Emotionen

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Unter Emotionen wird der (körperliche) Ausdruck von Gefühlen verstanden. Zum Beispiel können Tränen Ausdruck der Freude oder der Trauer sein, Lachen ist in der Regel ein Ausdruck von Freude, währenddem mit Schreien oder Zittern Wut, Angst oder Schmerz ausgedrückt werden kann. Oder anderes gesagt: Emotionen sind der für die Umwelt sichtbare Teil, währenddem die Gefühle nur vom jeweiligen Menschen selbst wirklich wahrgenommen werden können. Zudem kann die Zuordnung von Emotionen zu Gefühlen häufig schwierig sein und zu entsprechenden Missverständnissen führen (so können zum Beispiel Tränen auch Freudentränen sein, oder ihre Ursache schlicht im Schälen von Zwiebeln haben). Die Unterscheidung zwischen Emotionen und Gefühlen ist deshalb für jede Beziehung wichtig, ganz besonders aber in der Erziehung.

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Emotionen als Ausdruck von Gefühlen

Grundgefühle

Das "Zweimalzwei der Erziehung" geht von vier Grundgefühlen aus: Freude, Angst, Wut und Trauer. Diese Gefühle können nur vom Kind selbst wahrgenommen werden. Sie sind zudem einfach da und können nicht etwa verdrängt oder unterdrückt werden. Kinder zeigen ihre Gefühle, zumindest ihre Grundgefühle, aber noch sehr offen, eben in Form von Emotionen. Es sind allein diese Emotionen, die Eltern sehen können. Wenn Sie sicher sein wollen, dass die Tränen des Kindes ihren Grund in seiner Traurigkeit haben, sollten Sie es also fragen. Zudem gibt es eine ganze Reihe von Emotionen, die gar nicht zwingend in Verbindung mit Gefühlen stehen. So können zum Beispiel die roten Wangen auch vom Zahnen kommen (haben also nichts mit Scham beziehungsweise Angst zu tun) oder das Zittern kann von der Kälte kommen (hat also nichts mit Angst oder Wut zu tun).

Ersatzgefühle

Etwas anders kann es mit Ersatzgefühlen sein. Diese entstehen insbesondere dann, wenn die Emotionen des Kindes ignoriert werden ("Ich komme dann wieder, wenn Du fertig bist mit Weinen.") oder es zur Unterdrückung von Emotionen aufgefordert wird ("Hör nun endlich auf zu heulen!"). Das Kind "lernt" dann unter Umständen, seine Gefühle möglichst nicht mitzuteilen, also seine Emotionen zu unterdrücken und sich so zu benehmen, dass es seinen Eltern trotzdem gefällt. Das ist natürlich höchst kontraproduktiv, denn erstens sind Gefühle für den Menschen mindestens so wichtig wie der Verstand, und zweitens wird das von Natur aus vorhandene Vertrauen des Kindes in seine Eltern beeinträchtigt, sodass auch die Beziehungsfähigkeit darunter leiden wird. Das Kind will ernst genommen werden, das heisst auch, dass Sie auf seine Emotionen achten müssen und es immer wieder mal nach seinen Gefühlen fragen sollten. So fühlt sich das Kind angenommen und in seinem Vertrauen in die Eltern und in das Leben überhaupt bestätigt.

Eine weitere problematische Folge von Ersatzgefühlen sind Doppelbotschaften. Diese entstehen, wenn jemand etwas sagt und dabei etwas anderes denkt oder eben etwas anderes fühlt. So kann dann zum Beispiel ein Lächeln die Frage aufwerfen, ob es eine echte Zustimmung signalisiert oder vielleicht doch bloss eine gewisse Schadenfreude.

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Interpretation von Emotionen

Die Gefühle seiner Mitmenschen wahrnehmen zu können, ist wohl eines der grössten Missverständnisse in Beziehungen. Zwar können Sie bei Ihren eigenen Kindern in der Regel mit ziemlicher Sicherheit erahnen, was Tränen zu bedeuten haben, doch ist das trotzdem immer eine Interpretation. Interpretationen sollten deshalb immer auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft werden. Fragen Sie also das weinende Kind, ob es traurig ist. Das Kind spürt so, dass Sie an seinen Gefühlen interessiert sind und lernt dabei gleich noch, wie seine Gefühle benannt werden. Wie wichtig das ist, merken Sie, wenn Sie mal einen Erwachsenen fragen, was er gerade fühlt: Die wenigsten Menschen sind noch fähig, ihre Gefühle mitzuteilen ("Ich fühle mich verletzt, nachdem mein Chef meine Leistung ignoriert hat."), viel häufiger liefern sie rationale Aussagen, Schuldzuweisungen, Schlussfolgerungen und ähnliches ("Mein Chef ist einfach ein nerviger Holzpflock.", "Ich muss wohl eine neue Stelle suchen."). Dabei wäre es entscheidend für jede Beziehung, dass auch die Gefühle ihren Platz haben. Das schafft das nötige Vertrauen für eine erfolgreiche Zusammenarbeit.

Wenn Sie dem Kind diese Offenheit und Ehrlichkeit lassen wollen, müssen Sie es vor allem in seinen Gefühlen so annehmen, wie es ist und es dabei ernst nehmen. Das ist in den ersten Monaten, in denen sich das Kleinkind erst durch Mimik und später durch Gestik ausdrücken kann, noch eine grosse Herausforderung: wenn es sich nicht verstanden fühlt, beginnt es einfach zu schreien. Versuchen Sie trotzdem mehr und mehr zu verstehen, was dem Kind fehlt. Auch wenn es nicht auf Anhieb gelingt, spürt das Kind sehr wohl, dass Sie sich bemühen, es zu verstehen. Und es wird sich umgekehrt unendlich viel Mühe geben, dass es von Ihnen verstanden wird! Diesem Wechselspiel sollten Sie also vertrauen, denn es stärkt das Selbstvertrauen des Kindes, wenn Sie ihm in den ersten Jahren möglichst alle seine Grundbedürfnisse erfüllen können.

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Unterdrückte Emotionen

Wenn Eltern die Emotionen nicht aushalten können, kommen sie gerne in Versuchung, ihre Kinder dazu aufzufordern, zum Beispiel mit Schreien oder Weinen "einfach aufzuhören". Kleinkinder sind dazu zwar noch nicht in der Lage, doch schon bald können Kinder ihre Emotionen tatsächlich unterdrücken. Die Folgen sind allerdings äusserst kontraproduktiv. Zunächst einmal wird dem Kind vermittelt, dass es so, wie es ist, nicht gut ist. Und da bei Kindern der Zusammenhang zwischen Emotionen und Gefühlen noch intakt ist, werden sie auch in ihren Gefühlen nicht angenommen, was wiederum ihr von Natur aus vorhandenes Gespür beeinträchtigen kann. Schliesslich müssen Sie sich bewusst sein, dass Sie zwar das Kind zum Unterdrücken seiner Emotionen drängen können, dass die darunter liegenden Gefühle hingegen bleiben. Da diese zu den Emotionen gehören, gleichzeitig aber nicht sein dürfen, wird das Kind zwangsläufig sogenannte Ersatzgefühle entwickeln. Und diese wiederum werden sich sehr viel unangenehmer Platz verschaffen, sodass am Ende nicht nur das Kind verloren hat, sondern auch seine Eltern und die Umgebung! Typische Reaktionen auf unterdrücktes Weinen sind zum Beispiel Jammern, Weinerlichkeit, Beleidigt sein, Griesgram.

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Provozierte Emotionen

Doch auch der umgekehrte Fall ist problematisch, wenn Eltern ihr Kind zum Beispiel auffordern zu lächeln, weil gerade ein Foto ansteht. Das Kind muss dann lächeln (Emotion), obwohl es sich gar nicht freut (Gefühl). Immerhin ist es in diesem Fall so, dass sich die Eltern darüber freuen, das Kind sich also angenommen fühlt. Es "lernt" dabei aber auch, dass es eben vor allem dann angenommen wird, wenn es brav lächelt, wie es also manipulieren kann!

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Weiterführende Themen

Übergeordnetes Thema

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Fragen und Feedback

Das "Zweimalzwei der Erziehung" ist zum Teil noch im Aufbau. Allfällige Fragen oder Feedback sind willkommen: Email


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