Freier Wille

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Der Wille, beziehungsweise seine Kultivierung durch Herausforderungen und Grenzen, ist das Thema des zweiten Grundprinzips der Erziehung: Während es in den beiden ersten Jahren fast ausschliesslich darum geht, dass die Eltern lernen ihrem Kind zu vertrauen, müssen Sie nun lernen, dem Willen, der sich im Kind entwickelt, auch Widerstand entgegenzusetzen. Wie beim Vertrauen ist also auch dieses Thema aus beiden Blickwinkeln zu betrachten:

Wenn sich der Wille im Kind entwickelt, ist er gewissermassen noch roh, eine ungestüme Kraft, die von Natur aus weder dosiert noch rücksichtsvoll gesteuert werden kann. Das Kind sagt ganz einfach "Ich will" oder "Nein". Der rohe Wille ist wie ein Diamant, der geschliffen werden will. Erst dann kann der Wille zu einem freien Willen werden.

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Vertrauensbildung (bis etwa 2 Jahre)

Während den ersten zwei Lebensjahren des Kindes geht es zwar vor allem darum, dass die Eltern lernen dem Kind zu vertrauen. Trotzdem kann der Wille schon Thema sein:

  • Lebenswille: Vom eigentlichen Willen wird hier der Lebenswille unterschieden. Der Lebenswille bezieht sich gewissermassen auf das nackte Überleben, also auf die Befriedigung der Grundbedürfnisse des Kindes. Dieser Lebenswille ist schon von Geburt an da (im Gensatz zum eigentlichen Willen, der sich in der Regel erst etwa im dritten Lebensjahr zu bilden beginnt).
  • "Kleine" Autonomiephase: Wenn das Kind zu laufen oder zu sprechen beginnt, weitet es seinen Wirkungskreis bereits massgeblich aus. Man spricht deshalb auch von einer "kleinen" Autonomiephase. Die Eltern können dann schon einmal etwas üben, Grenzen zu setzen, wenn das Kind zum Beispiel auf die Strasse laufen will.

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Willensbildung (etwa 2 bis 4 Jahre)

In der Regel etwa im dritten Lebensjahr entwickelt das Kind seinen eigentlichen Willen. Und ebenso regelmässig erschrecken die Eltern über diese urplötzliche und scheinbar nicht zu bändigende Kraft. Auf einmal sagt es lauthals und mit voller Überzeugung "Ich will" oder "Nein!" - und ist scheinbar nicht mehr davon abzubringen. Die Willensbildung verläuft bei den wenigsten Kindern einfach in ruhigen und geordneten Bahnen.

Der Wille ist, nebst dem Selbstvertrauen, die wertvollste Kraft des Menschen überhaupt. Doch wenn er im Kind erwacht, ist er gewissermassen noch roh und ungeschliffen. Das Kind braucht deshalb von seinen Eltern Herausforderungen und Grenzen. Nur wenn Sie lernen, vom Kind auch etwas zu fordern, ihm ein klares und konsequentes "Nein!" entgegenzuhalten, wird es Ihren Willen spüren und wieder mit Ihnen in Kontakt treten können. Dabei müssen Sie auch lernen, mit "Tobsuchtsanfällen" umzugehen.

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Sozialisation bis Pubertät (etwa 4 bis 16 Jahre)

Wenn Sie in den ersten vier Jahren eine gute Basis gelegt haben, ist das Kind nun bereits fähig, sein Selbstvertrauen und seinen Willen selbständig weiterzuentwickeln. Die Eltern können sich auf eine Art Begleitung beschränken. Während der Pubertät wird es für Jugendliche zwar noch einmal darum gehen, die "Hörner abzustossen", doch sollte dieser Kampf nun nicht mehr primär mit den Eltern ausgefochten werden, sondern mit Freundinnen und Kollegen.

Wenn Sie als Eltern hingegen den Eindruck haben, dass sich nun die "Trotzphase" gerade wiederholen würde, heisst das lediglich, dass die Phase der Willensbildung offenbar nicht genügend genutzt wurde, um dem Kind Grenzen zu setzen. Darunter werden dann nicht nur Sie, sondern auch Personen, die gewissermassen als Ersatzeltern hinhalten müssen, leiden: Lehrer, Lehrmeister, Trainer, Hausmeister usw. Dem können Sie dann nur noch mit dem Mittel der Nacherziehung entgegenwirken. Allerdings sind Jugendliche dann bereits genügend kräftig und schlau, um beinahe alle Ihre Schranken zu durchbrechen oder zu überlisten.

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Erwachsenwerden (etwa 16 bis 25 Jahre)

Ein freier Wille ist schliesslich eine Lebensaufgabe jedes einzelnen Menschen. Ihre Erziehungsarbeit kann noch so gut sein, irgendwann hört Ihre Verantwortung auf und der junge Erwachsene muss sein Leben selbst bestimmen. Das sollten Sie sich selbst eingestehen - und Ihrem Kind zugestehen!

Abgesehen davon wird Ihr Kind unter Umständen auch ganz andere Vorstellungen von einem erfüllten Leben haben als Sie. Und schliesslich entwickeln sich die Wertvorstellungen auch im Laufe des Lebens und können sich je nach Lebenssituation ändern (oder sind gar kein wirkliches Thema).

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Ziel der Erziehung

Ein freier Wille ist eines der höchsten Güter der Menschheit überhaupt. Im Zusammenhang mit diesem Wiki wird unter freiem Willen verstanden, dass das Kind im Rahmen seiner Selbständigkeit seine Fähigkeiten voll entwickeln kann und zu einer reifen Persönlichkeit heranwächst. Die durch die Selbständigkeit gewonnene Freiheit soll der erwachsene Mensch schliesslich verantwortungsvoll nutzen können, das heisst zu seinem eigenen Nutzen wie auch zum Nutzen der Gesellschaft, in der er sich bewegt. Erst dann ist er wirklich beziehungsfähig.

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Weiterführende Themen

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Übergeordnetes Thema

Willensbildung (zweite Phase der Erziehung)

Fragen und Feedback

Das "Zweimalzwei der Erziehung" ist zum Teil noch im Aufbau. Allfällige Fragen oder Feedback sind willkommen: Email

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