Vertrauensbildung

Aus 2 x 2 der Erziehung
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Vertrauen ist die Grundlage jeder Beziehung, so auch jener zwischen Eltern und Kind, allerdings mit einer wesentlichen Besonderheit: Während das Kind mit einem grenzenlosen Vertrauen in seine Eltern zur Welt kommt, müssen die Eltern zuerst lernen, dem Kind zu vertrauen. Hinzu kommt noch die hierarchische Stellung der Eltern, das heisst, dass sie allein dafür verantwortlich sind, dass diese Grundlage entsteht und hält.

Die Vertrauensbildung muss im wesentlichen während den beiden ersten Lebensjahren des Kindes, das heisst noch vor der Willensbildung, erfolgen. Denn nur, wenn das Kind genügend Selbstvertrauen hat, kann es auch Grenzen akzeptieren.

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Vertrauensbildung (bis etwa 2 Jahre)

Anerkennung der eigenen Persönlichkeit des Kindes

Ihr Kind mag Ihnen noch so nahe sein, es bringt trotzdem eine ganz eigenständige Persönlichkeit mit. Die Anerkennung dieser Eigenständigkeit ist vor allem eine Frage der Einstellung: Auch wenn Ihnen das Kind aufgrund seiner genetischen Abstammung vom Aussehen her mehr oder weniger ähnlich sein mag, heisst das noch lange nicht, dass es die Charakterzüge der Eltern übernommen soll. Lassen Sie sich vielmehr zum Beispiel überraschen, welches Temperament es mit sich bringt. Schon wenn Sie nur mehr als ein Kind haben, stellen Sie sofort fest, dass sich jedes ganz anders verhält. Nehmen Sie also Ihre Kinder so an, wie sie sind - und nicht so wie Sie in Ihrer Vorstellung (oder gar in den Erwartungen anderer) sein sollen. Dieser Respekt vor der Andersartigkeit schafft Vertrauen!

Sie brauchen Ihr Kind auch nicht etwa beeinflussen zu wollen, Ihr Kind wird Sie nämlich schon von sich aus zum Vorbild nehmen. Das gilt gerade auch für Ihre Wertvorstellungen: Überlassen Sie es zuerst dem Kind, was es übernehmen will und was nicht. Kinder haben zudem ein sehr feines Gespür dafür, welche diese Vorstellungen Sie auch wirklich leben und welche Sie bloss vorgeben zu leben. Und vielleicht geben Ihnen Kinder ja auch einmal Anlass, gewisse, bisher unbesehen übernommene Vorstellungen zum Leben zu überdenken.

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Vertrauen in die Grundbedürfnisse des Kindes

Das neugeborene Kind ist seinen Eltern sprichwörtlich auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Es gibt sich ihnen komplett hin, mehr Vertrauen ist nicht möglich. Die Eltern hingegen müssen meistens erst noch lernen, dass dieses so hilflos daliegende Wesen bereits alle Veranlagungen in sich trägt, die es zu seiner vollen Entfaltung braucht. Und sie müssen vertrauen, dass all das, wonach das Kleinkind verlangt, ausschliesslich Grundbedürfnisse sind, das heisst solche, die bedingungslos und möglichst sofort befriedigt werden müssen. Nur dann wird das Vertrauen des Kindes in seine Eltern bestätigt und kann sich zu entsprechendem Selbstvertrauen entwickeln. Oder anders gesagt, es geht um das "Ja" der Eltern zum Kind:

  • Stillen: Die wohl innigste Form von Vertrauen ist, wenn sich der Säugling durch die Mutter stillen lässt. Es gibt weder für die Gesundheit des Kindes noch für die Beziehung etwas besseres. Eine gute Stillberatung bei der Geburt ist deshalb Gold wert!
  • Halten: Gerade bei Kleinkindern wird das Vertrauen stark durch Körperkontakt geprägt. Wenn das Kind gehalten wird, fühlt es sich angenommen. Diese Bestätigung braucht das Kind immer wieder, also nicht nur, wenn es müde oder traurig ist: Wenn Ihnen das Kind die Arme entgegenstreckt, braucht es vielleicht bloss die Gewissheit von Ihnen, dass es geliebt wird.
  • Tragen: Gleiches gilt, wenn das Kind getragen wird. Kinder wollen nicht nur getragen werden, wenn sie müde sind, sondern auch weil sie die Nähe suchen. Gerade für Säuglinge sind deshalb Kindertragen viel geeigneter als Kinderwagen.
  • Trost: Stellen Sie sich den Schritt des Kindes vom Mutterleib mit absoluter Rundumversorgung in die grosse, fremde Welt vor, können Sie leicht nachvollziehen, wieviel Widerwärtigkeiten das Kind allein schon dadurch erleiden muss. Das beginnt mit dem kalten Luftzug, geht über Hunger bis zu lauten Geräuschen, die das Kind erschrecken. Das Kind braucht deshalb fast ständig Trost für irgendetwas. Und solange das Kind noch lernt, muss es auch mit dauernden kleineren und grösseren Missgeschicken und Misserfolgen leben. Auch dafür braucht es immer bedingungslosen und unmittelbaren Trost. Das gilt für die ersten Jahre ganz besonders. Erst wenn das Kind nach etwa vier Jahren so reif ist, dass es genügend Selbstvertrauen aufbauen konnte, wird es sich nach und nach auch selbst beruhigen können und eine gewisse Frustrationstoleranz entwickeln. Dafür benötigte es aber zuvor ausreichenden und richtigen Trost.
  • Aufmerksamkeit: Kinder suchen immer wieder den Kontakt und die Bestätigung durch ihre Eltern. Gerade in den beiden ersten Jahren sollten Sie sich auch grundsätzlich immer unterbrechen lassen, wenn das Kind Ihre Aufmerksamkeit verlangt. Das mag zwar anstrengend sein, doch zahlt sich das schon bald vielfach aus: Wenn das Kind erst einmal die Gewissheit gewonnen hat, dass es sich auf den Kontakt zu Ihnen verlassen kann, wird es auch schon bald die Geduld zum warten aufbringen können, ohne gleich mit Verlustangst reagieren zu müssen.
  • Mitgefühl: Kleinkinder nehmen sich noch als völlig eins mit ihrer Umwelt, insbesondere ihren Eltern, wahr. Und genauso meinen manche Eltern, ihr Kind sei ein Teil von ihnen selbst. Das mag aufgrund der von Natur aus engen Beziehung verständlich sein, gerade wenn man an die Zeit der Mutter während der Schwangerschaft denkt. Doch sollten sich Eltern bewusst sein, dass das spätestens vom Moment der Geburt an eben gerade nicht mehr so ist. Mitgefühl bedeutet denn auch, dass die Eltern ihre eigenen (!) Gefühle wahrnehmen, während sie vom Kind bloss dessen Emotionen sehen oder hören können. Die Gefühle des Kindes kann nur dieses selbst wahrnehmen. Wenn das Kind zum Beispiel schreit, können Sie bloss erahnen, ob es sich um Trauer oder Schmerz (oder bloss um Hunger) handelt. Was Sie hingegen wirklich wahrnehmen können, sind Ihre eigenen Gefühle (vielleicht freuen Sie sich, dass das Kind nach Ihnen ruft oder Sie ärgern sich, dass es noch nicht schläft usw.). Mitgefühl ist denn auch zu unterscheiden von Mitleid, ansonsten sehr schnell ein Durcheinander der Gefühle entstehen kann, welches bloss der Verwirrung statt der Vertrauensbildung dient.
  • Zuhören: Gerade wenn das Kind zu sprechen beginnt, ist Ihre Geduld besonders gefragt: Lassen Sie das Kind immer zuerst ausreden, vervollständigen Sie keine Sätze von sich aus und unterbrechen Sie es nicht. Warten Sie immer, bis das Kind fertig gesprochen hat und fragen Sie nach, wenn Sie etwas nicht verstanden haben. Wenn Sie zuhören, zeigen Sie dem Kind, dass Sie an ihm interessiert sind und ihm zutrauen, dass es sich mitteilen kann und darf.
  • Warten: Kinder brauchen Zeit. Weder viel noch wenig, sondern genau so viel, wie sie eben brauchen. Als Eltern müssen Sie deshalb lernen zu warten, bis das Kind so weit ist, ganz gleich ob es um das Essen, Sprechen, Laufen lernen oder was auch immer geht. Je mehr Gelassenheit Sie dabei entwickeln desto besser für das Vertrauen.
  • Antwort auf Fragen geben: Kinder entdecken laufend neue Dinge, zu denen sie automatisch Fragen haben. Die Fragen mögen für Eltern noch so skurril oder unsinnig sein, für das Kind sind sie von grösstem Interesse. Nehmen Sie sich deshalb die Mühe, möglichst alle Fragen des Kindes möglichst unmittelbar zu beantworten. Gerade in den ersten beiden Jahren sollten Sie sich durch das Kind auch unterbrechen lassen und ihm Vorrang geben. Das Kind hat die berechtigte Erwartung, dass Sie ihm helfen, die Welt zu verstehen. Erst wenn es immer wieder erfahren hat, dass es Ihnen wichtiger als alles andere ist, kann es auch mehr und mehr geduldig warten, bis Sie Zeit haben: Es hat dann bereits die Gewissheit gewonnen, dass es sich tatsächlich immer auf Sie verlassen kann.
  • Ernst nehmen: Ganz gleich wie lustig oder nichtig die Sorgen Ihres Kindes in Ihren Ohren klingen mögen, es will von Ihnen ernst genommen werden. Denn es verfolgt nicht irgendeine Absicht und den "Pausenclown" will es schon gar nicht spielen. Kinder mögen in ihrem Verhalten "süss und herzig" erscheinen, sie sind es aber nicht etwa zur "allgemeinen Volksbelustigung"!
  • Verlässlichkeit: Kleinkinder haben noch keine Vorstellung von einer Zukunft, weshalb für sie auch der Zusammenhang zwischen Ursache (Vergangenheit) und Wirkung (Zukunft) noch kaum erfassbar ist. Was sie hingegen sehr wohl wahrnehmen, sind Wiederholungen. Das beginnt mir Ihrer regelmässige Reaktion auf das Lächeln und geht über Mahlzeiten zur immer gleichen Zeit bis zur externen Kinderbetreuung am immer gleichen Wochentag. Besonders Rituale, zum Beispiel beim Schlafen gehen, stärken das Vertrauen des Kindes in den Lauf des Lebens: Es kann sich darauf verlassen, dass es immer, nachdem Sie ihm die Gutenacht-Geschichte erzählt haben, ohne Sorgen einschlafen kann und am anderen Tag wieder von Ihnen in Empfang genommen wird. Achten Sie deshalb auf einen klaren Rhythmus im Alltag. Verlässlichkeit beinhaltet auch eine allgemeine Ordnung, wenn zum Beispiel die Pantoffeln immer am gleichen Ort zu verräumen sind.

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Vertrauen in die Fähigkeiten des Kindes

Das neugeborene Kind ist vergleichbar mit einer Rosenknospe: Diese muss sich erst noch entfallen, um ihre ganze Blütenpracht offenbaren zu können und ihren wunderbaren Duft zu verbreiten, zuvor ist sie noch unscheinbar und verschlossen; Die ganze Pracht ist aber bereits in der Knospe angelegt, kein Gärtner muss daran zupfen oder zerren. So ist es auch mit den Fähigkeiten des Kindes: Das Neugeboren mag hilflos aussehen, doch hat es bereits alle Fähigkeiten in sich und muss bloss noch die richtige Umgebung haben, um sich entwickeln zu können. Vertrauen bedeutet, dass Sie als Eltern an die Fähigkeiten des Kindes glauben:

  • Selbst tun lassen: Ganz gleich, ob das Kind die Trinkflasche selbst halten will oder die Kleider selbst ausziehen will: lassen Sie es zumindest selbst probieren! Sie brauchen sich keine Gedanken darüber zu machen, ob es das auf Anhieb schafft oder nicht, entscheidend ist, dass Sie es ihm zutrauen! Dem Kind selbst ist es übrigens auch völlig gleichgültig, ob und wann es Erfolg mit seinen Versuchen hat. Es hat genügend Geduld und kann auch mit Misserfolgen und Missgeschicken ohne weiteres umgehen (wenn es bloss getröstet wird, falls es sich dabei weh tut). Halten Sie sich also möglichst solange zurück mit Helfen, bis das Kind von sich aus danach verlangt!
  • Entscheiden lassen: Ebenso können Kinder sehr viel mehr selbst entscheiden, als ihnen üblicherweise zugetraut wird. Gehen Sie davon aus, dass das Kind grundsätzlich alles selbst bestimmen kann (ausser natürlich bei eigentliche Gefahren). Wichtig ist dabei einzig, dass Sie dem Kind auch die Konsequenzen aus seinen Entscheidungen zumuten.
  • Geduld: Gerade Kinder in den ersten Jahren lernen eine Unmenge neuer Dinge. Und da sie in erster Linie durch Ausprobieren und Nachahmen lernen, kann das von ihren Eltern durchaus einige an Geduld fordern. Nehmen Sie sich diese Zeit und wundern Sie sich immer wieder über das Kind, das gerade etwas Neues entdeckt und erfährt.
  • Anerkennung: Und schliesslich dürfen Sie sich mit dem Kind zusammen freuen, wenn ihm wieder etwas gelungen ist. So fühlt sich es bestätigt. Lob und Anerkennung sollen aber authentisch bleiben, künstlich aufgeblähter Jubel ist nicht nötig.

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Willensbildung (etwa 2 bis 4 Jahre)

Wenn das Kind, in der Regel etwa im dritten Lebensjahr, beginnt seinen Willen zu entwickeln, erhält auch das Vertrauen eine zusätzliche Dimension. Während Ihr Vertrauen bisher eher passiver, also zustimmender, Natur war, müssen Sie nun viel aktiver handeln, denn jetzt muss das Kind auch den Widerstand spüren, den es mit seinem Willen auslösen kann. Dieser Widerstand ist wie ein standhaftes Gerüst oder eine Leitplanke, auf die man sich im Notfall verlassen kann. Denn der Wille ist zu Beginn eine derart starke und noch rohe Kraft, dass das Kind häufig selbst damit überfordert ist. Es muss Ihnen deshalb vertrauen können, dass Sie ihm auch "Nein!" sagen, wenn es zu weit geht, und dass Sie dabei konsequent bleiben:

  • Konsequent bleiben: Kinder müssen sich auf das "Ja" oder das "Nein!" der Eltern verlassen können. Für Kinder in diesem Alter gibt es noch keine Grautöne, es gibt bloss "entweder oder". Gerade bei Ihrem "Nein!" müssen Sie unbedingt konsequent bleiben, ansonsten das Kind dauernd wird prüfen müssen, ob Sie nicht doch "Jein" gemeint haben, also Ihre Haltung bloss halbherzig ausgedrückt haben. Das gleiche gilt für leere Drohungen, da das Kind nie sicher sein kann, wie ernst Sie etwas gemeint haben. Bleiben Sie also lieber einmal zu hart, als zehn Mal zu weich, das ist für Kinder sehr viel einfacher zu respektieren.
  • Vereinbarungen: Das beste Mittel, um in dieser Phase Vertrauen zu schaffen, sind Vereinbarungen, also nicht einseitige Abmachungen, sondern solche, bei denen das Kind auch mitbestimmen darf und soll. So zeigen Sie dem Kind erstens, dass Sie seine Anliegen ernst nehmen und dass Sie zweitens von ihm fordern, dass es sich ebenso konsequent daran halten muss. Sie werden staunen, wie kooperativ Kinder sein können, wenn sie mitentscheiden dürfen. Wenn es trotzdem einmal nicht klappt, liegt es in Ihrer Verantwortung das anzusprechen. Dabei ist es entscheidend, dass Sie selbst auch zuverlässig sind, das heisst, sich konsequent an Ihre eigenen Zusagen halten. Denn nur dann, wird das Vertrauen bestätigt, ansonsten das Kind sehr schnell misstrauisch wird.
  • Zumuten: Sobald das Kind etwas will, können Sie ihm auch zumuten, dass es sich dafür einsetzt, also nicht mehr bloss nach dem Lustprinzip handelt, sondern mit einer klaren Absicht. So dürfen Sie zum Beispiel durchaus fordern, dass es das Eis erst dann erhält, wenn es nach Hause gelaufen ist (statt getragen zu werden). Zumuten müssen Sie dem Kind aber auch Ihre Grenzen, das heisst laut und deutlich werden, wenn es zu weit geht. Kinder können nämlich sehr gut damit umgehen, auch wenn Sie einmal etwas gar hart sind, sie haben bloss dann Probleme, wenn Sie wankelmütig werden, denn dann wissen sie nicht mehr, ob Sie Ihren Forderungen auch wirklich vertrauen können.
  • Verantwortung übertragen: Sobald das Kind zu wollen beginnt, wird es auch den Zusammenhang zwischen Ursache und Wirkung verstehen (etwas, das es vorher noch nicht verstehen konnte!). Das ist Voraussetzung, wenn dem Kind nun nach und nach auch mehr Verantwortung übertragen werden soll. Denn Verantwortung tragen heisst, die Folgen seines Tuns oder Lassens zu kennen und anzunehmen. Das geht am besten, wenn Sie das Kind selbst entscheiden lassen, ihm aber zumindest anfangs die Konsequenzen des jeweiligen Entscheids erklären. Wenn das Kind zum Beispiel das Fahrrad mit auf den Spaziergang mitnehmen will, können Sie ihm sagen, dass es das darf, aber das Fahrrad von ihm auch wieder nach Hause geschoben werden muss, wenn es plötzlich keine Lust mehr hat zu fahren (und nicht etwa von Ihnen nachgetragen wird).
  • Versöhnung: Wenn Ihr Wille mit demjenigen Ihres Kindes kollidiert, kann es schon mal zu einem Wutanfall des Kindes kommen. Das ist zunächst völlig natürlich und auch ein gesundes Zeichen seiner Entwicklung! Entscheidend ist aber, dass Sie dem Kind danach immer auch eine Versöhnung anbieten (zu der das Kind ohne weiters bereit sein wird, wenn Sie zuvor angemessen reagiert haben). Dafür sind im übrigen aufgrund der hierarchischen Stellung die Eltern und nicht etwa das Kind zuständig. Und eine Versöhnung sollten Sie immer, ganz unabhängig davon, ob auf Seiten des Kindes irgendetwas "Unrechtes" vorliegt, anbieten. Versöhnung in der Phase der Willensbildung sollte ebenso bedingungslos sein wie es der Trost in der Phase der Vertrauensbidlung gewesen sein sollte.

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Sozialisation bis Pubertät (etwa 4 bis 16 Jahre)

Das erste Ziel der Erziehung, also Selbstvertrauen, sollte im wesentlichen nach den ersten vier Jahren, noch vor dem Eintritt in die (Vor)Schule, erreicht sein. Selbstvertrauen heisst, dass das Kind zu sich stehen kann, sich also mit seiner Persönlichkeit auch in einer Gruppe ausserhalb der Familie behaupten kann und gleichzeitig seine Umwelt respektieren kann. Dieses Selbstvertrauen ist wie ein Spiegel des Vertrauens, das zwischen dem Kind und den Eltern gewachsen ist.

Wenn Sie das geschafft haben, ist der Rest der Erziehung im wesentlichen bloss noch eine Art Begleitung, das heisst Sie können sich fast schon auf das Zuschauen beschränken und müssen nur noch ausnahmsweise aktiv eingreifen. Ein selbstbewusstes Kind kommt von sich aus zu Ihnen, wenn es zum Beispiel Probleme in der Schule hat, denn es hat erfahren, dass es Ihnen vertrauen kann, dass es erst genommen wird - und vor allem: dass es "trotzdem" immer sich selbst sein darf und genau dafür von Ihnen geliebt wird. Selbstvertrauen bedeutet aber auch, dass das Kind nich mehr auf seine Eltern allein angewiesen ist, sondern eben sich selbst vertrauen kann, insbesondere seinem eigenen Urteilsvermögen. Das ermöglicht es ihm zum Beispiel, Wertvorstellungen und Meinungen von anderen Menschen wie Lehrpersonen oder Eltern von Kameraden zu beurteilen und damit eine Alternative zu den Eltern zu haben.

Das gilt gerade auch für die Pubertät, wenn sich im Jugendlichen gewissermassen "hormonelle Revolutionen" abspielen, die ihn durchaus immer wieder einmal durchschütteln können. "Sparringpartner" sollten aber gerade nicht mehr die Eltern sein, sondern vielmehr seine Kameraden. Denn mit genügend Selbstvertrauen wird der Jugendliche nun ausser Hause gehen wollen und seine Energien in erster Linie dort ablassen und nicht mehr im Elternhaus. Das bedeutet für Sie als Eltern erstens, dass Sie ihn loslassen müssen und zweitens dass der Jugendliche noch mehr Verantwortung übernehmen muss (insbesondere auch für die Folgen allfälligen Übermuts!). In dieser Zeit zeigt sich ganz besonders der Erfolg Ihrer Erziehungsarbeit: Jetzt müssen Sie sich ganz auf das verlassen können, was Sie in den ersten Jahren geleistet haben. Denn zurückhalten können Sie Kinder in diesem Alter definitiv nicht mehr (selbst mit roher Gewalt wären Sie schon bald unterlegen)!

Selbstvertrauen wird in diesem Alter häufig mit Selbstsicherheit oder Angeberei verwechselt. Ein Stück weit gehört das dazu und es liegt an den Kindern selbst zu unterscheiden, auf was sie sich einlassen wollen. Wenn genügend Vertrauen zwischen Ihnen und dem Kind vorhanden ist, können Sie solche Themen aber am Familientisch thematisieren und allenfalls mit Ihrer Meinung und Erfahrung den einen oder anderen Rat geben.

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Erwachsenwerden (etwa 16 bis 25 Jahre)

Wenn junge Erwachsene am Abschluss ihrer schulischen oder beruflichen Ausbildung stehen, gewinnen sie natürlich auch sehr viel Selbstvertrauen aus den Erfolgen am Ausbildungs- oder Arbeitsplatz (Abschlüsse, Lohn usw.). Gleiches gilt für Erfolge im Sport oder in Liebschaften. Und Misserfolge werden sie genauso gut verarbeiten können, wenn sie in den ersten Jahren genügend Selbstvertrauen aufbauen konnten.

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Erwachsen (ab etwa 25 Jahre)

Die Arbeit am Selbstvertrauen ist nie fertig. Immer wieder wird der Mensch Rückschläge erfahren, die an seinem Selbstvertrauen nagen, die ihn zweifeln, im schlimmsten Fall sogar verzweifeln, lassen. Und nicht jedes Manko wird sich durch die Erziehung erklären lassen. Das ist auch nicht nötig. Denn jeder Mensch hat eine eigene Persönlichkeit (und je nach Verständnis oder Glaube zudem auch ein Schicksal und eine Seele). So bleibt die Arbeit am Selbstvertrauen eine lebenslange Aufgabe, die zudem nicht allen Menschen gleich bewusst ist. Das heisst ein Mensch kann sich durchaus auch ohne dieses Bewusstsein "zufrieden und glücklich" fühlen.

Fehler, Umwege und Misserfolge sind schliesslich unabdingbar, um an der Vervollkommnung arbeiten zu können. Das heisst aber auch, dass Ihre Erziehungsarbeit noch so perfekt gewesen sein mag, eine Garantie für ein sorgenfreies Leben wird sie trotzdem nicht sein - und soll sie auch nicht sein!

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Weiterführende Themen

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Übergeordnetes Thema

Vertrauensbildung (erstes Phase der Erziehung)

Fragen und Feedback

Das "Zweimalzwei der Erziehung" ist zum Teil noch im Aufbau. Allfällige Fragen oder Feedback sind willkommen: Email

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