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====Wegnehmen, Entwenden====
====Wegnehmen, Entwenden====
Ähnliches gilt für Gegenstände, die das Kind begehrt: es [[Wegnehmen|nimmt]] sie einfach, ganz gleich wem sie gehören oder wie gefährlich sie sind. Kinder kommen ohne die Vorstellung von Eigentum auf die Welt. Es ist völlig normal, wenn Ihr Kind in diesem Alter auf dem Spielplatz einfach das nimmt, wonach ihm gelüstet, ohne dass es jemanden um Erlaubnis fragt! Es liegt deshalb an Ihnen, ihm [[Grenzen]] aufzuzeigen. Fragen Sie es zuerst, wem zum Beispiel die Schaufel gehört, die es ergatterte. Wenn es schon ähnliche Erfahrungen etwa mit Spielzeug von [[Geschwister|Geschwistern]] gemacht hat, wird es meistens von alleine verstehen, um was es geht und Sie können ihm vorschlagen, das Kind, dem die Schaufel gehört, zu suchen und zu fragen, ob es einen Moment damit spielen dürfte. [[Wegreissen|Reissen]] Sie die Schaufel aber nicht einfach aus seinen Händen, das wäre ausgesprochen [[kontraproduktiv]]. Denn Sie würden ihm genau das Gegenteil von dem vormachen, was es eigentlich lernen sollte, nämlich [[Respekt des Kindes|Respekt]] gegenüber seiner Umwelt: Sie würden dadurch Ihrerseits [[Gewalttätige Eltern|Gewalt]] anwenden, statt ihm [[Grenzen]] zu zeigen. Wenn es sich weigert, die Schaufel aus den Händen zu geben, was zumindest die ersten Male normal ist, müssen Sie für den [[Konflikte|Konflikt]] bereit sein und solange bei ihm verharren, bis es entweder nachgibt oder zu [[toben]] beginnt (und [[Lernen der Eltern|lernen]], [[Toben#Angemessene_Reaktion|angemessen darauf zu reagieren]]). Ihre [[Erklären|Erklärungen]] zum Thema Eigentum und ähnlichem werden anfangs noch kaum auf fruchtbaren Boden stossen, denn der frisch erwachte Wille des Kindes ist absolut und kompromisslos. Erst wenn das Kind mindestens einmal erfahren konnte, dass es mit seinem Willen an eine Grenze stösst, darob [[Wut des Kindes|wütend]] wird und sich danach wieder [[Versöhnung zwischen Eltern und Kind|versöhnen]] konnte, und "trotzdem" noch geliebt wird, kann es daraus lernen, beim nächsten Mal vorsichtiger zu sein.
Ähnliches gilt für Gegenstände, die das Kind begehrt: es [[Wegnehmen|nimmt]] sie einfach, ganz gleich wem sie gehören oder wie gefährlich sie sind. Kinder kommen ohne die Vorstellung von Eigentum auf die Welt. Es ist völlig normal, wenn Ihr Kind in diesem Alter auf dem Spielplatz einfach das nimmt, wonach ihm gelüstet, ohne dass es jemanden um Erlaubnis fragt! Es liegt deshalb an Ihnen, ihm [[Grenzen]] aufzuzeigen. Fragen Sie es zuerst, wem zum Beispiel die Schaufel gehört, die es ergatterte. Wenn es schon ähnliche Erfahrungen etwa mit Spielzeug von [[Geschwister|Geschwistern]] gemacht hat, wird es meistens von alleine verstehen, um was es geht und Sie können ihm vorschlagen, das Kind, dem die Schaufel gehört, zu suchen und zu fragen, ob es einen Moment damit spielen dürfte. [[Wegreissen|Reissen]] Sie die Schaufel aber nicht einfach aus seinen Händen, das wäre ausgesprochen [[kontraproduktiv]]. Denn Sie würden ihm genau das Gegenteil von dem vormachen, was es eigentlich lernen sollte, nämlich [[Respekt des Kindes|Respekt]] gegenüber seiner Umwelt: Sie würden dadurch Ihrerseits [[Gewalttätige Eltern|Gewalt]] anwenden, statt ihm [[Grenzen]] zu zeigen. Wenn es sich weigert, die Schaufel aus den Händen zu geben, was zumindest die ersten Male normal ist, müssen Sie für den [[Konflikte|Konflikt]] bereit sein und solange bei ihm verharren, bis es entweder nachgibt oder zu [[toben]] beginnt (und [[Lernen der Eltern|lernen]], [[Toben#Angemessene_Reaktion|angemessen darauf zu reagieren]]). Ihre [[Erklären|Erklärungen]] zum Thema Eigentum und ähnlichem werden anfangs noch kaum auf fruchtbaren Boden stossen, denn der frisch erwachte Wille des Kindes ist absolut und kompromisslos. Erst wenn das Kind mindestens einmal erfahren konnte, dass es mit seinem Willen an eine Grenze stösst, darob [[Wut des Kindes|wütend]] wird und sich danach wieder [[Versöhnung zwischen Eltern und Kind|versöhnen]] konnte, und "trotzdem" noch geliebt wird, kann es daraus lernen, beim nächsten Mal vorsichtiger zu sein.
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==="Kultiviert" wollen===
Der frisch erwachte Wille ist also anfangs noch roh, ungestüm und rücksichtslos. Das Kind muss zuerst erfahren, wie es mit dieser Kraft sinnvoll umgehen kann. Dazu braucht es erstens [[Herausforderungen]] und zweitens [[Grenzen]]. Unsere [[Westliche Zivilisation|westlichen Zivilisation]] tendiert aber gerade in die entgegengesetzte Richtung, indem das Leben möglichst bequem, sicher und grenzenlos gemacht werden soll, während Kinder den [[Widerstand der Eltern|Widerstand]] brauchen, um ihren Willen gewissermassen schleifen zu können. Das heisst nicht, dass Sie den Willen des Kindes [[Gebrochener Wille|brechen]] sollen. Der Wille soll vielmehr stark bleiben, aber gleichzeitig geschickt und respektvoll.
[[Respekt]] bedeutet Aufmerksamkeit und Anerkennung gegenüber Mitmenschen beziehungsweise der Umwelt und deren Andersartigkeit. Das kann von einem Kind in den ersten Jahren nicht einfach erwartet oder gar vorausgesetzt werden. Es ist noch sehr auf sich selbst bezogen und erwartet, dass sich die ganze Welt ebenso auf es bezieht. Respekt für die Bedürfnisse anderer lernt das Kind erst, wenn es erfahren hat, dass es mit seinen Absichten auf [[Widerstand]] stösst, es sich danach aber [[Versöhnung zwischen Eltern und Kind|versöhnen]] kann und schliesslich "trotzdem" noch geliebt wird. Solche Erfahrungen braucht das Kind zwingend, auch wenn sie schmerzhaft sein können. So wird es nach und nach geschickter im Gebrauch seiner Kräfte.
Geschockt wollen kann sich auch in Wünschen ausdrücken. Wenn das Kind zum Beispiel vor dem Schaufenster des Spielwarenladens steht und sagt "Ich will diese Eisenbahn!", Sie aber nicht bereit sind, ihm diese gleich zu kaufen, können Sie ihm vorschlagen, dass es sich diese doch [[Wünsche des Kindes|wünschen]] soll. Damit lassen Sie ihm seinen Willen, stellen aber auch klar, dass es etwas dafür tun muss, nämlich zumindest warten, bis es etwa Geburtstag hat. Im weiteren könnten Sie mit ihm auch [[Vereinbarungen|vereinbaren]], dass es noch etwas dazu leisten muss. Wenn Sie zum Beispiel verlangen, dass es ab sofort immer und von sich aus abends sein Spielzeug aus der Stube verräumt, wird es sich anstrengen, weil es ein Ziel vor Augen hat. Dann können Sie auch sehen, wie wichtig der Wunsch tatsächlich ist. Die Erfahrung, dass Wünsche in Erfüllung gehen können, wenn man nur fest daran glaubt und dabei alles Zumutbare unternimmt, ist äusserst wichtig für das Leben. Bestärken Sie das Kind immer wieder in diesem Glauben, indem Sie es mit kleinen Dingen erfahren lassen, dass es funktioniert. So könnten Sie zum Beispiel seine Wünsche ans Essen an die Bedingung knüpfen, dass es Ihnen beim Zubereiten hilft. Kinder brauchen und lieben solche [[Herausforderungen]], sind sie doch schon von Natur aus sehr [[kooperativ]]! Die Erfüllung von Wünschen ist immer abhängig von anderen Menschen (oder gar von weiteren Begebenheiten). Während der Wille also mehr auf die [[Selbständigkeit]] zielt, braucht es  beim Wünschen auch eine gewisse [[Beziehungsfähigkeit]]. So kann das Kind üben, wie es sich [[geschickt]] anstellt, um andere Menschen bei der Erfüllung seiner Ziele einzuspannen.


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====Fragen====
====Fragen====
Kinder in der Phase der [[Willensbildung]] kommen auch nicht auf die Idee zu [[Fragen des Kindes|fragen]], wenn sie etwas begehren, sondern gehen zunächst einmal davon aus, dass sie einfach alles erhalten, was sie brauchen. Auch das ist gut so. Sobald aber die Begehrlichkeiten über die Grundbedürfnisse hinausgehen, können Sie dem Kind langsam aber sicher erklären, wie es leichter ans Ziel kommt, wenn es danach fragt. Gerade wenn es es etwas von fremden Leuten will, können Sie es [[ermuntern]], den Unbekannten zur fragen. Das ist anfangs für die meisten Kinder eine [[Herausforderungen|Herausforderung]]. Es ist aber genau das, was den Willen des Kindes stärkt. [[Zumuten|Muten]] Sie ihm deshalb möglichst viele Herausforderungen zu und vermeiden Sie es, ihm zu viel [[Abnehmen|abzunehmen]]. Wenn es sich nicht getraut, kann es Sie um Hilfe fragen, dann können Sie ihm immer noch den einer oder anderen Rat geben, oder es findet einen anderen Weg, um an sein Ziel zu kommen. Wichtig ist, dass das Kind selbst herausfindet, wie es am besten zum Ziel kommt. Denn der Wille muss nicht nur stark sein, sondern auch [[geschickt]]!
Kinder in der Phase der [[Willensbildung]] kommen auch nicht auf die Idee zu [[Fragen des Kindes|fragen]], wenn sie etwas begehren, sondern gehen zunächst einmal davon aus, dass sie einfach alles erhalten, was sie brauchen. Auch das ist gut so. Sobald aber die Begehrlichkeiten über die Grundbedürfnisse hinausgehen, können Sie dem Kind langsam aber sicher erklären, wie es leichter ans Ziel kommt, wenn es danach fragt. Gerade wenn es es etwas von fremden Leuten will, können Sie es [[ermuntern]], den Unbekannten zur fragen. Das ist anfangs für die meisten Kinder eine [[Herausforderungen|Herausforderung]]. Es ist aber genau das, was den Willen des Kindes stärkt. [[Zumuten|Muten]] Sie ihm deshalb möglichst viele Herausforderungen zu und vermeiden Sie es, ihm zu viel [[Abnehmen|abzunehmen]]. Wenn es sich nicht getraut, kann es Sie um Hilfe fragen, dann können Sie ihm immer noch den einer oder anderen Rat geben, oder es findet einen anderen Weg, um an sein Ziel zu kommen. Wichtig ist, dass das Kind selbst herausfindet, wie es am besten zum Ziel kommt. Denn der Wille muss nicht nur stark sein, sondern auch [[geschickt]]!
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==="Kultiviert" wollen===
Der frisch erwachte Wille ist also anfangs noch roh, ungestüm und rücksichtslos. Das Kind muss zuerst erfahren, wie es mit dieser Kraft sinnvoll umgehen kann. Dazu braucht es erstens [[Herausforderungen]] und zweitens [[Grenzen]]. Unsere [[Westliche Zivilisation|westlichen Zivilisation]] tendiert aber gerade in die entgegengesetzte Richtung, indem das Leben möglichst bequem, sicher und grenzenlos gemacht werden soll, während Kinder den [[Widerstand der Eltern|Widerstand]] brauchen, um ihren Willen gewissermassen schleifen zu können. Das heisst nicht, dass Sie den Willen des Kindes [[Gebrochener Wille|brechen]] sollen. Der Wille soll vielmehr stark bleiben, aber gleichzeitig geschickt und respektvoll.
[[Respekt]] bedeutet Aufmerksamkeit und Anerkennung gegenüber Mitmenschen beziehungsweise der Umwelt und deren Andersartigkeit. Das kann von einem Kind in den ersten Jahren nicht einfach erwartet oder gar vorausgesetzt werden. Es ist noch sehr auf sich selbst bezogen und erwartet, dass sich die ganze Welt ebenso auf es bezieht. Respekt für die Bedürfnisse anderer lernt das Kind erst, wenn es erfahren hat, dass es mit seinen Absichten auf [[Widerstand]] stösst, es sich danach aber [[Versöhnung zwischen Eltern und Kind|versöhnen]] kann und schliesslich "trotzdem" noch geliebt wird. Solche Erfahrungen braucht das Kind zwingend, auch wenn sie schmerzhaft sein können. So wird es nach und nach geschickter im Gebrauch seiner Kräfte.
Geschockt wollen kann sich auch in Wünschen ausdrücken. Wenn das Kind zum Beispiel vor dem Schaufenster des Spielwarenladens steht und sagt "Ich will diese Eisenbahn!", Sie aber nicht bereit sind, ihm diese gleich zu kaufen, können Sie ihm vorschlagen, dass es sich diese doch [[Wünsche des Kindes|wünschen]] soll. Damit lassen Sie ihm seinen Willen, stellen aber auch klar, dass es etwas dafür tun muss, nämlich zumindest warten, bis es etwa Geburtstag hat. Im weiteren könnten Sie mit ihm auch [[Vereinbarungen|vereinbaren]], dass es noch etwas dazu leisten muss. Wenn Sie zum Beispiel verlangen, dass es ab sofort immer und von sich aus abends sein Spielzeug aus der Stube verräumt, wird es sich anstrengen, weil es ein Ziel vor Augen hat. Dann können Sie auch sehen, wie wichtig der Wunsch tatsächlich ist. Die Erfahrung, dass Wünsche in Erfüllung gehen können, wenn man nur fest daran glaubt und dabei alles Zumutbare unternimmt, ist äusserst wichtig für das Leben. Bestärken Sie das Kind immer wieder in diesem Glauben, indem Sie es mit kleinen Dingen erfahren lassen, dass es funktioniert. So könnten Sie zum Beispiel seine Wünsche ans Essen an die Bedingung knüpfen, dass es Ihnen beim Zubereiten hilft. Kinder brauchen und lieben solche [[Herausforderungen]], sind sie doch schon von Natur aus sehr [[kooperativ]]! Die Erfüllung von Wünschen ist immer abhängig von anderen Menschen (oder gar von weiteren Begebenheiten). Während der Wille also mehr auf die [[Selbständigkeit]] zielt, braucht es  beim Wünschen auch eine gewisse [[Beziehungsfähigkeit]]. So kann das Kind üben, wie es sich [[geschickt]] anstellt, um andere Menschen bei der Erfüllung seiner Ziele einzuspannen.


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