Zwingen: Unterschied zwischen den Versionen

1 Byte hinzugefügt ,  29. Dezember 2020
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===Anstandsregeln===
===Anstandsregeln===
Kinder freuen sich meistens auf ein Wiedersehen von ihnen lieb gewordenen Menschen, aber eben nicht immer, also genau so wie Erwachsene eigentlich auch. Zwingen Sie Kinder deshalb nicht zu formellen Begrüssungen ("Sag der Oma schön Tschau" oder "Dein Patenonkel bekommt noch zwei Küsschen!"). Lassen Sie dem Kind vielmehr die Zeit, die es braucht, bis es von sich aus kommt und sich allenfalls  erfreut (das Wiedersehen muss für das Kind ja nicht zwing eine Freude sein!). Es gibt Kinder, die lieb gewonnenen Menschen sofort um den Hals fallen und andere, die eine gewisse Aufwärmzeit brauchen, um sich über den Besuch zu freuen. Und es gibt auch für Kinder Zeiten, in denen sie viel lieber für sich alleine wären. Der Unterschied zu Erwachsenen besteht lediglich darin, dass Kinder noch ehrlich sind, während jene nur allzu häufig aus purem [[Anstandsregeln|Anstand]] eine Freude vorzutäuschen versuchen. Seien Sie also etwas grosszügig und geniessen Sie die [[Freude des Kindes|Freude]] der Kinder am Wiedersehen dann, wenn diese auch dazu bereit sind. Denn echte Freude ist unendlich viel mehr wert als jeder erzwungene Gruss. Begrüssungen stehen für ein Kind auch nicht immer zwingend im ersten Moment der Begegnung an, genauso wenig wie Verabschiedungen nicht zwingend im letzten Moment stattfinden müssen: Kinder haben vielmehr ein sehr gutes Gespür für [[Nähe und Distanz]], das heisst sie kommen und gehen, wenn es für sie stimmt. Erzwungene Begrüssungsrituale, zumal wenn sie noch mit [[Liebkosungen]] verbunden sind,  
Kinder freuen sich meistens auf ein Wiedersehen von ihnen lieb gewordenen Menschen, aber eben nicht immer, also genau so wie Erwachsene eigentlich auch. Zwingen Sie Kinder deshalb nicht zu formellen Begrüssungen ("Sag der Oma schön Tschau" oder "Dein Patenonkel bekommt noch zwei Küsschen!"). Lassen Sie dem Kind vielmehr die Zeit, die es braucht, bis es von sich aus kommt und sich allenfalls  erfreut (das Wiedersehen muss für das Kind ja nicht zwingen eine Freude sein!). Es gibt Kinder, die lieb gewonnenen Menschen sofort um den Hals fallen und andere, die eine gewisse Aufwärmzeit brauchen, um sich über den Besuch zu freuen. Und es gibt auch für Kinder Zeiten, in denen sie viel lieber für sich alleine wären. Der Unterschied zu Erwachsenen besteht lediglich darin, dass Kinder noch ehrlich sind, während jene nur allzu häufig aus purem [[Anstandsregeln|Anstand]] eine Freude vorzutäuschen versuchen. Seien Sie also etwas grosszügig und geniessen Sie die [[Freude des Kindes|Freude]] der Kinder am Wiedersehen dann, wenn diese auch dazu bereit sind. Denn echte Freude ist unendlich viel mehr wert als jeder erzwungene Gruss. Begrüssungen stehen für ein Kind auch nicht immer zwingend im ersten Moment der Begegnung an, genauso wenig wie Verabschiedungen nicht zwingend im letzten Moment stattfinden müssen: Kinder haben vielmehr ein sehr gutes Gespür für [[Nähe und Distanz]], das heisst sie kommen und gehen, wenn es für sie stimmt. Erzwungene Begrüssungsrituale, zumal wenn sie noch mit [[Liebkosungen]] verbunden sind,  


Ähnliches gilt auch für [[Bedanken|Bedankungen]]. Wenn Sie einem Kind etwas schenken, soll es sich zuerst einmal darüber [[freuen]] dürfen, ist die Freude eines Kindes doch sehr viel mehr wert als ein antrainiertes und mechanisch nachgeplappertes "Danke vielmals". Anstandsregeln lernt das Kind im übrigen von alleine, nämlich durch [[Nachahmen des Kindes|Nachahmung]]. Allerdings müssen Sie als Eltern auch gelegentlich mal die Frage beantworten können, weshalb man in dieser oder jener Situation immer "Danke", "Gesundheit", "Entschuldigung" oder sonst eine Floskel von sich gibt. Zwischen einer Bedankung und [[Dankbarkeit]] besteht schliesslich noch ein grosser Unterschied. Wenn ein Kind für etwas dankbar ist, sehen Sie es ihm sofort an, ohne dass es nur ein Wort zu sagen bräuchte. Und vielleicht gibt Ihnen ja gerade das Anlass, selbst wieder einmal darüber nachzudenken, für was im Leben Sie wirklich dankbar sind. Immerhin ist zu sagen, dass  Anstandsregeln auch [[Regeln]] sind. Und Regeln brauchen Kinder unbedingt, allerdings sollten diese möglichst sinnvoll sein, ansonsten sie von Kindern weder verstanden noch ohne weiteres eingehalten werden können. Besprechen Sie also die Anstandsregeln, die bei Ihnen gelten sollen, mit dem Kind und vereinbaren Sie zum Beispiel am Familientisch, was gelten soll.  
Ähnliches gilt auch für [[Bedanken|Bedankungen]]. Wenn Sie einem Kind etwas schenken, soll es sich zuerst einmal darüber [[freuen]] dürfen, ist die Freude eines Kindes doch sehr viel mehr wert als ein antrainiertes und mechanisch nachgeplappertes "Danke vielmals". Anstandsregeln lernt das Kind im übrigen von alleine, nämlich durch [[Nachahmen des Kindes|Nachahmung]]. Allerdings müssen Sie als Eltern auch gelegentlich mal die Frage beantworten können, weshalb man in dieser oder jener Situation immer "Danke", "Gesundheit", "Entschuldigung" oder sonst eine Floskel von sich gibt. Zwischen einer Bedankung und [[Dankbarkeit]] besteht schliesslich noch ein grosser Unterschied. Wenn ein Kind für etwas dankbar ist, sehen Sie es ihm sofort an, ohne dass es nur ein Wort zu sagen bräuchte. Und vielleicht gibt Ihnen ja gerade das Anlass, selbst wieder einmal darüber nachzudenken, für was im Leben Sie wirklich dankbar sind. Immerhin ist zu sagen, dass  Anstandsregeln auch [[Regeln]] sind. Und Regeln brauchen Kinder unbedingt, allerdings sollten diese möglichst sinnvoll sein, ansonsten sie von Kindern weder verstanden noch ohne weiteres eingehalten werden können. Besprechen Sie also die Anstandsregeln, die bei Ihnen gelten sollen, mit dem Kind und vereinbaren Sie zum Beispiel am Familientisch, was gelten soll.  
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Nach den beiden ersten, alles entscheidenden [[Phasen der Erziehung]] sollte das Kind so [[reif]] sein, dass die Beziehung zu den Eltern eher einen partnerschaftlichen Charakter annimmt, also noch weniger Anlass zu irgendwelchen Zwängen bestehen sollte. Davon abgesehen wird sich das Kind schon aufgrund seiner zunehmenden körperlichen Kräfte und Geschicklichkeit elterlichen Zwängen mehr und mehr zu entziehen wissen. Schon allein diese Tatsache zeigt, wie wenig hilfreich Zwänge in der Erziehung sind. Denn je länger desto mehr wird sich das rächen. So konnten Sie zum Beispiel das Kind anfangs vielleicht noch zu warmen Kleidern zwingen, sobald es allein in die Schule geht, wird es aber ziemlich schnell auf die Idee kommen, diese in sicherer Distanz auszuziehen und irgendwo zu verstecken. Kommt dazu, dass sich Kinder, die sich von Zwängen ihrer Eltern befreien müssen, gerade dadurch grösseren [[Gefahren]] aussetzen, weil ihnen die Freiheit fehlte, eigene Erfahrungen zu machen.  
Nach den beiden ersten, alles entscheidenden [[Phasen der Erziehung]] sollte das Kind so [[reif]] sein, dass die Beziehung zu den Eltern eher einen partnerschaftlichen Charakter annimmt, also noch weniger Anlass zu irgendwelchen Zwängen bestehen sollte. Davon abgesehen wird sich das Kind schon aufgrund seiner zunehmenden körperlichen Kräfte und Geschicklichkeit elterlichen Zwängen mehr und mehr zu entziehen wissen. Schon allein diese Tatsache zeigt, wie wenig hilfreich Zwänge in der Erziehung sind. Denn je länger desto mehr wird sich das rächen. So konnten Sie zum Beispiel das Kind anfangs vielleicht noch zu warmen Kleidern zwingen, sobald es allein in die Schule geht, wird es aber ziemlich schnell auf die Idee kommen, diese in sicherer Distanz auszuziehen und irgendwo zu verstecken. Kommt dazu, dass sich Kinder, die sich von Zwängen ihrer Eltern befreien müssen, gerade dadurch grösseren [[Gefahren]] aussetzen, weil ihnen die Freiheit fehlte, eigene Erfahrungen zu machen.


===Schule===
===Schule===