Kameradschaft

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Als Kameraden werden hier Kinder betrachtet, die zu einer Gruppe gehören, wie zum Beispiel in der KITA, Schule, Wohnsiedlung oder bei organisierten Freizeitaktivitäten. Für das Zusammenleben in solchen Gruppen braucht es ein gemeinsames Ziel und Regeln des Umgangs, woraus sich die typische Solidarität ergibt. Kameradschaft ist häufig eine Art Zwischenstufe zwischen der Familie und Freundschaften.

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Vertrauensbildung (bis etwa 2 Jahre)

In der Phase der Vertrauensbildung sind Kinder noch sehr mit sich selbst beschäftigt und haben die Erwartung, dass sich die ganze Welt ebenso um sie sorgt wie es die Eltern tun. Das heisst umgekehrt, dass sie sich noch nicht wirklich um andere Menschen kümmern können. Sie sind sehr auf die Eltern fixiert und zeigen eher wenig Interesse mit anderen Kindern zu spielen. Entsprechend hoch ist denn auch der Betreuungsaufwand in KITA's. Kinder können in diesem Alter noch kaum Konflikte untereinander lösen, da sie zu sehr auf sich selbst fokussiert sind. Sie brauchen Erwachsene, die ihnen ordnend helfen. Trotzdem sollen Sie dem Kind bei Konflikten zeigen, um was es geht ("Das ist das Auto von Max. Du musst ihn zuerst fragen, ob Du damit spielen darfst."). So kann es mehr und mehr zwischen "Mein" und "Dein" unterscheiden lernen. Kleinkinder haben die Erwartung, dass ihre Eltern ihnen immer und bedingungslos beistehen, also auch dann, wenn der Beistand eigentlich einem anderen Kind zusteht. Wenn Ihr Kind Ihren Beistand nicht erhält, reagiert es schnell mit Wut oder Trauer. Es braucht dann Ihren Trost, und zwar unabhängig davon, ob es "im Recht" war oder nicht - mehr aber auch nicht!

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Willensbildung (etwa 2 bis 4 Jahre)

Wenn das Kind beginnt, seinen Willen zu entwickeln, in der Regel etwa im dritten Lebensjahr, wächst sein Bewusstsein dafür, dass andere Kinder auch Bedürfnisse haben, die unter Umständen mit den eigenen kollidieren. Wenn es zum Beispiel anderen, gleichaltrigen Kindern deren Spielzeug wegnimmt, macht es die Erfahrung, dass sich diese mit Händen und Füssen wehren, also nicht mehr einfach hilflos nach den Eltern schreien. So spüren Kinder zunächst einmal rein physisch Grenzen. Das ist gut so, zumal sich gleichaltrige Kinder noch kaum wirklich verletzen können. Als Eltern, oder Betreuungsperson, haben Sie nun die Aufgabe, dem Kind zu zeigen, dass es die eigenen Ansprüche auch ohne Schlagen geltend machen kann. Lassen Sie die streitenden Kinder ruhig ausprobieren und warten Sie möglichst lange, bis Sie eingreifen. Erst wenn Sie feststellen, dass zum Beispiel ein schwächeres Kind übergangen wird und sich zu wenig selbst wehren kann, können und sollen Sie den Streit klären. Geben Sie die Regeln durch und vergewissern Sie sich, dass alle gut verstanden haben, um was es geht. Wenn Sie eingreifen, werden Sie zumindest anfangs auch laut und deutlich werden müssen, Anstand der Eltern hilft rein gar nichts, ganz im Gegenteil. Der frisch erwachte Wille eines Kindes kennt nur eine Richtung und der Anspruch ist absolut: alles oder nichts. Erst durch klare Regeln der Eltern wird das Kind nach und nach Kompromisse eingehen können.

Irgendwann werden Sie übrigens feststellen, dass sich Kinder gerne gegen Sie oder andere Autoritätspersonen zusammenschliessen. Das ist ein wunderbarer Moment, denn die Kinder haben gelernt, dass sie zusammen stark sind. Lassen Sie sich ruhig auf diesen Machtkampf ein, aber bleiben Sie sich bewusst, dass aufgrund der natürlichen Hierarchie zwischen Ihnen und den Kindern immer Sie allein dafür verantwortlich sind, dass der Kampf "einigermassen gesittet" vonstatten geht.

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Sozialisation bis Pubertät (etwa 4 bis 16 Jahre)

Die grosse Zeit der Kameradschaften beginnt mit dem Eintritt in die (Vor)Schule, also der eigentlichen Sozialisation. Lassen Sie Ihre Kinder möglichst viel ausprobieren. Kinder müssen Beziehungen erfahren können, um herauszufinden, was ihnen gut tut und was nicht. Vertrauen Sie dem Gespür des Kindes, dass es das weitgehend selbst kann, beziehungsweise Sie um Rat fragt, wenn es sich unsicher fühlt.

Reife

Um mit anderen Kindern umgehen und zu können, ist eine gewisse Reife des Kindes nötig. Reif heisst, dass das Kind so viel Selbstvertrauen und Respekt für sein Umwelt entwickelt hat, dass es mit seiner Persönlichkeit in einer Gruppe bestehen und mit anderen Menschen Beziehungen eingehen kann. Die Reife des Kindes ist der Erfolg Ihrer Erziehungsarbeit. Oder umgekehrt gesagt: Wenn das Kind diese Reife nach den ersten Jahren noch nicht hat, sollten Sie sich überlegen, an welchen Erziehungsfehlern es liegen könnte.

Die Reife für Beziehungen sehen Sie, wenn Kinder untereinander eigene (Spiel)Regeln mitsamt Ausnahmen erfinden. Rollenspiele helfen den Kindern, den Standpunkt anderer Menschen - gerade jener der Eltern! - zu verstehen. Vom Moment an, da Kinder beim Spielen eigene Regeln entwickeln, wissen Sie, dass Sie sich zurücklehnen dürfen! Geniessen Sie es, Ihren Kinder zuzuschauen und halten Sie sich möglichst zurück mit irgendwelchen Kommentaren oder Verbesserungsvorschlägen. Von nun an können Sie Ihre Rolle mehr und mehr auf eine Art Begleitung beschränken. Das heisst, Sie müssen nicht mehr dauernd eingreifen, sondern können warten, bis ein Kind zu Ihnen kommt und Hilfe verlangt oder um Rat bittet.

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Wohnsiedlung, Quartier

Kinder gehen nicht weit, um Kameraden zu suchen, sondern probieren es mit denen, die sozusagen vor der Haustüre anzutreffen sind. Das sollten Sie denn auch schon bei der Wohnungswahl berücksichtigen. Zumindest in den ersten Jahren ist es wichtiger, dass sich die Kinder wohl fühlen, als dass Sie sich Ihren Wohntraum realisieren. So kann eine Wohnsiedlung, die auf die Bedürfnisse von Familien ausgerichtet ist, für Kinder (und letztlich für deren Eltern!) sehr viel nützlicher sein als das eigene Einfamilienhaus. Die nachbarschaftliche Unterstützung bei der Kinderbetreuung ist die beste Ausgangsbasis für Kameradschaften der Kinder und schafft gleichzeitig hilfreiche Beziehungen unter den Eltern.

Bleiben Sie grosszügig, wenn die Kinder Kameraden nach Hause bringen, die Ihrer Meinung nach "schlecht erzogen" sind. Setzen Sie aber trotzdem Ihre eignen Regeln durch. Sie werden womöglich staunen, dass das überhaupt kein Problem ist oder sogar ganz im Gegenteil Wunder wirkt. Denn Kinder brauchen Regeln und Grenzen trennen nicht nur, sie verbinden gleichzeitig auch, sind sie doch genau der Ort, an dem sich zwei Länder, oder eben zwei Menschen, berühren! Kinder, denen in ihrem Zuhause keine Grenzen gesetzt werden, leiden zudem häufig auch unter mangelndem Vertrauen der Eltern. Wenn es Ihnen gelingt, Ihre Regeln auch bei solchen Kameraden durchzusetzen, helfen Sie diesen zumindest in dem Sinne, als sie sehen, dass es auch anders geht, also Hoffnung besteht.

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Schule

Mit dem Eintritt in die (Vor)Schule geht das Kind mehr und mehr Beziehungen ausserhalb Ihres Einflussbereichs ein. Lassen Sie ihm dabei möglichst freien Lauf, da es wichtig ist, dass es die Beziehungen nach eigenem Gutdünken aufbauen kann. Kinder haben ein sehr feines Gespür dafür, wer ihnen gut tut oder eher schadet. Wichtig ist einzig, dass das Kind schon gelernt hat, auch "Nein" sagen zu dürfen, das heisst also, dass Sie als Eltern den Willen des Kindes ebenso respektieren, wie Sie es umgekehrt von ihm verlangen.

Idealerweise herrscht in der Schule auch ein kameradschaftlicher Geist. Darauf haben Sie als Eltern allerdings nur einen sehr bedingten Einfluss. Wenn Sie aber Schwachpunkte feststellen, sollten Sie immerhin die Mittel nutzen, die Ihnen zur Verfügung stellen, wie Elterngespräche oder Elternabende. Der Anspruch ist durchaus berechtigt, dass auch die Lehrer auf ein Mindestmass an Solidarität und Fairness unter den Schülers pochen. Seien Sie sich aber bewusst, das sich Ihre Kinder ausserhalb der Familie durchaus ganz anders verhalten können als zu Hause. Es ist deshalb ratsam, zum Beispiel den Kontakt zu anderen Eltern zu suchen um zur erfahren, wo allfällige Probleme liegen.

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Organisierte Freizeitaktivitäten

Besonders gross geschrieben wird der kameradschaftliche Geist beim Sport, insbesondere beim Mannschaftssport. Das kommt nicht von ungefähr, steht doch hier das gemeinsame Ziel besonders im Vordergrund, nämlich das Gewinnen des Spiels oder das Erklimmen eines Berges, wobei die Grundlage dafür immer ein ausgeklügeltes Regelwerk ist, das für Fairness garantieren soll. Dieser kameradschaftliche Geist kann Kindern und Jugendlichen besonders gut tun, gerade wenn sie von Haus aus zum Beispiel zu wenig Regeln erfahren. Beim Musikunterricht, aber auch beim Einzelsport, steht Kameradschaft häufig weniger im Vordergrund, kann aber je nach Geschick der Lehrer und Trainer trotzdem ein Thema sein. Achten Sie darauf, ob sich das Kind in der Gruppe wirklich wohl fühlt oder ob Sie sich vielleicht bei der Leitung erkundigen sollen. Häufig sind Eltern erstaunt, dass sich ihr Kind in einer Gruppe ganz anders verhält als im trauten Familienkreis, das ist völlig normal. Für Kinder ist es enorm wichtig, dass sie auch andere Formen des Umgangs kennenlernen als nur jener zu Hause.

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Kameradschaft und Freundschaft

Freundschaft geht weiter als Kameradschaft, geht aber häufig aus dieser hervor. Im Vordergrund steht weniger das kollektive Interesse als mehr das individuelle. Das zeigt sich am besten darin, dass sich zwei Freunde allein und auch ausserhalb der Gruppe treffen. Der Übergang ist fliessend. Kinder können schon sehr früh Freundschaften eingehen, die zudem sehr lange halten können. Als Eltern dürfen Sie sich darüber freuen, sollten sich aber auch zurückhalten, wenn es darum geht, solche Beziehungen schon früh "zementieren" zu wollen. Kinder müssen möglichst viel ausprobieren dürfen, um das zu finden, was ihnen wirklich passt und gut tut.

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Weiterführende Themen

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Fragen und Feedback

Das "Zweimalzwei der Erziehung" ist zum Teil noch im Aufbau. Allfällige Fragen oder Feedback sind willkommen: Email


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