Hier und Jetzt

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Kleinkinder leben noch voll und ganz im Hier und Jetzt, das heisst, sie kennen weder ein "Früher" noch ein "Später" und sind auch gar nicht daran interessiert, was gestern war oder morgen sein wird - oder gar anderswo sein könnte. Das Verständnis für die Vergangenheit und die Zukunft entwickelt sich erst nach und nach. Für Kleinkinder gibt es ausschliesslich das, was unmittelbar da ist, alles andere liegt ausserhalb ihrer Welt. Während das "Leben im Hier und Jetzt" für spirituell Suchende als hehres Ziel ihrer Arbeit gilt, kann es für Eltern eine spezielle Herausforderung sein.

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Vertrauensbildung (bis etwa 2 Jahre)

Vor allem während der Phase der Vertrauensbildung leben Kinder ausschliesslich im Hier und Jetzt. Das erscheint Eltern einerseits als eine wunderbare Gabe, ist andererseits aber in mancherlei Hinsicht mit Herausforderungen verbunden:

Grundbedürfnisse des Kindes

Was es bedeutet, voll und ganz im Hier und Jetzt zu sein, erleben Eltern vor allem, wenn es um die Grundbedürfnisse des Kindes geht: Wenn ihm etwas fehlt, verlangt es sofort und mit all seinen Kräften lauthals nach Hilfe - und es erwartet diese Hilfe immer, sofort und bedingungslos. Kleinkinder können nicht auf später vertröstet werden, denn sie haben noch gar keine Ahnung davon, dass später überhaupt noch irgendetwas sein könnte! Sorgen Sie sich also möglichst immer sofort um das Kind, wenn es nach Ihnen verlangt. Es macht keinen Sinn, das Kind irgendwie "abhärten" zu wollen, ihm erklären zu wollen, dass es bloss noch ein wenig warten müsse oder doch endlich “vernünftig“ sein soll!

Erst wenn das Kind immer wieder erfahren hat, dass Sie es zum Beispiel gleich stillen, wenn es hungrig ist, erfährt es langsam aber sicher, dass es sich auf diese Regelmässigkeit verlassen kann. Von da an kann es durchaus auch einmal etwas länger warten. Kinder vertrauen ihren Eltern vollkommen, dass sie immer für sie sorgen. Dieses Vertrauen des Kindes müssen Sie gewissermassen bestätigen, indem Sie umgekehrt lernen dem Kind zu vertrauen, dass es in diesem Alter ausschliesslich Grundbedürfnisse hat, denen Sie sich sofort annehmen müssen.

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Trennung und Wiedersehen

Da ein Kleinkind noch keine Vorstellung einer Zukunft hat, kann es sich auch noch nicht darauf verlassen, dass Sie wiederkommen, wenn Sie von ihm weggehen. Sie kennen das, wenn Sie sich kurz hinter etwas verstecken und dann wieder hervorkommen: für das Kind ist das eine grosse Überraschung und es würde sich umgekehrt nicht wundern, wenn Sie schlicht gar nicht mehr da wären, wenn Sie sich hinter der Zeitung versteckt haben.

Sie brauchen sich denn auch nicht darüber zu wundern, dass Ihr Kind zum Beispiel mit Befremden reagiert, wenn Sie es nach dem ersten Wochenende bei seinen Grosseltern wieder abholen. Sie waren in dieser Zeit für das Kind schlicht mehr existent. Es ist deshalb wichtig, dass Sie, wenn Sie das Kind wieder abholen, gelassen bleiben und einfach warten, bis das Kind wieder auf Sie zukommt. Es wird nämlich unter Umständen eine gewisse Zeit brauchen, um sich wieder an Ihre Existenz zu gewöhnen!

Diese Tatsache sollten Sie unbedingt beim Thema Fremdbetreuung berücksichtigen. Es ist zwar nicht so, dass Kleinkinder nicht fremdbetreut werden könnten, doch müssen Sie sich bewusst sein, dass es eine grosse Herausforderung für das Vertrauensverhältnis zwischen Ihnen und dem Kind ist. Beginnen Sie deshalb möglichst in kleinen Schritten, sodass sich das Kind mit der Zeit mehr und mehr auf die Regelmässigkeit der Trennung und des Wiedersehens verlassen kann.

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Konzentration und Störungen

Die Aufmerksamkeit des Kindes ist bewundernswert: Wenn es isst, isst es und wenn es spielt, spielt es - und sonst gar nichts. Es kann sich ganz ohne Anstrengung auf eine Sache konzentrieren und sich dieser voll und ganz hingeben. Diese Gabe sollten Sie dem Kind möglichst lange belassen. Vermeiden Sie deshalb tunlichst, das Kind zu unterbrechen, wenn es in etwas vertieft ist (es sei denn, es drohe eine wirkliche Gefahr). Üben Sie sich in Geduld, wenn Sie Ihrem Kind zum Beispiel beim Essen zuschauen und halten Sie sich solange mit Nachhelfen zurück, bis es von sich aus danach verlangt.

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Gefühle und Ablenkung

Gefühle sind unmittelbar, das heisst sie sind da oder nicht da und sie können weder gesteuert noch unterdrückt oder gar auf später verschoben werden. Wenn das Kind zum Beispiel traurig ist, braucht es sofort Trost und wenn es sich über etwas freut, will es Ihnen das sofort mitteilen und Sie teilhaben lassen. Beachtung ist ein Grundbedürfnis des Kindes, das möglichst immer und sofort befriedigt werden sollte. Ist das Kind aber erst getröstet, hat seinen Schmerz bereits im nächsten Augenblick wieder vergessen.

Eltern kommen gerne in Versuchung, ihre Kinder von deren Gefühlen abzulenken, vor allem wenn es um Trauer oder Angst geht (Gefühle, die irrtümlicherweise auch als "negativ" bezeichnet werden). Trauer ist aber wie Freude ein ebenso wichtiges Gefühl, es verhilft dem Menschen zum Beispiel Verlust zu verarbeiten. Und Angst warnt uns, wenn Gefahr droht. Gefühle sollen Sie dem Kind deshalb unbedingt lassen und es dabei ernst nehmen. Fragen Sie es, ob es traurig oder ist oder Angst hat und wenn es dies bejaht hat, fragen Sie nach dem Grund dafür (wobei Kinder häufig keinen Grund dafür nennen können!).

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Vergangenheit und Zukunft

Ein Kleinkind interessiert sich kaum für das, was gestern war oder morgen sein könnte. Es macht deshalb nicht viel Sinn, ihm erklären zu wollen, dass es in zwei Wochen Geburtstag hätte oder dass Sie im Herbst mit ihnen in die Ferien fahren. Es kann sich schlicht noch keine Vorstellung davon machen, ein Tag zum Beispiel kann für ein Kind so lange dauern wie ein Monat. Mit jeder Erfahrung aber, die ein Kind macht und an die es sich erinnert oder erinnert wird, wächst sein Verständnis für Vergangenes (und im gleichen Masse für Künftiges). Diese Entwicklung können Sie ihm getrost selbst überlassen. Halten Sie sich vielmehr zurück mit der dauernden Ankündigung von künftigen Ereignissen wie Ferien, Besuchen und ähnlichem. Kinder in diesem Alter vertrauen Ihnen noch völlig, das heisst, wenn Sie eine halbe Stunde vor Abfahrt sagen, dass Sie nun zusammen zur Oma gehen, genügt das völlig, von diesem Moment an wird sich das Kind darauf vorbereiten. Wichtig für ein Kind sind hingegen Regelmässigkeiten, auf dies es sich verlassen kann. Sie könnten ihm zum Beispiel sagen "Heute ist wieder Dienstag, da gehen wir zur Oma!". Oder Sie können jeweils vor dem Schlafen gehen den vergangenen Tag nacherzählen.

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Willensbildung (etwa 2 bis 4 Jahre)

Spätestens wenn das Kind beginnt, seinen Willen zu entwickeln, in der Regel etwa im dritten Lebensjahr, entwickelt es auch eine Vorstellung von Zukunft (und damit im gleichen Atemzug auch von Vergangenheit). Denn mit seinem Willen will das Kind ja etwas gestalten, das noch nicht da ist. Und zumindest anfangs will es alles sofort und ohne Einschränkung. Das ist ein Zeichen seiner gesunden Entwicklung: das Kind setzt sich voll und ganz für sich ein! Jetzt braucht es aber von seinen Eltern auch angemessene Grenzen, ansonsten es mit seinem noch ungestümen Willen geradezu überborden würde. Das heisst, Sie müssen lernen auch "Nein!" zu sagen. Und zwar bedingungslos und konsequent. Sie müssen dem Kind genau so überzeugt Widerstand leisten, wie es Ihnen genügender auftritt, ansonsten es Ihnen Ihre Haltung nicht abnehmen wird und sich weiter hemmungslos für sein Ziel einsetzen wird. Gerade in diesem Punkt können Sie viel von Ihrem Kind lernen. Setzen Sie sich für Ihren Standpunkt mit ebenso viel Überzeugung ein, wie es das Kind tut! Die Konfrontation muss im Hier und Jetzt stattfinden, Sie dürfen Sie also weder aufschieben noch delegieren.

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Erinnerungsvermögen

So sehr Kinder in den ersten Jahren im Hier und Jetzt leben, so wenig können sie sich später an diese ihre erste, aber eigentlich wichtigste, Phase ihres Lebens erinnern. Das Erinnerungsvermögen setzt erstaunlicherweise erst nach dieser Zeit ein (abgesehen vom passiven Erinnern, also zum Beispiel durch elterliches Erzählen hervorgerufenes Erinnern).

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Weiterführende Themen

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Übergeordnetes Thema

Vertrauensbildung (erstes Phase der Erziehung)

Fragen und Feedback

Das "Zweimalzwei der Erziehung" ist zum Teil noch im Aufbau. Allfällige Fragen oder Feedback sind willkommen: Email

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