen, dass es diese einhalten kann (für die Kontrolle bleiben allerdings weiterhin Sie verantwortlich!).

Kinder sind von Natur aus ausgesprochen kooperativ, da ihnen sehr wohl bewusst ist, dass sie gewissermassen auf Gedeih und Verderb auf ihre Eltern - und somit auf deren Wohlergehen! - angewiesen sind. Darauf müssen Sie unbedingt von Anfang an bauen, ansonsten sich die Bereitschaft des Kindes sehr schnell verflüchtigen wird und es seine Eltern sozusagen als seine natürlichen Feinde betrachten wird.

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Sozialisation bis Pubertät (etwa 4 bis 16 Jahre)

Wenn Sie es in den beiden ersten Phasen der Erziehung geschafft haben, mit dem Kind einen kooperativen Umgang zu etablieren, werden Sie staunen, wie einfach es danach geht. Aus der hierarchischen Beziehung kann nun mehr und mehr ein partnerschaftliche Beziehung werden. Entscheidend ist, dass Sie die Regeln des Zusammenlebens zusammen entwickeln und vereinbaren. So kann das Kind beziehungsweise der Jugendliche auch ein Gespür für Toleranz entwickeln und Sie können offen miteinander diskutieren, wo und ab wann zum Beispiel die Musik wen stört. Verbote werden so völlig unnötig, ganz abgesehen davon, dass sie sowieso kontraproduktiv wären. An deren Stelle wächst die Verantwortung des Kindes.

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Toleranz der Eltern und Toleranz der Umwelt

Ein heikles Thema ist, wie viel Toleranz Sie als Eltern von der Umwelt gegenüber Ihren Kindern erwarten können, seien es die Nachbarn, seien es die Gäste im schicken Restaurant, die sich durch Kinderlärm gestört fühlen. Sicher kann Ihre eigene Toleranz nicht der alleinige Massstab sein; Und sicher dürfen Sie auch von kinderlosen Mitmenschen erwarten, dass diese Ihre Kinder auch als Teil ihrer eigenen Zukunft betrachten oder sich zumindest an ihre eigene Kindheit erinnern. Der Graubereich dazwischen ist aber naturgemäss gross. Sie sollten deshalb ein gewisses Gespür dafür entwickeln, was es erträgt und was nicht. Es kann schon bloss helfen sich zu vergegenwärtigen, dass Sie irgendwann auch wieder einmal in Ruhe auswärts essen möchten oder ein paar Tage Ferien abseits von Spielplätzen verbringen möchten. Bevor es zur Konfrontation kommt, ist natürlich das Gespräch hilfreich, denn in aller Regel genügt es schon nachzufragen, ob Ihre Kinder stören. Und falls ja, ist es immer noch einfacher, gemeinsam eine Lösung zu suchen. Nicht ganz unproblematisch kann die Haltung sein, dass die Nachbarn von sich aus Ihren Kindern Grenzen setzen werden. Es setzt nämlich eine gewisse Reife voraus, fremde Kinder in die Schranken zu weisen, ohne dabei zu übertreiben oder gar übergriffig zu werden. Diese Reife dürfen Sie schon zum Schutz Ihrer Kinder nicht einfach so von der Umwelt erwarten!

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Weiterführende Themen

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Übergeordnetes Thema

Willensbildung (zweite Phase der Erziehung)

Fragen und Feedback

Das "Zweimalzwei der Erziehung" ist zum Teil noch im Aufbau. Allfällige Fragen oder Feedback sind willkommen: Email

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