Prävention

Aus 2 x 2 der Erziehung
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Die elterliche Erziehungsarbeit ist die alles entscheidende Grundlage, um Fehlverhalten wie Gewalt, Lügen, Stehlen, Essstörungen, Missbrauch oder Sucht zu vermeiden. Dabei geht es immer um Grenzüberschreitungen, weshalb fast einzig die ersten Jahre entscheidend sind. Danach können Eltern fast nichts mehr bewirken: Wenn das Kind bis dann nicht eine gewisse Reife erlangt hat, bleibt bloss noch die Nacherziehung, die allerdings ungleich schwieriger und aufwändiger ist!

Die Präventionsarbeit in Schulen und Freizeiteinrichtungen kann nützlich sein, doch kommt sie eigentlich bereits zu spät, weshalb sie längst nicht so wirkungsvoll sein kann, wie es die elterliche Erziehungsarbeit zuvor hätte sein können.

Die entscheidenden Phasen

Die Zeit, während der Ihre Erziehungsarbeit wirkungsvoll sein kann, ist knapp bemessen: Bereits im Alter von etwa vier Jahren wird die Persönlichkeit Ihres Kindes so weit ausgebildet sein, dass sie sich kaum noch wesentlich verändert. Die ersten vier Jahre der Erziehung entscheiden denn auch zum weitaus grössten Teil über den Erfolg Ihrer Arbeit als Eltern. Danach sollte sich Ihre Arbeit auf eine Art "Begleitung" reduzieren können. Ansonsten werden Schule und Gesellschaft mit der Arbeit des "Nacherziehens" beschäftigt, was aber zumindest nicht deren vorrangige Aufgabe ist und zudem ausserhalb Ihrer Einflussnahme geschieht, sodass Sie sich darauf nicht verlassen können.

Phase der Vertrauensbildung (bis etwa 2 Jahre)

Während der Phase der Vertrauensbildung geht es vor allem darum, dass Sie alle Grundbedürfnisse möglichst immer und sofort befriedigen. Wenn das grenzenlose Vertrauen des Kindes in seine Eltern nicht bestätigt wird, können zum Beispiel Sehnsuchtsgefühle entstehen, die später zu süchtigem Verhalten führen können. Eines der wichtigsten - und häufig leider unterschätzten - Bedürfnisse des Kindes ist wirklicher Trost (statt blosses Vertrösten). Erinnern Sie sich daran, dass bedingungsloser Trost auch dann hilft, wenn Sie einmal nicht in der Lage sein sollten, dem Kind das zu geben, was es gerade braucht! Vertrauen Sie immer dem Gespür des Kindes, es weiss ganz genau, was es wann braucht und wie viel. Das beste Übungsfeld ist Essen und Trinken: Kinder machen sich immer von sich aus bemerkbar, wenn sie Hunger oder Durst haben, Sie brauchen weder dauernd zu fragen, noch das Kind zu bestimmten Zeiten zwingen. Achten Sie im Sinne der Vorsorge vor allem auf folgende Themen:

Während der Vertrauensbildung schaffen Sie das Fundament der Beziehung zu Ihrem Kind. Und Beziehung wiederum ist die wichtigste Voraussetzung überhaupt, wenn Sie Ihrem Kind später helfen wollen. Ist die Beziehung beeinträchtigt, wird sich das Kind Ihnen nicht mehr genügend anvertrauen können und Hilfe anderswo suchen, wo dann die Gefahr gross ist, dass seine Hilflosigkeit missbraucht wird.

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Phase der Willensbildung (etwa 2 bis 4 Jahre)

Wenn das Kind beginnt seinen Willen zu entwickeln, in der Regel etwa im dritten Lebensjahr, braucht es nebst Herausforderungen vor allem klare Grenzen. Scheuen sich Eltern zu sehr, dem Kind auch konsequent "Nein!" zu sagen, wird es immer weiter wüten, schlagen und fordern, bis es endlich an eine Grenze stösst, was offensichtlich sehr schnell gefährlich werden kann, sowohl für die Umgebung als auch für das Kind selbst. Die Voraussetzungen für spätere Gewalttätigkeit entstehen in dieser Phase! Achten Sie im Sinne der Vorsorge vor allem auf folgende Themen:

Die Phase der Willensbildung kann für Eltern sehr anspruchsvoll sein. Lassen Sie sich durch den Widerstand des Kindes aber nicht entmutigen und nehmen Sie Konfrontation an. Ihr Kind ist gerade in dieser Zeit dringend auf Sie angewiesen! Sie müssen deshalb lernen, auch "Nein!" zu sagen und auf allfälliges Toben angemessen zu reagieren. Nur so kann das Kind seinen unbändigen Willen gewissermassen kultivieren und erfahren, wie es mit Grenzen respektvoll und geschickt umgehen kann. Das Ganze gilt aber selbstverständlich auch umgekehrt, das heisst, auch Sie müssen lernen, das "Nein!" des Kindes zu respektieren! Das gilt zudem ganz besonders, wenn Sie finden, Sie "meinten es doch bloss gut" ("Lass Dich umarmen!") oder das Kind aus blossen Anstand zu etwas zwingen, was ihm widerstrebt ("Gib Opa noch ein Küsschen!"). Wenn das "Nein!" des Kindes einfach übergangen wird, glaubt es irgendwann, dass das normal sei und wird sich später ebenso verhalten, also Mühe haben, Grenzen zu setzen beziehungsweise solche zu respektieren.

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Sozialisation bis Pubertät (etwa 4 bis 16 Jahre)

Sollen Ihre Kinder also reif für’s Leben werden, sollten Sie sich vor allem auf die beiden ersten Lebensphasen, nämlich die Vertrauensbildung (bis etwa zwei Jahre) und die Willensbildung (von etwa zwei bis vier Jahre) konzentrieren. Das ist nicht nur eine sehr schöne, sondern auch eine sehr intensive Zeit. Sie werden aber am Ende mit grosser Befriedigung feststellen können, dass es sich gelohnt hat, in diese Zeit zu investieren. Das "Zweimalzwei der Erziehung" konzentriert sich deshalb fast ausschliesslich auf diese Zeit. Denn alles, was danach kommt, wird wie von allein gehen, wenn das Kind genügend Selbstvertrauen aufbauen konnte und ihm seine Eltern gelehrt haben, Grenzen zu respektieren!

Aufklärung

Sobald sich das Kind ausserhalb des elterlichen Fürsorgebereichs zu bewegen beginnt, wird es einer Vielzahl von Gefahren ausgesetzt sein, die Sie kaum mehr kontrollieren können. Es ist deshalb entscheidend, dass Sie es bis dahin geschafft haben, so mit Grenzen umzugehen, dass das Kind einerseits seine eigenen Grenzen setzen kann, andererseits Grenzen respektieren kann. Haben Sie ihm auch sein natürlcihes Gespür belassen, wird es zum Besipiel in der KITA kaum gefährdet sein, missbraucht zu werden.

Nacherziehung

Ist das Kind mit Beginn der Sozialisation noch nicht genügend reif, wird es Mühe haben, seine eigene Persönlichkeit auszuleben und gleichzeitig die Bedürfnisse seiner Mitmenschen zu respektieren, es fällt dann häufig entweder als Störenfried oder umgekehrt als Duckmäuser auf. Dann bleibt nur noch das Mittel der Nacherziehung, was aber ungleich schwieriger und aufwändiger ist. Zudem schwindet einerseits der Einfluss der Eltern mit dem Eintritt in die (Vor)Schule schon aus zeitlichen Gründen rapide, und haben andererseits die wenigsten Lehrkräfte Lust und Zeit wesentliche Erziehungsarbeit zu leisten. Sie betrachten das in der Regel zu Recht nicht als ihre Aufgabe und sind mit dem Bildungsauftrag schon genügend ausgelastet.

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Professionelle Prävention

Die westliche Zivilisation bringt nebst natürlichen, noch eine ganze Reihe von künstlichen Gefahren für Kinder und Jugendliche mit, wie sie zum Beispiel von Drogen, Pornographie, Gewaltdarstellungen oder Social Media ausgehen. Die schier grenzenlose Verfügbarkeit kann auch Eltern, denen es gelungen ist, ihre Kinder zu reifen Menschen zu erziehen, vor nahezu unlösbare Problem stellen. Es wäre denn auch in der Verantwortung der Gesellschaft, insbesondere aber des Gesetzgebers, für mehr Schutz zu sorgen. Leider überwiegen aber allzu häufig immer noch wirtschaftliche Interessen, wenn es um griffigere Einschränkungen geht (Exkurs: Kritik an der Politik).

Immerhin sollten Sie sich bei der ganzen Problematik bewusst sein, dass diese Gefahren, die Sie allein als Eltern kaum mehr bändigen können, bei reifen Jugendlichen kaum Schaden anrichten. Und für diese Reife waren ja Sie als Eltern während den beiden ersten, alles entscheidenden Phasen der Erziehung selbst verantwortlich. Untersuchungen zeigen hingegen immer wieder, dass Jugendliche, deren Persönlichkeit noch unreif ist, sehr wohl gefährdet sind, zum Beispiel Gewalt aus Videospielen in der realen Welt nachzuahmen.

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Weiterführende Themen

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Fragen und Feedback

Das "Zweimalzwei der Erziehung" ist zum Teil noch im Aufbau. Allfällige Fragen oder Feedback sind willkommen: Email