Lernen der Eltern: Unterschied zwischen den Versionen

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Eines der grössten [[Missverständnisse]] in der Erziehung ist wohl, dass es die Kinder seien, die lernen müssten, wo diese doch von sich aus und ganz alleine lernen, während Eltern die [[Erziehungskompetenzen|Fähigkeit Kinder zur erziehen]], in der Regel nicht einfach so von Natur aus mitbringen. Und tun sie sich häufig ungleich schwerer damit, das zu lernen, was für ihre Erziehungsarbeit notwendig ist.
Eines der grössten [[Missverständnisse]] in der Erziehung ist wohl, dass es die Kinder seien, die lernen müssten, wo diese doch von sich aus und ganz alleine lernen, während Eltern die [[Erziehungskompetenzen|Fähigkeit Kinder zur erziehen]], in der Regel nicht einfach so von Natur aus mitbringen. Und tun sie sich häufig ungleich schwerer damit, das zu lernen, was für ihre Erziehungsarbeit notwendig ist.


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Am Ende seiner Entwicklung sollte das erwachsene Kind [[selbständig]] und gleichzeitig [[beziehungsfähig]] sein. Das heisst der junge Erwachsene kann mit seiner gewonnen [[Freiheit]] [[Verantwortung des Kindes|verantwortungsvoll]] umgehen: Er hat alle seine [[Fähigkeiten]] voll entwickelt und kann sein [[Kreativität|kreatives Potential]] ausleben, zu seinen eigenen Gunsten wie auch zum Nutzen der Gesellschaft. 
 
==Kernkompetenzen==


Grundsätzlich genügt es, die beiden [[Grundprinzipien der Erziehung]] verstanden zu haben, denn alles andere kann daraus abgeleitet werden. Es geht dabei um die fundamentalen Zusammenhänge zwischen
Grundsätzlich genügt es, die beiden [[Grundprinzipien der Erziehung]] verstanden zu haben, denn alles andere kann daraus abgeleitet werden. Es geht dabei um die fundamentalen Zusammenhänge zwischen
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Wenn sie mit dem {{22}} zu arbeiten gedenken, sollten Sie sich damit einigermassen anfreunden können (ansonsten Ihnen möglicherweise andere [[Erziehungsmodelle]] besser entsprechen).
Wenn sie mit dem {{22}} zu arbeiten gedenken, sollten Sie sich damit einigermassen anfreunden können (ansonsten Ihnen möglicherweise andere [[Erziehungsmodelle]] besser entsprechen).


===Ziel der Erziehung===
Wichtig ist schliesslich, dass Sie sich bewusst sind, dass einzig und allein Sie als Eltern für die Erziehung [[Verantwortung der Eltern|verantwortlich]] sind. Sie können diese Aufgabe niemals delegieren und Sie dürfen schon gar nicht die  Kinder selbst dafür verantwortlich machen. Auch wenn Sie die Kinder fremdbetreuen lassen, bleiben Sie die erste Bezugsperson für das Kind. Das gilt insbesondere für Eltern, die sich davor fürchten, ihren Kindern Grenzen zu setzen und dabei hoffen, dass das dann in der (Vor)[[Schule]] "schon irgendwie von alleine komme". Sie würden damit nicht nur die Schule überfordern, sondern sich selbst auch noch der Beziehung zum Kind rauben. Noch gefährlicher ist es, für irgendwelche Erziehungsschwierigkeiten den Kindern die Schuld in die Schuhe schieben zu wollen ("Du musst halt endlich einmal lernen..."). Denn zwischen Eltern und Kindern besteht eine [[Hierarchie]], das heisst zumindest [[Phasen der Erziehung|in den ersten Jahren]] sind Sie allein für die [[Beziehung zwischen den Eltern und dem Kind|Beziehung zum Kind]] verantwortlich.
Am Ende seiner Entwicklung sollte das erwachsene Kind [[selbständig]] und gleichzeitig [[beziehungsfähig]] sein. Das heisst der junge Erwachsene kann mit seiner gewonnen [[Freiheit]] [[Verantwortung des Kindes|verantwortungsvoll]] umgehen: Er hat alle seine [[Fähigkeiten]] voll entwickelt und kann sein [[Kreativität|kreatives Potential]] ausleben, zu seinen eigenen Gunsten wie auch zum Nutzen der Gesellschaft.
 
Als Eltern haben Sie also einiges zu lernen, das auf den ersten Blick nicht ganz so offensichtlich ist - und auf den zweiten Augenblick auch nicht ganz so einfach. Das Gute daran ist, dass Kinder äusserst ausdauernde "Lehrer" sind! Ihr Kind wird Sie immer wieder von Neuem durch sein [[Verhalten]] daran erinnern, wo und was Sie noch zu lernen haben.


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===Entwicklungsphasen des Kindes===
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Ein Kind entwickelt sich nicht einfach kontinuierlich, sondern durchlebt in den ersten, alles entscheidenden Jahren zwei [[Phasen der Erziehung|klar voneinander zu unterscheidende Phasen]], auf die Eltern entsprechend reagieren müssen. Zunächst kommt das Kind von Geburt aus mit einem grenzenlosen Vertrauen auf die Welt. Es verlässt sich insbesondere auf seine Eltern, dass alle seine Grundbedürfnisse sofort und genügend befriedigt werden. Die zweite entscheidende Phase beginnt mit der Willensentwicklung (von Eltern häufig als Trotzphase bezeichnet). In dieser Zeit braucht das Kind vor allem Grenzen.
 
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===Zusammenhang zwischen Vertrauen und Selbstvertrauen===
Etwa in den beiden ersten Lebensjahren entwickelt das Kind in dem Masse [[Selbstvertrauen]], wie die Eltern gelernt haben, den [[Grundbedürfnisse des Kindes|Bedürfnissen]] und [[Fähigkeiten]] des Kindes zu [[Vertrauen der Eltern|vertrauen]]. Es ist das bedingungslose [[Ja|"Ja"]] zum Kind. Das ist nicht ganz so einfach, wie es zunächst tönen mag. Denn es bedeutet zum Beispiel, dass Sie die Geduld aufbringen können, immer zuerst das Kind ausprobieren zu lassen, bevor Sie ihm helfen. Oder dass Sie immer, wenn das Kind schreit, annehmen, dass es etwas braucht und sich bemühen herauszufinden, was!  
Etwa in den beiden ersten Lebensjahren entwickelt das Kind in dem Masse [[Selbstvertrauen]], wie die Eltern gelernt haben, den [[Grundbedürfnisse des Kindes|Bedürfnissen]] und [[Fähigkeiten]] des Kindes zu [[Vertrauen der Eltern|vertrauen]]. Es ist das bedingungslose [[Ja|"Ja"]] zum Kind. Das ist nicht ganz so einfach, wie es zunächst tönen mag. Denn es bedeutet zum Beispiel, dass Sie die Geduld aufbringen können, immer zuerst das Kind ausprobieren zu lassen, bevor Sie ihm helfen. Oder dass Sie immer, wenn das Kind schreit, annehmen, dass es etwas braucht und sich bemühen herauszufinden, was!  


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===Zusammenhang zwischen (freiem) Willen und Grenzen===
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Wenn sich im Alter von etwa drei Jahren der [[Willensbildung|Wille des Kindes]] zu entwickeln beginnt (häufig auch als Trotzphase empfunden), müssen die Eltern lernen, dem Kind [[Grenzen]] zu setzen, indem sie ihm auch konsequent [[Nein der Eltern|"Nein"]] sagen. Voraussetzung dafür ist ein tragfähiges Vertrauensverhältnis zwischen Ihnen und dem Kind. Ansonsten werden sowohl Sie selbst als auch das Kind mit [[Verlustangst]] reagieren. Denn wer nicht wirklich "Ja" sagen kann, kann auch nicht "Nein" sagen!
Wenn sich im Alter von etwa drei Jahren der [[Willensbildung|Wille des Kindes]] zu entwickeln beginnt (häufig auch als Trotzphase empfunden), müssen die Eltern lernen, dem Kind [[Grenzen]] zu setzen, indem sie ihm auch konsequent [[Nein der Eltern|"Nein"]] sagen. Voraussetzung dafür ist ein tragfähiges Vertrauensverhältnis zwischen Ihnen und dem Kind. Ansonsten werden sowohl Sie selbst als auch das Kind mit [[Verlustangst]] reagieren. Denn wer nicht wirklich "Ja" sagen kann, kann auch nicht "Nein" sagen!


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Solange das Kind - abgesehen vom Lebenswillen - noch keinen eigenen Willen entwickelt hat, können Sie davon ausgehen, dass es immer um seine [[Grundbedürfnisse des Kindes|Grundbedürfnisse]] geht, was auch immer es verlangt. Und diese müssen sofort befriedigt werden. Wünsche hingegen sind in die Zukunft gerichtet und entwickeln Kinder von Natur aus erst mit der Willensbildung. Allerdings ist es durchaus so, dass vielen Kindern, gerade in der vorherrschenden [[Überfluss|Überflussgesellschaft]], schon vorher Wünsche gewissermassen [[verziehen|anerzogen]] werden, indem ihnen dauernd etwas angeboten wird, das sie von sich aus gar nicht verlangt haben (insbesondere Süssigkeiten, Geschenke und überhaupt Reizüberflutung aller Art). Erst wenn das Kind seinen eigenen Willen ausdrückt ("Ich will..."), wird es schwieriger. Denn jetzt müssen Sie als Eltern erstens erkennen können, ob es sich um ein Grundbedürfnis (wie zum Beispiel essen) handelt oder bloss um einen Wunsch (wie jener nach Süssigkeiten). Und vor allem müssen Sie lernen, zu den Wünschen des Kindes auch "Nein" sagen zu können.


===Unterscheidung zwischen Grundbedürfnissen und Wünschen===
Etwas einfacher, da heutzutage doch ziemlich selbstverständlich, ist ein [[Respekt der Eltern|respektvoller Umgang]] mit Ihrem Kind. Das bedeutet, dass Sie annehmen können, dass Ihr Kind erstens eine eigenständige [[Persönlichkeit]] hat, und diese zweitens dank seinen [[Fähigkeiten]] auch [[selbst tun|selbst]] entwickeln kann.
Solange das Kind - abgesehen vom Lebenswillen - noch keinen eigenen Willen entwickelt hat, können Sie davon ausgehen, dass es immer um seine [[Grundbedürfnisse des Kindes|Grundbedürfnisse]] geht, was auch immer es verlangt. Und diese müssen sofort befriedigt werden. Wünsche hingegen sind in die Zukunft gerichtet und entwickeln Kinder von Natur aus erst mit der Willensbildung. Allerdings ist es durchaus so, dass vielen Kindern, gerade in der vorherrschenden [[Überfluss|Überflussgesellschaft]], schon vorher Wünsche gewissermassen [[verziehen|anerzogen]] werden, indem ihnen dauernd etwas angeboten wird, das sie von sich aus gar nicht verlangt haben (insbesondere Süssigkeiten, Geschenke und überhaupt Reizüberflutung aller Art). Erst wenn das Kind seinen eigenen Willen ausdrückt ("Ich will..."), wird es schwieriger. Denn jetzt müssen Sie als Eltern erstens erkennen können, ob es sich um ein Grundbedürfnis (wie zum Beispiel essen) handelt oder bloss um einen Wunsch (wie jener nach Süssigkeiten). Und vor allem müssen Sie lernen, zu den Wünschen des Kindes auch "Nein" sagen zu können.


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==Weitere Kompetenzen==
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* '''Respekt für die Persönlichkeit des Kindes''': Etwas einfacher, da heutzutage doch ziemlich selbstverständlich, ist ein [[Respekt der Eltern|respektvoller Umgang]] mit Ihrem Kind. Das bedeutet, dass Sie annehmen können, dass Ihr Kind erstens eine eigenständige [[Persönlichkeit]] hat, und diese zweitens dank seinen [[Fähigkeiten]] auch [[selbst tun|selbst]] entwickeln kann.
==Erziehung und Beziehung==
* '''Verantwortung der Eltern''': Wichtig ist schliesslich, dass Sie sich bewusst sind, dass einzig und allein Sie als Eltern für die Erziehung [[Verantwortung der Eltern|verantwortlich]] sind. Sie können diese Aufgabe niemals delegieren und Sie dürfen schon gar nicht die  Kinder selbst dafür verantwortlich machen. Auch wenn Sie die Kinder fremdbetreuen lassen, bleiben Sie die erste Bezugsperson für das Kind. Das gilt insbesondere für Eltern, die sich davor fürchten, ihren Kindern Grenzen zu setzen und dabei hoffen, dass das dann in der (Vor)[[Schule]] "schon irgendwie von alleine komme". Sie würden damit nicht nur die Schule überfordern, sondern sich selbst auch noch der Beziehung zum Kind rauben. Noch gefährlicher ist es, für irgendwelche Erziehungsschwierigkeiten den Kindern die Schuld in die Schuhe schieben zu wollen ("Du musst halt endlich einmal lernen..."). Denn zwischen Eltern und Kindern besteht eine [[Hierarchie]], das heisst zumindest [[Phasen der Erziehung|in den ersten Jahren]] sind Sie allein für die [[Beziehung zwischen den Eltern und dem Kind|Beziehung zum Kind]] verantwortlich.  
Schliesslich ist noch anzufügen, dass Eltern, die als Kinder ihrerseits die Erziehung positiv erfahren haben, natürlich die besseren Voraussetzungen mitbringen, zumal ihnen diese Grundlage ja auch schon in der [[Beziehung zwischen Vater und Mutter|eigenen Beziehung]] geholfen hat: Sie haben erfahren, wo Herausforderungen liegen können und nach welchen Regeln diese zu meistern sind. Ein wesentlicher Unterschied ist allerdings, dass das Elternpaar das ganze Leben lang Zeit dafür haben, während die eigentliche Erziehungsarbeit bloss [[Phasen der Erziehung|etwa vier Jahre]] dauert. Danach ist die Persönlichkeit des Kindes so weit ausgebildet, dass [[Nacherziehen|Korrekturen]] nicht mehr oder nur noch mit sehr grossem Aufwand möglich sind.


Als Eltern haben Sie also einiges zu lernen, das auf den ersten Blick nicht ganz so offensichtlich ist - und auf den zweiten Augenblick auch nicht ganz so einfach. Das Gute daran ist, dass Kinder äusserst ausdauernde "Lehrer" sind! Ihr Kind wird Sie immer wieder von Neuem durch sein [[Verhalten]] daran erinnern, wo und was Sie noch zu lernen haben.
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Schliesslich ist noch anzufügen, dass Eltern, die als Kinder ihrerseits die Erziehung positiv erfahren haben, natürlich die besseren Voraussetzungen mitbringen, zumal ihnen diese Grundlage ja auch schon in der [[Beziehung zwischen Vater und Mutter|eigenen Beziehung]] geholfen hat: Sie haben erfahren, wo Herausforderungen liegen können und nach welchen Regeln diese zu meistern sind. Ein wesentlicher Unterschied ist allerdings, dass das Elternpaar das ganze Leben lang Zeit dafür haben, während die eigentliche Erziehungsarbeit bloss [[Phasen der Erziehung|etwa vier Jahre]] dauert. Danach ist die Persönlichkeit des Kindes so weit ausgebildet, dass [[Nacherziehen|Korrekturen]] nicht mehr oder nur noch mit sehr grossem Aufwand möglich sind.


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