Grosseltern


Grosseltern sind natürlich auch Eltern, und als Eltern von Eltern gewissermassen sogar "Eltern in Hochpotenz". Grundsätzlich gilt deshalb alles, was im "Zweimalzwei der Erziehung" für die Eltern in Bezug auf ihre Kinder geschrieben steht, auch für Grosseltern, insbesondere die beiden Grundprinzipien der Erziehung: Selbstvertrauen und Freier Wille. Darüberhinaus gibt es aber einige Besonderheiten, die sowohl die Eltern als auch die Grosseltern beachten sollten:

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Betreuung und Erziehung

Grosseltern können über die üblichen Besuche hinaus eine äusserst wertvolle Entlastung bei der Kinderbetreuung sein. Das setzt natürlich zunächst einmal voraus, dass die Grosseltern von ihrer allfälligen eigenen beruflichen Belastung her überhaupt Zeit dazu haben und auch gesundheitlich noch genügend fit sind. Die Bereitschaft für ein gewisses Engagement dürfte fast immer geben sein, jedenfalls wenn es sich mit vernünftigem Aufwand organisieren lässt. Sie tun deshalb gut daran, bei der Wohnungswahl die zu überwindenden Distanzen zu berücksichtigen. Sobald Grosseltern die Kinder regelmässig über mehrere Stunden betreuen, übernehmen sie automatisch auch eine gewisse Erziehungsfunktion. Dem sollten sich wohl die Eltern als auch die Grosseltern bewusst sein.

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Erfahrung und Rat

Grosseltern haben bereits alles erfahren, was Eltern erst noch lernen müssen. Das ist einerseits sicher ein grosser Vorteil. Andererseits haben die Eltern meistens noch in ziemlich lebhafter Erinnerung, unter was sie damals gelitten haben und was sie bei ihren eigenen Kindern deshalb besser, oder doch zumindest anders, machen wollen. Daraus ergibt sich ein gewisses Spannungsverhältnis, das im Idealfall zu einer fortschrittlicheren Erziehung führen kann, nämlich dann, wenn die Grosseltern bereits eine gewisse Gelassenheit haben, sodass sie sich ihre damaligen, unausweichlichen Erziehungsfehler eingestehen können und die Eltern genügend reif sind, ihnen diese nicht mehr zum Vorwurf machen zu müssen. Als Grosseltern sollten Sie sich allerdings mit Ratschlägen den frisch gebackenen Eltern gegenüber möglichst zurückhalten. Warten Sie einfach, bis Sie gefragt werden und erzählen zum Beispiel, wie Sie es damals gemacht hatten. Eltern können zwar dankbar sein für Ihren Rat, müssen aber trotzdem zuerst selbst erfahren können, was in ihrer Beziehung zu ihren Kinder funktioniert. Nur so können Eltern eine ihrer wichtigsten Erziehungskompetenzen entwickeln: das Gespür für das, was das Kind gerade braucht.

Die Erfahrung der Grosseltern spüren natürlich auch die Kinder, das Vertrauen von Grosskindern in ihre Grosseltern kann deshalb wunderbar sein. Die Gelassenheit und Ruhe, mit der Grosseltern ihre Enkel betreuen können, ist etwas sehr Wertvolles für das Kind: Während die Eltern noch voll im Berufsleben engagiert sind und womöglich auch sonst noch ehrgeizige Ziele verfolgen, wissen Grosseltern aufgrund Ihrer Lebenserfahrung, auf was es im Leben wirklich ankommt, sinnigerweise eine Gabe, die gerade auch noch Kindern eigen ist.

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Regeln und Ausnahmen

Ein grosses Thema ist häufig, dass bei den Grosseltern andere Regeln gelten als zu Hause. Interessanterweise ist das aber für die Kinder meistens nicht das geringste Problem. Es ist für ein Kind vielmehr eine elementare Erfahrung, hat es doch schon ganz von Anfang an erfahren, dass der Mutter eine andere Aufgabe zukommt als dem Vater (auch wenn sich die Rollen spätestens nach dem Abstillen auch angleichen können). Sie brauchen sich deshalb als Grosseltern nicht zu sorgen, wenn Sie zum Beispiel den Grosskindern nicht erlauben wollen, auf Ihrem Sofa herumzuturnen. Sie müssen die Regel bloss konsequent anwenden. Und auch umgekehrt ist es kein Problem, wenn Sie als Eltern zum Beispiel strengere Tischmanieren verfolgen. Hingegen sollten Sie plausible Gründe dafür haben, die Sie dem Kind verständlich machen können. Grosseltern nehmen sich zudem gerne die Freiheit, Regeln etwas lockerer anzuwenden, indem sie zum Beispiel eher mal eine Ausnahme zulassen. Das kann viel mit der Gelassenheit zu tun haben, die schon allein in der Erfahrung gründet.

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Positives und negatives Verwöhnen

Als Eltern werden Sie manchmal nicht nur dankbar dafür sein, dass Sie Ihre Kinder bei den Grosseltern gut aufgehoben wissen, sondern Sie werden sich auch immer wieder mal sorgen, ob Ihre Kinder nicht zu sehr verwöhnt oder gar "verzogen" werden. Dabei sollten Sie vor allem zwischen dem positiven und dem negativen Verwöhnen unterscheiden: Wenn es um die Grundbedürfnisse des Kindes geht, darf das Kind so sehr verwöhnt werden, wie es nur mag. Das gilt zum Beispiel für die Zeit und die Ruhe, die sich Grosseltern nehmen können, um mit ihm zu spielen, so lange es Lust dazu hat. Heikel wird es erst, wenn Grosseltern den Kindern einfach alle Wünsche erfüllen und ihnen zum Beispiel dauernd neue Spielsachen schenken. Das dürfen und sollen Sie als Eltern natürlich ansprechen. Und als Grosseltern sollten Sie sich bewusst sein, dass Sie Ihren Grosskindern schon mehr als gut genug sind, wenn Sie bloss für sie das sind!

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Loyalität und Konkurrenz

Die Beziehung zwischen Eltern und Grosseltern kann aber auch Schattenseiten haben, die womöglich gerade durch die Kinder beziehungsweise Grosskinder zu Tage treten. Grund für Unstimmigkeiten sind meistens unterschiedliche Vorstellungen über die Erziehungsgrundsätze, sobald die Grosseltern einen Teil der Betreuung übernehmen. Das liegt zum einen in der Natur der Sache: Eltern beabsichtigen gerne, ihren Kindern ein (noch) „besseres Leben“ zu ermöglichen, als sie es selbst hatten, während Grosseltern der Meinung sind, sie wüssten schon allein aufgrund ihrer Erfahrung doch sehr wohl, "wie Erziehung funktioniert". Man könnte auch von einer Art Konkurrenz zwischen Grosseltern und Eltern sprechen, die solange gesund ist, als beide in der aufrichtigen Absicht handeln, ihre Erziehungsarbeit zu verbessern.

Für Eltern kann es aber auch zu einer Gratwanderung werden zwischen der Dankbarkeit für die willkommene Entlastung und dem Gefühl, dass ihre Erziehungsarbeit mehr oder weniger bewusst sabotiert wird. Im Idealfall können Sie das natürlich ansprechen, ohne dass sich Ihre Eltern gleich verletzt fühlen. Geht das nicht und haben Sie als Grosseltern das Gefühl, die Kinder würden unter ihren Eltern unnötig leiden, müssen Sie abwägen zwischen dem Grundsatz, dass in erster Linie die Eltern für ihre Kinder verantwortlich sind und Ihrem eigenen Verantwortungsgefühl. Vertrauen Sie zudem darauf, dass Sie als Grosseltern Vorbild nicht nur für die Grosskinder sondern auch für die Eltern sind.

Schliesslich dürfen Sie davon ausgehen, dass Kinder durchaus auch mit Erziehungsfehlern umgehen können. Das gilt umso mehr, wenn sie ausser Haus einen anderen Umgang erleben. Vermeiden sollten Sie aber sowohl als Eltern als auch als Grosseltern mit den Kindern über den Erziehungsstil des anderen zu sprechen, also in die sogenannte Metaebene abzuschweifen. Denn damit sind Kinder noch überfordert. Etwas anderes ist es, zum Beispiel die Gründe für unterschiedliche Tischmanieren zu besprechen, zumal die Suche nach den Gründen häufig den eher bescheidenen Sinn solcher Regeln entlarven kann, sodass daraus eine Chance zum überdenken entstehen kann.

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Eltern auf Zeit

Während Eltern für ihre Kinder vollumfänglich und immer aufkommen müssen, können Grosseltern natürlich selbst bestimmen, wie lange sie ihre Grosskinder betreuen wollen. Das erlaubt ihnen, die Zeit mit den Kindern viel intensiver zu geniessen, da sie kaum Angst haben müssen, danach zu erschöpft zu sein, beziehungsweise genügend Zeit haben, um sich wieder zu erholen. Diese intensive Zeit ist wiederum für die Grosskinder ein Genuss, während die Eltern gerade in den ersten, intensiven Jahren um jede Entlastung froh sein dürften. So gewinnen also alle Beteiligten und Sie tun als Eltern gut daran, dafür zu sorgen, dass dieser Austausch möglichst einfach organisiert werden kann, indem Sie zum Beispiel schon bei der Wohnungswahl auf örtliche Nähe achten.

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Gelassenheit und Altersmilde

Das Wissen und die Erfahrung im Umgang mit den eigenen Kindern verleiht den Grosseltern schon fast automatisch eine gewisse Gelassenheit. Diese Ruhe und das Vertrauen in den Lauf den Lebens gehören zu den wichtigsten Erziehungskompetenzen. Zudem haben Grosseltern natürlich selbst auch den einen oder anderen Erziehungsfehler begangen und erinnern sich daran. Idealerweise können sie sich das eingestehen, sodass sie nun die Möglichkeit haben, etwas zu ändern, während Eltern erst noch das eine oder andere ausprobieren müssen, um zum Beispiel ein Gespür für schwierigere Situationen zu entwickeln. So kann in der Erziehung sogar etwas nachgeholt werden, was sonst grundsätzlich nicht möglich ist. Und im besten Fall kann eine Art Versöhnung zwischen Eltern und deren Eltern stattfinden, die damals zwischen Eltern und Kind noch nicht möglich war.

Weiterführende Themen

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Fragen und Feedback

Das "Zweimalzwei der Erziehung" ist zum Teil noch im Aufbau. Allfällige Fragen oder Feedback sind willkommen: Email