Die Kleinfamilie besteht aus den Eltern und deren Kindern, also aus bloss zwei Generationen. Dieses Familienmodell verbreitete sich erst im Zuge der Industrialisierung, als die Menschen aus ländlichen Gebieten in Städte zogen und dort kleinere Haushalte gründeten. Heute wird es in der westlichen Zivilisation als Norm angesehen.
Vorteile
Die Kleinfamilie entstand nicht aus einem Wunsch, sondern eher aus einer Notwendigkeit: Durch die Industrialisierung konzentrierten sich Wirtschaft und Gesellschaft immer mehr auf die Städte. Diese Landflucht führte zu einem Mangel an Wohnraum, weshalb viele Familien eher in Mietwohnungen und weniger in eigenen Häusern leben. Zusammen mit einer höheren Mobilität ermöglicht dies Arbeitnehmern, flexibel zu bleiben.
Der Zugang zu Bildung, Gesundheitsversorgung und sozialen Angeboten ist einfacher: Je grösser die Stadt, desto mehr gibt es an Infrastruktur, wie zum Beispiel Kulturangebote und Einkaufsmöglichkeiten. Für Familien bringt das viele praktische Erleichterungen.
Nachteile
Die kleinräumigen und mobilen Wohnformen der westlichen Zivilisation bringen auf der anderen Seite eklatante Nachteilen mit sich, vor allem für Familien mit kleinen Kindern. Während sich in früheren Zeiten mehrere Generationen von Familienmitgliedern den jüngeren Kindern annehmen konnten, konzentriert sich heute die Betreuungsarbeit häufig einzig auf die Eltern oder sogar einzig auf die Mutter. Denn die meisten Väter arbeiten auswärts und Grosseltern wohnen häufig nicht am gleichen Ort. Das kann sehr schnell zu einer Überforderung der Eltern führen.
Selbst kleinere Abwesenheiten für persönliche Verrichtungen müssen organisiert werden und haben womöglich noch teure Entschädigungen für die Fremdbetreuung zur Folge. Denn die Nachbarn fühlen sich kaum mehr bereit, bei der Kinderbetreuung auszuhelfen und die ursprüngliche Sippe existiert eben nicht mehr.
Linderung der Nachteile
In erster Linie werden Eltern sich überlegen müssen, ob sie Fremdbetreuung in Anspruch nehmen wollen. Sollte Ihnen das nicht oder zumindest während den beiden ersten Phasen der Erziehung nicht gelegen oder möglich sein, können Sie noch bei der Wohnform ansetzen: Suchen Sie eine Wohnung, wo Nachbarschaftshilfen oder Gemeinschaftszentren bereits zum Konzept gehören („Familiensiedlung“). Möglicherweise müssen Sie (vorerst) auf Ihr „Traumhaus“ verzichten, können dafür umso entspannter das Familienleben organisieren.
Bei der Aufteilung der Erwerbs- und Betreuungsarbeit können Sie Arbeitsmodelle mit flexibler Arbeitszeit oder Heimarbeit bevorzugen. Auch wenn vielleicht die Karrierechancen anfangs darunter leiden mögen, sollten Sie sich bewusst sein, dass Sie den Aufbau der Beziehung, der vor allem während den ersten Jahre entscheidend ist, nie mehr werden nachholen können. Zudem droht später ein mehrfaches an Erziehungsaufwand, wenn zum Beispiel plötzlich in der (Vor)Schule Probleme auftauchen.
Am besten wären natürlich Mehrgenerationenhäuser oder gemeinschaftliche Wohnprojekte, in denen mehrere Familien oder Generationen zusammenleben. So könnten zum Beispiel ältere Menschen bei der Kinderbetreuung helfen, während die Jüngeren Unterstützung bei administrativen Aufgaben oder körperlich schweren Arbeiten leisten könnten. Gerade in städtischen Gebieten dürfte das Angebot an geeigneten Häusern allerdings nicht allzu gross sein.
So oder so sollten Sie möglichst viel Kontakt zu anderen Familien mit gleichaltrigen Kindern suchen, sodass die Kinder genügend Spielkameraden haben und Sie selbst zu Abwechslung und Austausch kommen, ansonsten sehr schnell eine belastende Isolation überhandnehmen kann.


