Macht

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Macht ist zunächst schlicht die Fähigkeit etwas zu bewirken, also eine grundsätzlich positive Eigenschaft der Persönlichkeit. Erst wenn diese Fähigkeit zum Nachteil anderer eingesetzt wird, wird es problematisch. Das Kind erfährt seine Macht, wenn es seinen Willen zu entwickeln beginnt, in der Regel etwa im dritten Lebensjahr. Für die Erziehung ist zudem wichtig, dass zwischen den Eltern und dem Kind eine natürliche Hierarchie besteht, die von Ihnen besondere Vorsicht verlangt.

Vertrauensbildung (bis etwa 2 Jahre)

Während der Phase der Vertrauensbildung besteht die Macht des Kindes im Wesentlichen darin, dass es seine Eltern auf seine Grundbedürfnisse aufmerksam machen kann.

Fähigkeit, etwas zu bewirken

Macht ist schlicht die Fähigkeit, etwas zu bewirken. Diese Fähigkeit hat das Kind schon bei der Geburt, wenn es zum Beispiel durch Schreien seinen Hunger meldet und so bewirkt, dass es gestillt wird. Oder wenn es später durch sein Lächeln Kontakt zu Ihnen sucht und findet. Überhaupt kann die Geburt eines Kindes das Leben seiner Eltern geradezu auf den Kopf stellen. Diese Macht hat das Kind, obwohl seine körperlichen Kräfte und kognitiven Fähigkeiten noch sehr beschränkt sind! Sie kann sehr subtil sein und Ihre ganze Aufmerksamkeit verlangen, zum Beispiel wenn es um das Einschlafen geht: Das Kind kann erst dann einschlafen, wenn es erstens genügend müde ist und zweitens bereit dazu ist. Wenn Sie von ihm hingegen verlangen, dass es zu einer bestimmten Uhrzeit schlafen gehen muss, kann das sehr schwierig werden, da das Kind damit schlicht überfordert ist. Daraus können schnell Machtkämpfe entstehen, die eigentlich völlig unnötig sind und zudem das Vertrauen beeinträchtigen.

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Grundbedürfnisse und Macht

Die Grundbedürfnisse des Kindes können anfangs nur durch die Eltern befriedigt werden, das Kind kann bloss durch seine Mimik oder Gestik, notfalls durch Schreien, auf sich aufmerksam machen. Die Macht, für das Kind zu sorgen, liegt also bei Ihnen. Das gibt Ihnen zumindest währende den beiden ersten, alles entscheidenden Phasen der Erziehung eine grosse Verantwortung, mit der Sie sorgfältig umgehen müssen. Es bedeutet aufmerksam zu sein für das, was das Kind von Ihnen braucht und gleichzeitig den eigenen Fähigkeiten des Kindes zu vertrauen. Fragen Sie das Kind immer zuerst, ob Sie ihm helfen sollen und halten Sie sich möglichst zurück beim unaufgeforderten Nachhelfen und Abnehmen. Es wird immer und sofort nach Ihnen verlangen, wenn es Sie braucht, zuerst will es aber selbst ausprobieren! So können Sie ihm Macht abgeben und es erfährt, wie es Ihnen je länger, desto weniger von Ihnen abhängig ist.

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Hierarchie und Macht

Menschenkinder sind bei ihrer Geburt auf die Fürsorge ihrer Eltern angewiesen, die dafür verantwortlich sind, dass das Kind seine Persönlichkeit so weit entwickeln kann, dass es nach den beiden ersten, alles entscheidenden Phasen der Erziehung genügend reif ist. Aus dieser einseitigen Verantwortung folgt die Hierarchie in der Beziehung zwischen den Eltern und dem Kind. Dieser Verantwortung müssen Sie sich als Eltern bewusst sein. Sie müssen lernen, während der Phase der Vertrauensbildung zunächst einmal "Ja" zu sagen (wenn nicht gerade eine wirkliche Gefahr droht). Lassen Sie das Kind zum Beispiel so viel und oft spielen oder singen, wie es mag. Es sollte möglichst immer selbst entscheiden dürfen, wann es genug hat. Ihre Macht einzugreifen sollte sich auf Notfälle beschränken, also nicht schon wegen Bagatellgefahren, die zwar schmerzhaft sein können, aber nicht zu eigentlichen Verletzungen führen können. Nur wenn das Kind erfährt, dass Sie ihm und seinen Fähigkeiten vertrauen, wird es sich in seinem Vertrauen in Sie bestätigt fühlen und entsprechend Selbstvertrauen aufbauen können.

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Willensbildung (etwa 2 bis 4 Jahre)

Wenn das Kind beginnt, seinen Willen zu entwickeln, in der Regel etwa im dritten Lebensjahr, wird es nicht mehr einfach allem zustimmen, was Sie ihm vorschlagen. Es wird ausprobieren, was es alles mit seinem Willen bewirken kann. Seine Macht wird von einer eher passiven zu einer betont aktiven. Um damit klarzukommen, braucht es nun Herausforderungen und Grenzen.

Wille und Macht

Der frisch erwachte Wille des Kindes ist anfangs noch absolut und kompromisslos. Die meisten Eltern reagieren deshalb überrascht oder gar erschrocken, wenn ihnen diese Kraft plötzlich entgegenschlägt. Als Erstes sollten Sie sich bewusst sein, dass Ihr Kind gerade eine der wichtigsten Eigenschaften der menschlichen Persönlichkeit überhaupt entwickelt: seinen eigenen Willen. Und als Zweites, dass Sie als Eltern dafür verantwortlich sind, dass Ihr Kind diese Kraft gewissermassen kultivieren kann. Dazu braucht es Ihren Widerstand in Form von Herausforderungen und Grenzen. Gleichzeitig müssen Sie ein Gespür dafür entwickeln, wann Sie "hart" bleiben wollen und wann Sie nachzugeben bereit sind. Wenn Ihnen zum Beispiel die Gesundheit des Kindes wichtig ist, müssen Sie entsprechend hart bleiben, wenn es nach Süssgetränken verlangt. Für die Erziehung wichtig ist dabei weniger, wo Sie die Linie ziehen, sondern dass Sie diese konsequent verfolgen. Denn das Kind braucht von Ihnen eine Art Leitplanke als Sicherheit, ansonsten es wortwörtlich zu überborden droht. Und wie immer, wenn es um Sicherheit geht, ist es besser, etwas mehr als zu wenig davon zu haben. Sagen Sie deshalb im Zweifel eher "Nein!", als dass Sie sich durch Drängen des Kindes oder aus Bequemlichkeit erweichen lassen - und bleiben Sie dabei!

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Regeln

Macht sollten Sie also als eine positive Fähigkeit betrachten. Sobald der Mensch aber nicht mehr alleine ist, braucht es Regeln, ansonsten sich einfach der Mächtigere, Stärkere durchsetzen würde. Anfangs sind das noch von Ihnen einseitig festgesetzte Abmachungen, doch spätestens, wenn das Kind beginnt seinen Willen zu entwickeln, sollten Sie es miteinbeziehen und mit ihm gegenseitige Vereinbarungen suchen. So könnten Sie es zum Beispiel mitbestimmen lassen, wann es welche Spielsachen wo verräumen muss. Sie übergeben ihm damit Verantwortung und es wird sich umso mehr Mühe geben, sich an die Regel zu halten. Zudem erfährt es, dass man Macht durch Regeln auch teilen kann und so Beziehung schaffen kann.

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Machtmissbrauch

Zwischen den Eltern und dem Kind besteht eine natürliche Hierarchie. Dabei sollte es aber weniger um Macht als mehr um Verantwortung für die Beziehung gehen. Denn diese Verantwortung liegt zumindest während den beiden ersten, alles entscheidenden Phasen der Erziehung einzig und allein bei Ihnen! Sie können also nicht etwa dem Kind vorwerfen, es würde Sie mit seinem Verhalten manipulieren. Es liegt vielmehr an Ihnen zu lernen, mit dem Willen des Kindes umzugehen, insbesondere konsequent "Nein!" zu sagen. Dazu braucht es keinerlei Gewalt, sondern einzig Ihr überzeugtes Auftreten. Das kann zum Beispiel bedeuten, dass Sie sich ihm mit Ihrem Körper entgegenstellen, nicht aber, dass Sie es festhalten oder wegsperren. Der Unterschied mag subtil sein, ist aber entscheidend! Als Leitlinie gilt, dass Ihr passiver Widerstand zulässig und nötig ist, ein aktives Eingreifen aber unzulässige Gewalt bedeutet (abgesehen von Notfällen). Ein wiederholter Machtmissbrauch kann zu einem gebrochenem Willen führen, was sich äusserst kontraproduktiv auswirken würde.

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Machtkampf und Machtspiele

Manche Eltern empfinden den Umgang mit dem kindlichen Willen als einen nicht enden wollenden Machtkampf. Die Ursache dafür liegt meistens in der irrtümlichen Meinung, man könne mit einem Kind, das gerade seinen eigenen Willen entwickelt, gleich umgehen wie mit einem Erwachsenen, also mit Anstand, höflichem Bitten oder Rücksicht und Kompromissen. Damit ist ein Kind in diesem Alter aber noch überfordert! Es versteht bloss "Ja" oder "Nein!", all die möglichen Zwischentöne kann es noch gar nicht verstehen. Sie müssen also in erster Linie lernen, Klartext zu sprechen, und zwar laut und deutlich! Respekt in dieser Phase bedeutet gerade nicht, dass Sie Anstand walten lassen, sondern auf den Entwicklungsstand des Kindes achten. Erst wenn Sie feststellen, dass das Kind so reif ist, dass es mit Regeln umgehen kann, können Sie in einen eher partnerschaftlichen Tonfall wechseln.

Wenn Eltern vom Kind in der Phase der Willensbildung zum Beispiel Aufforderungen als Frage formulieren ("Würdest Du bitte die Schuhe anziehen?"), wird es sich die selbstverständliche Freiheit nehmen, diese als solche zu verstehen und je nach Lust und Laune auch mit "Nein" zu beantworten. Das ist im Übrigen nichts als vernünftig und Vorwürfe ("Hast Du mich nicht verstanden?") wären nicht nur unangemessen, sondern höchst kontraproduktiv! Machtkämpfe und Machtspiele entstehen, wenn Eltern nicht klar genug sind, sich wankelmütig verhalten oder eigene Regeln nicht einhalten. Das Kind weiss dann nicht, woran es ist, wo die Grenzen sind und was es wirklich zu tun oder zu lassen hat. Wenn dann noch Drohungen oder Strafen dazukommen, entsteht sehr schnell ein Teufelskreis, aus dem Eltern nicht mehr so einfach herausfinden und womöglich am Ende gar noch gewalttätig werden. Das Kind hat dann gleich doppelt verloren, hat es doch erstens von seinen Eltern nicht erhalten, was es dringend braucht, nämlich Grenzen, und wird zweitens auch noch für deren Nachlässigkeit bestraft. Haben Sie also Mut zu Ihrem "Nein!" und bleiben Sie konsequent dabei. Selbst wenn das "Nein!" vielleicht einmal zu hart ist, kann das Kind damit besser umgehen, als wenn Sie es wieder halb zurücknehmen ("Jein")!

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Ohnmachtsgefühle

Kinder sind bei ihrer Geburt vollumfänglich auf die Fürsorge ihrer Eltern angewiesen. Sie erfahren fortlaufend, dass die Eltern offenbar alles können, haben und wissen, was es zum Leben braucht und scheinbar beliebig entscheiden können. Diese elterliche Übermacht gibt dem Kind einerseits eine grosse Sicherheit. Sie kann aber auch als bedrohlich empfunden werden, vor allem vom Moment an, da das Kind seinen eigenen Willen zu entwickeln beginnt und dieser von den Eltern einfach ignoriert oder gar gebrochen wird. Es ist deshalb wichtig, dass das Kind erfahren darf, dass es sich auch einmal gegen Ihren Willen durchsetzen kann. Wenn es zum Beispiel unbedingt noch eine weitere Nacht auswärts schlafen will und sich mit all seiner Kraft dafür ersetzt, sollten Sie sich gut überlegen, ob das nicht möglich ist, auch wenn es vielleicht nicht ganz Ihren ursprünglichen Plänen entspricht. Wenn Sie sich solchen Begehren immer wieder "aus Prinzip" entgegensetzen und das Kind zu etwas zwingen, zu dem es unmissverständlich "Nein!" sagt, ist die Gefahr gross, dass es irgendwann zu resignieren oder umgekehrt zu rebellieren beginnt, je nach seiner Persönlichkeit. Der Entscheid zwischen Nachgeben und Konsequent bleiben kann eine Gratwanderung sein. Haben Sie Zweifel, sollten Sie sich immer überlegen, um was es wirklich geht und was Ihnen wie wichtig ist. Verlangt das Kind zum Beispiel Süssigkeiten, während Sie ihm lieber einen Apfel geben würden, müssen Sie sich zuerst sicher sein, wie wichtig Ihnen seine Gesundheit ist.

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Weiterführende Themen

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Übergeordnetes Thema

Willensbildung (zweite Phase der Erziehung)

Fragen und Feedback

Das "Zweimalzwei der Erziehung" ist zum Teil noch im Aufbau. Allfällige Fragen oder Feedback sind willkommen: Email

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