Vertrauensbildung: Unterschied zwischen den Versionen

Keine Änderung der Größe ,  23. Dezember 2022
Keine Bearbeitungszusammenfassung
Zeile 11: Zeile 11:


===Vertrauen in die Grundbedürfnisse des Kindes===
===Vertrauen in die Grundbedürfnisse des Kindes===
Das neugeborene Kind ist seinen Eltern sprichwörtlich auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Es gibt sich ihnen komplett hin, mehr Vertrauen ist nicht möglich. Die Eltern hingegen müssen meistens erst noch lernen, dass dieses so hilflos daliegende Wesen bereits alle Veranlagungen in sich trägt, die es zu seiner vollen Entfaltung braucht. Und sie müssen vertrauen, dass all das, wonach das [[Kleinkind]] verlangt, ausschliesslich [[Grundbedürfnisse  des Kindes|Grundbedürfnisse]] sind, das heisst solche, die bedingungslos und möglichst sofort befriedigt werden müssen. Nur dann wird das Vertrauen des Kindes in seine Eltern bestätigt und kann sich zu entsprechendem Selbstvertrauen entwickeln. Oder anders gesagt, es geht um das [[Ja der Eltern|"Ja" der Eltern]] zum Kind:
Das neugeborene Kind ist seinen Eltern sprichwörtlich auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Es gibt sich Ihnen komplett hin, mehr Vertrauen ist nicht möglich. Die Eltern hingegen müssen meistens erst noch lernen, dass dieses so hilflos daliegende Wesen bereits alle Veranlagungen in sich trägt, die es zu seiner vollen Entfaltung braucht. Und sie müssen vertrauen, dass all das, wonach das [[Kleinkind]] verlangt, ausschliesslich [[Grundbedürfnisse  des Kindes|Grundbedürfnisse]] sind, das heisst solche, die bedingungslos und möglichst sofort befriedigt werden müssen. Nur dann wird das Vertrauen des Kindes in seine Eltern bestätigt und kann sich zu entsprechendem Selbstvertrauen entwickeln. Oder anders gesagt, es geht um das [[Ja der Eltern|"Ja" der Eltern]] zum Kind:
* '''Stillen:''' Die wohl innigste Form von Vertrauen ist, wenn sich der Säugling durch die Mutter [[stillen]] lässt. Es gibt weder für die Gesundheit des Kindes noch für die Beziehung etwas besseres. Eine gute [[Stillberatung]] bei der Geburt ist deshalb Gold wert!
* '''Stillen:''' Die wohl innigste Form von Vertrauen ist, wenn sich der Säugling durch die Mutter [[stillen]] lässt. Es gibt weder für die Gesundheit des Kindes noch für die Beziehung etwas Besseres. Eine gute [[Stillberatung]] bei der Geburt ist deshalb Gold wert!
* '''Halten:''' Gerade bei Kleinkindern wird das Vertrauen stark durch [[Körperkontakt]] geprägt. Wenn das Kind [[gehalten werden|gehalten wird]], fühlt es sich [[Annehmen|angenommen]]. Diese [[Bestätigung]] braucht das Kind immer wieder, also nicht nur, wenn es müde oder traurig ist: Wenn Ihnen das Kind die Arme entgegenstreckt, braucht es vielleicht bloss die Gewissheit von Ihnen, dass es geliebt wird.
* '''Halten:''' Gerade bei Kleinkindern wird das Vertrauen stark durch [[Körperkontakt]] geprägt. Wenn das Kind [[gehalten werden|gehalten wird]], fühlt es sich [[Annehmen|angenommen]]. Diese [[Bestätigung]] braucht das Kind immer wieder, also nicht nur, wenn es müde oder traurig ist: Wenn Ihnen das Kind die Arme entgegenstreckt, braucht es vielleicht bloss die Gewissheit von Ihnen, dass es geliebt wird.
* '''Tragen:''' Gleiches gilt, wenn das Kind [[getragen werden|getragen wird]]. Kinder wollen nicht nur getragen werden, wenn sie [[müde]] sind, sondern auch weil sie die [[Nähe]] suchen. Gerade für [[Säugling|Säuglinge]] sind deshalb [[Kindertragen]] viel geeigneter als [[Kinderwagen]].
* '''Tragen:''' Gleiches gilt, wenn das Kind [[getragen werden|getragen wird]]. Kinder wollen nicht nur getragen werden, wenn sie [[müde]] sind, sondern auch, weil sie die [[Nähe]] suchen. Gerade für [[Säugling|Säuglinge]] sind deshalb [[Kindertragen]] viel geeigneter als [[Kinderwagen]].
* '''Trost:''' Stellen Sie sich den Schritt des Kindes vom Mutterleib mit absoluter Rundumversorgung in die grosse, fremde Welt vor, können Sie leicht nachvollziehen, wieviel Widerwärtigkeiten das Kind allein schon dadurch erleiden muss. Das beginnt mit dem kalten Luftzug, geht über Hunger bis zu lauten Geräuschen, die das Kind erschrecken. Das Kind braucht deshalb fast ständig [[Trost]] für irgendetwas. Und solange das Kind noch lernt, muss es auch mit dauernden kleineren und grösseren Missgeschicken und Misserfolgen leben. Auch dafür braucht es immer bedingungslosen und unmittelbaren Trost. Das gilt für die ersten Jahre ganz besonders. Erst wenn das Kind nach etwa vier Jahren so [[reif]] ist, dass es genügend Selbstvertrauen aufbauen konnte, wird es sich nach und nach auch selbst beruhigen können und eine gewisse [[Frustrationstoleranz]] entwickeln. Dafür benötigte es aber zuvor ausreichenden und richtigen Trost.
* '''Trost:''' Stellen Sie sich den Schritt des Kindes vom Mutterleib mit absoluter Rundumversorgung in die grosse, fremde Welt vor, können Sie leicht nachvollziehen, wie viel Widerwärtigkeiten das Kind allein schon dadurch erleiden muss. Das beginnt mit dem kalten Luftzug, geht über Hunger bis zu lauten Geräuschen, die das Kind erschrecken. Das Kind braucht deshalb fast ständig [[Trost]] für irgendetwas. Und solange das Kind noch lernt, muss es auch mit dauernden kleineren und grösseren Missgeschicken und Misserfolgen leben. Auch dafür braucht es immer bedingungslosen und unmittelbaren Trost. Das gilt für die ersten Jahre ganz besonders. Erst wenn das Kind nach etwa vier Jahren so [[reif]] ist, dass es genügend Selbstvertrauen aufbauen konnte, wird es sich nach und nach auch selbst beruhigen können und eine gewisse [[Frustrationstoleranz]] entwickeln. Dafür benötigte es aber zuvor ausreichenden und richtigen Trost.
* '''Aufmerksamkeit:''' Kinder suchen immer wieder den Kontakt und die [[Bestätigung]] durch ihre Eltern. Gerade in den beiden ersten Jahren sollten Sie sich auch grundsätzlich immer unterbrechen lassen, wenn das Kind Ihre [[Aufmerksamkeit der Eltern|Aufmerksamkeit]] verlangt. Das mag zwar anstrengend sein, doch zahlt sich das schon bald vielfach aus: Wenn das Kind erst einmal die Gewissheit gewonnen hat, dass es sich auf den Kontakt zu Ihnen verlassen kann, wird es auch schon bald die Geduld zum warten aufbringen können, ohne gleich mit Verlustangst reagieren zu müssen.
* '''Aufmerksamkeit:''' Kinder suchen immer wieder den Kontakt und die [[Bestätigung]] durch ihre Eltern. Gerade in den beiden ersten Jahren sollten Sie sich auch grundsätzlich immer unterbrechen lassen, wenn das Kind Ihre [[Aufmerksamkeit der Eltern|Aufmerksamkeit]] verlangt. Das mag zwar anstrengend sein, doch zahlt sich das schon bald vielfach aus: Wenn das Kind erst einmal die Gewissheit gewonnen hat, dass es sich auf den Kontakt zu Ihnen verlassen kann, wird es auch schon bald die Geduld zum warten aufbringen können, ohne gleich mit Verlustangst reagieren zu müssen.
* '''Mitgefühl:''' Kleinkinder nehmen sich noch als völlig eins mit ihrer Umwelt, insbesondere ihren Eltern, wahr. Und genauso meinen manche Eltern, ihr Kind sei ein Teil von ihnen selbst. Das mag aufgrund der von Natur aus engen Beziehung verständlich sein, gerade wenn man an die Zeit der Mutter während der Schwangerschaft denkt. Doch sollten sich Eltern bewusst sein, dass das spätestens vom Moment der Geburt an eben gerade nicht mehr so ist. Mitgefühl bedeutet denn auch, dass die Eltern ihre eigenen (!) [[Gefühle]] wahrnehmen, während sie vom Kind bloss dessen [[Emotionen]] sehen oder hören können. Die Gefühle des Kindes kann nur dieses selbst wahrnehmen. Wenn das Kind zum Beispiel schreit, können Sie bloss erahnen, ob es sich um Trauer oder Schmerz (oder bloss um Hunger) handelt. Was Sie hingegen wirklich wahrnehmen können, sind Ihre eigenen Gefühle (vielleicht freuen Sie sich, dass das Kind nach Ihnen ruft oder Sie ärgern sich, dass es noch nicht schläft usw.). [[Mitgefühl]] ist denn auch zu unterscheiden von [[Mitleid]], ansonsten sehr schnell ein Durcheinander der Gefühle entstehen kann, welches bloss der [[Verwirrung]] statt der Vertrauensbildung dient.
* '''Mitgefühl:''' Kleinkinder nehmen sich noch als völlig eins mit ihrer Umwelt, insbesondere ihren Eltern, wahr. Und genauso meinen manche Eltern, ihr Kind sei ein Teil von ihnen selbst. Das mag aufgrund der von Natur aus engen Beziehung verständlich sein, gerade wenn man an die Zeit der Mutter während der Schwangerschaft denkt. Doch sollten sich Eltern bewusst sein, dass das spätestens vom Moment der Geburt an eben gerade nicht mehr so ist. Mitgefühl bedeutet denn auch, dass die Eltern ihre eigenen (!) [[Gefühle]] wahrnehmen, während sie vom Kind bloss dessen [[Emotionen]] sehen oder hören können. Die Gefühle des Kindes kann nur dieses selbst wahrnehmen. Wenn das Kind zum Beispiel schreit, können Sie bloss erahnen, ob es sich um Trauer oder Schmerz (oder bloss um Hunger) handelt. Was Sie hingegen wirklich wahrnehmen können, sind Ihre eigenen Gefühle (vielleicht freuen Sie sich, dass das Kind nach Ihnen ruft oder Sie ärgern sich, dass es noch nicht schläft usw.). [[Mitgefühl]] ist denn auch zu unterscheiden von [[Mitleid]], ansonsten sehr schnell ein Durcheinander der Gefühle entstehen kann, welches bloss der [[Verwirrung]] statt der Vertrauensbildung dient.