Tabus

Aus 2 x 2 der Erziehung
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Tabuisierung in der Erziehung bedeutet, dass gewisse Themen von Kindern nicht angesprochen werden dürfen, dass sie keine Antwort auf entsprechende Fragen erhalten oder dass gewisse Dinge ohne Begründung verboten werden. Eine Tabuisierung, insbesondere ohne plausible Begründung, kann das Vertrauen des Kindes beeinträchtigen. Tabus sind von Geheimnissen zu unterscheiden.

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Vertrauensbildung (bis etwa 2 Jahre)

Während der Phase der Vertrauensbildung sollen Sie grundsätzlich zu allem "Ja" sagen, was das Kind verlangt. Das heisst aber nicht, dass Sie auch als Eltern Grenzen haben. Wenn Ihr Kind zum Beispiel Ihren Intimbereich erforschen will und Ihnen das unangenehm ist, dürfen Sie das ablehnen, indem Sie sagen: "Nein, das mag ich nicht!". Das können auch kleine Kinder verstehen, da sie auch nicht immer und überall liebkost werden mögen. Geben Sie aber immer auf alle Fragen des Kindes eine Antwort. Wenn Sie die Frage aus irgendwelchen Gründen nicht beantworten wollen, sagen Sie das so ("Das ist mein Geheimnis!") oder erklären Sie zumindest, weshalb Sie die Frage dem Kind nicht beantworten wollen ("Das sage ich nur Deiner Mama!"). Schweigen, Verspotten oder gar Bestrafen, weil die Frage nicht sein darf, wären höchst kontraproduktiv.

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Willensbildung (etwa 2 bis 4 Jahre)

Wenn das Kind beginnt seinen Willen zu entwickeln, in der Regel etwa im dritten Lebensjahr, werden auch seine Fragen hartnäckiger, speziell die nach dem "Warum?". Das mag anfangs mühsam sein, doch sollten Sie sich bewusst sein, dass das Kind gerade einen grossen Schritt macht: Es beginnt sich für Zusammenhänge zu interessieren, insbesondere nach dem Zusammenhang von Ursache und Wirkung, Vergangenheit und Zukunft, aber auch zwischen dem "Ich" und dem "Du". Zudem prüft es, ob Sie wirklich so allwissend sind, wie es das bisher ganz selbstverständlich angenommen hat. Ihr Kind vertraut Ihnen, dass Sie offen und ehrlich zu ihm sind. Schon allein dieses Vertrauen hat Ihren grössten Respekt verdient!

Auch wenn es Ihnen womöglich leicht fallen mag, das Kind von den wirklichen Tatsachen abzulenken, müssen Sie sich immer bewusst sein, dass Kinder über ein ausgesprochen gutes Gespür verfügen. Stimmen Gespür des Kindes und Ihre Worte nicht überein, wird das Kind verwirrt, was wiederum sein Selbstvertrauen beeinträchtigen kann.

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Tabus und Geheimnisse

Tabus sind von Geheimnissen zu unterscheiden: Während ein Tabu sozusagen nicht sein darf und deshalb schon in seiner Existenz an sich negiert wird, wird ein Geheimnis als solches bezeichnet und darf auch sein. Damit können Kinder umgehen. Denn sobald das Thema Grenzen aktuell wird, also spätestens mit dem Beginn der Willensbildung, beginnen auch Kinder vermehrt ihre Grenzen zu behaupten. Sie wehren sich zum Beispiel gegen Liebkosungen oder verstecken Dinge, die sie ergattert haben und nicht mehr hergeben wollen. Es ist eine Frage des Respekts, dass Sie Geheimnisse des Kindes zulassen (jedenfalls solange nicht eine eigentliche Gefahr besteht).

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"Heikle" Themen

Manche Eltern tabuisieren einiges in durchaus bester Absicht, weil sie zum Beispiel der Meinung sind, dass Kinder mit dem Thema Tod überfordert seien. Dabei geht vergessen, dass Kinder mit sämtlichen natürlichen Vorgängen des Lebens, von der Geburt über Sexualität und Trennung bis zum Tod, völlig offen und frei von Wertungen umgehen können. Es ist sogar vielmehr so, dass Erwachsene diesbezüglich von Kindern sehr viel lernen könnten! Erklären Sie Ihrem Kind ruhig alles, was es wissen will und trauen Sie ihm zu, dass es mit Ihren Antworten umgehen kann. Verschonen sollten Sie es hingegen vor der Darstellung von Gewaltmissbrauch, insbesondere mit Mitteln der Unterhaltungselektronik, damit wäre es tatsächlich noch überfordert.

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Tabus und Metaebene

Ein echtes Tabu sollte in der Erziehung die sogenannte Metaebene sein, das heisst die Diskussion über die Erziehung. Diese Diskussion sollte den Eltern und deren Vertrauenspersonen vorbehalten sein. Sie brauchen also dem Kind nicht zu erklären, welche Grundsätze Sie anwenden ("Weisst Du, ich will möglichst liberal sein und bin offen für Dein Feedback."). Erst wenn Kinder von sich aus danach fragen ("Warum bist Du immer so streng?"), können und sollen Sie Ihre Haltung erklären. Bedenken Sie aber, dass der wichtigste Teil Ihrer Arbeit in den beiden ersten Phasen der Erziehung geschieht, zu einer Zeit, da in der Beziehung zwischen den Eltern und dem Kind eine natürliche Hierarchie besteht, das heisst, dass es an Ihnen liegt zum Beispiel für Respekt zu sorgen. Erst wenn Jugendliche mit der Selbstreflexion beginnen, in der Regel erst mit der Pubertät, können Sie fordern, dass sie sich für die Beziehung gleich verantwortlich fühlen. Dann kann es auch Zeit sein, zusammen Rückschau zu halten.

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Mögliche Folgen der Tabuisierung

Kinder haben ein sehr feines Gespür für Unstimmigkeiten. Gleichzeitig vertrauen sie ihren Eltern von Natur aus. Entstehen zu grosse Abweichungen zwischen dem Gespür des Kindes und dem Verhalten der Eltern, beginnt das Kind zu zweifeln. Tabus haben deshalb immer eine kontraproduktive Wirkung, da sie Kinder bestenfalls verwirren, schlimmstenfalls ihr Vertrauen - und somit auch ihr Selbstvertrauen - beeinträchtigen.

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Weiterführende Themen

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Übergeordnetes Thema

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Fragen und Feedback

Das "Zweimalzwei der Erziehung" ist zum Teil noch im Aufbau. Allfällige Fragen oder Feedback sind willkommen: Email